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Wirtschaftsumfeld | Hongkong, Singapur | Umgang mit Corona

Singapur eilt Hongkong zwei Schritte voraus

Geschäftsreisen nach Hongkong sind zwar wieder möglich, doch äußerst beschwerlich. In Singapur fallen derweil nahezu alle Einreisebeschränkungen.

Von Roland Rohde, Katharina Viklenko | Hongkong, Bonn

Die Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong hat die schwere Coronawelle vom Frühjahr 2022 rasch unter Kontrolle gebracht. Sie hatte im Februar und März das Gesundheitssystem beinahe kollabieren lassen. Zum 5. Mai 2022 hob die Regierung nun nahezu alle Einschränkungen vor Ort auf. Zudem wurden die Einreisemöglichkeiten erleichtert. Unter anderem ist nur noch eine einwöchige Hotelquarantäne notwendig. Letztendlich blieb der große Durchbruch für ausländische Reisende aber vorerst aus. Vor allem wird es eine geraume Zeit dauern, bis sich wieder ein belastbarer Flugplan etabliert.

Viele Airlines hatten zum Jahresbeginn 2022 ihre Flüge nach Hongkong stark ausgedünnt oder ganz eingestellt. Seit dem Abebben der Omikronwelle versuchen zahlreiche ausländische Fachkräfte zurückzukehren, nachdem sie die Stadt fluchtartig verlassen hatten. Sie waren im April 2022 von Flugstreichungen betroffen und mussten teils mehrmals umbuchen. Das ist leichter gesagt als getan, denn zugleich müssen auch die Quarantänehotels entsprechend umgebucht werden, was nicht immer möglich ist.

Zuverlässiger Flugplan nach Hongkong ab Sommer 2022

Gegen Fluggesellschaften verhängt die Regierung Landeverbote, wenn diese auf einer bestimmten Strecke eine gewisse Anzahl an Covid-19-positiven Passagieren einfliegen. Dies führt immer wieder zu Stornierungen von Flügen. Die Airlines haben darauf aber nur wenig Einfluss. Laut Vorschrift müssen Reisende sich 48 Stunden vor dem Abflug einem PCR-Test unterziehen. In der Zwischenzeit oder auch kurz zuvor können sich Passagiere aber noch anstecken. Zudem sind die Testverfahren auf das Coronavirus in Hongkong wesentlich sensitiver als im Rest der Welt.

Immerhin wurden die entsprechenden Flugverbotsregelungen inzwischen derart gelockert, dass sich nach Einschätzung von Branchenkennern bis zum Sommer 2022 wohl wieder ein einigermaßen zuverlässiger Flugbetrieb aufstellen lässt. Lufthansa bietet aktuell keine Direktflüge nach Deutschland an, wird aber ab Anfang Juni 2022 wieder Frankfurt ansteuern.

Positiv getestete Reisende müssen in Hongkong mit Isolationslager rechnen

Weitere Unwägbarkeiten für Reisende kommen hinzu: Die Quarantänehotels sind derzeit nur bis zum 31. Juli 2022 buchbar. Im August könnte es erhebliche Engpässe geben, wenn viele Expatriates von ihrem Sommerurlaub zurückkehren. Werden Einreisende bei der Ankunft oder während der Hotelquarantäne positiv auf Covid-19 getestet, kann es zur Einweisung in ein Isolationslager kommen, in dem harsche Bedingungen herrschen. Welcher Geschäftsreisende will diese Unannehmlichkeiten und Risiken in Kauf nehmen?

Während sich der Rest der Welt öffnet, setzt Hongkong auf minimale Liberalisierungsschritte. Entsprechend skeptisch sind Unternehmen vor Ort.

Die Stimmung innerhalb der internationalen Unternehmerschaft in Hongkong ist daher nur verhalten optimistisch. Niemand erwartet, dass die Hotelquarantäne bei Einreise vor dem Herbst 2022 abgeschafft wird. Möglicherweise kommt es sogar zu einer abermaligen Verschärfung der Einreisevorschriften, sollten neue, besorgniserregende Virusvarianten auftauchen. Mit großem Neid schaut die Geschäftswelt auf Singapur, das Hongkong während der Coronapandemie stets zwei Schritte voraus ist.

Standort Singapur profitiert von Reiselockerungen

Die Coronapandemie hat auch die Standortvorteile von Singapur lange Zeit ausgehebelt. Fast zwei Jahre lang war der Stadtstaat infolge von strikten Einreisebeschränkungen sowie Hygienemaßnahmen im Inland von der Außenwelt abgeschirmt. Unternehmen vor Ort nutzen den bestens vernetzten Inselstaat regulär als regionalen Hub sowie als internationalen Verwaltungs- und Logistikstandort. Von dort bearbeiten Firmen traditionell vor allem die Länder des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN), aber auch den Mittleren Osten oder sogar Märkte weltweit. Infolge der Covid-19-Einschränkungen zeigten sich aber auch Risiken der Weltoffenheit Singapurs: Deutsche Unternehmen vor Ort stellten die fehlenden Reisemöglichkeiten vor eine große Herausforderung.

Um die Infektionsfälle einerseits niedrig zu halten, die Wirtschaft aber andererseits möglichst zu entlasten, setzte die Regierung früh auf sogenannte "Vaccinated Travel Lanes". Über spezielle Reisekorridore und ausgewählte Flugverbindungen konnten geimpfte Geschäftsreisende aus über zwölf Ländern ohne jegliche Quarantäne nach Singapur einreisen. Eine der ersten Reiserouten entstand schon Anfang September 2021 mit Deutschland.

Singapur setzt auf umfassende Öffnung

Angesichts der hohen Impfquote innerhalb der Bevölkerung und überwiegend milder Krankheitsverläufe infolge der Omikron-Variante des Coronavirus startete die Regierung 2022 mit vorsichtigen Lockerungsschritten. Dabei behielten die Verantwortlichen die Belange der Wirtschaft genau im Blick. Seit dem 1. April 2022 können nicht mehr nur einzelne Geschäftsleute, sondern Geimpfte aus allen Herkunftsländern wieder quarantänefrei nach Singapur einreisen. Nach und nach wurden auch die Testregularien zunächst entschärft und später sogar komplett abgeschafft. Zugleich wurden nahezu sämtliche Vorschriften im Inland gelockert. Experten erwarten, dass die Lockerungen den Stadtstaat als Hub und Standort für Unternehmen wieder attraktiver machen dürften.

Singapur will als internationale Drehscheibe wieder durchstarten. Die Wirtschaft und Industrie blicken optimistisch in die Zukunft.

Hongkong muss aufpassen, dass es als Standort nicht gänzlich an Attraktivität verliert. Bereits mit dem Einsetzen der politischen Unruhen im 2. Halbjahr 2019 wanderten einige Expatriates nach Singapur aus. Der Exodus verstärkte sich 2020/2021 zusätzlich. Zwar wollen die meisten internationalen Firmen bleiben, doch verlagern immer mehr zumindest Unternehmensteile und Personal in den südostasiatischen Stadtstaat. Gerade als moderne Dienstleistungszentren stehen die beiden Standorte in Konkurrenz. Für die Bearbeitung des chinesischen Marktes bleibt Hongkong aber schon allein wegen der geografischen Nähe zentral.

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