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Indien will den Ausbau der Metro-Netze in den Städten vorantreiben und stellt hierfür elf Milliarden Euro bereit. Die Projektpipeline ist mit 1.800 Kilometern gut gefüllt.
02.03.2021
Von Boris Alex | New Delhi
Immer mehr indische Städte setzen beim öffentlichen Nah- und Regionalverkehr auf Metro- und Schnellbahnen statt Busse. Doch viele Projekte verzögern sich oder scheitern an der Finanzierung. Angesichts der rasant wachsenden Pkw-Dichte in den Ballungszentren, will die Regierung den Ausbau des innerstädtischen Schienenverkehrs mit Hochdruck vorantreiben. Im Februar 2021 hatte Finanzministerin Nirmala Sitharaman in ihrem Budget für das Finanzjahr 2021/22 (1. April bis 31. März) umgerechnet elf Milliarden Euro an Haushaltsmitteln für Neu- und Ausbauvorhaben beim Schienennahverkehr bereitgestellt.
Ende 2020 waren in ganz Indien Metro-Strecken mit einer Länge von gut 700 Kilometern (km) in Betrieb. Rund 800 km befinden sich derzeit in 27 Städten im Bau und sollen bis spätestens 2026 fertiggestellt werden. Weitere 1.000 km haben eine Baugenehmigung erhalten und dürften im Laufe des Finanzjahres 2021/22 ausgeschrieben werden. Immer mehr Projekte entfallen dabei auf die vielen kleineren Millionenstädte wie Ahmedabad, Indore, Nagpur, Pune, Agra oder Surat. Aber auch in den Metropolen Delhi, Mumbai, Bangalore und Chennai werden die bestehenden Schienennetze kräftig ausgebaut.
Die Hauptstadtregion Delhi verfügt mit neun Linien, 253 Stationen und einer Streckenlänge von fast 350 km über das mit Abstand dichteste Metro-Netz des Landes. Zwar verzögert sich wegen der COVID-19-Pandemie die Fertigstellung der letzten drei Teilprojekte der dritten Ausbauphase, doch die ersten vier Vorhaben der vierten Erweiterungsphase befinden sich bereits im Bau. In den nächsten fünf Jahren sollen zehn Streckenabschnitte mit einer Gesamtlänge von 140 km fertiggestellt werden, so die Pläne der Betreibergesellschaft Delhi Metro Railways Corporation (DMRC). Die Kosten hierfür beziffert DMRC auf knapp drei Milliarden Euro. Wegen der Coronakrise dürften sich der Bau an den bereits begonnenen sowie die Ausschreibung der künftigen Projekte um einige Monate verzögern.
Der Bauarbeiten am Metro-Netz in Indiens Finanzzentrum Mumbai schreiten ebenfalls voran. Im Juni 2014 wurde die erste und bislang einzige der geplanten 14 Linien in Betrieb genommen. Seitdem hat es immer wieder Verzögerungen bei der Ausschreibung und Vergabe der Projekte gegeben. Aktuell befinden sich neun Strecken mit einer Gesamtlänge von rund 180 km im Bau oder in der Planung. Ende Februar 2021 wurden auf zwei Abschnitten Testläufe gestartet. Auf den Linien 2A und 7 im Norden der Millionenmetropole könnten bereits im Mai dieses Jahres die ersten Passagiere befördert werden, so die Ankündigung der Mumbai Metropolitan Region Development Authority.
In der südindischen Technologiemetropole Bengaluru steht die Fertigstellung der ersten Teilstrecke der 2014 begonnen Ausbauphase 2 ebenfalls kurz bevor. Noch im 1. Halbjahr 2021 sollen neun Kilometer in Betrieb genommen werden, bis Mitte 2022 weitere 32 km. Auch bei der seit Jahren geplanten knapp 60 km langen Metro-Verbindung vom internationalen Flughafen in die Innenstadt scheint jetzt wieder Bewegung zu kommen. Im Februar 2021 hat New Delhi ihre vorläufiges Zustimmung zum Bau der Linie gegeben. Die Finanzierung des auf zwei Milliarden Euro veranschlagten Projekts läuft zur Hälfte über die indische Zentralregierung mit Unterstützung von multinationalen Geldgebern wie der Asian Development Bank. Die restlichen 50 Prozent werden im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft mit der Regierung des Bundesstaates Karnataka finanziert werden. Die Strecke soll bis 2025 den Betrieb aufnehmen, so die Pläne der Bengaluru Metro Rail Corporation.
Mit den bewilligten Haushaltsmitteln dürfte auch die seit Jahren verzögerte zweite Bauphase der Metro im südindischen Chennai wieder auf die Spur gesetzt werden. Mitte Februar 2021 wurde der letzte Abschnitt der Flughafenverbindung eröffnet. Damit verfügt die Stadt nun nach Delhi und Hyderabad mit rund 54 km über das drittlängste Streckennetz in Indien. Im Rahmen der zweiten Bauphase sollen bis 2026 drei weitere Linien mit einer Gesamtlänge von 110 km den Betrieb aufnehmen, so die Pläne der Betreibergesellschaft Chennai Metro Rail Limited. New Delhi hat angekündigt, die Hälfte der Kosten von sieben Milliarden Euro gemeinsam mit multinationalen Kreditgebern zu schultern. Die ersten Ausschreibungen sind bereits erfolgt, und Ende 2020 wurde auch das erste Projekt an den indischen Baukonzern Larsen and Toubro vergeben.
Stadt | Bestehende Strecke | Im Bau oder in Planung | Betreiber |
New Delhi | 348 | 145 | |
Hyderabad | 69 | 3 | |
Chennai | 54 | 110 | |
Bangalore | 42 | 80 | |
Kolkata | 34 | 63 | |
Nagpur | 25 | 76 | |
Mumbai | 11 | 180 | |
Ahmedabad | 7 | 95 | |
Surat | 0 | 40 | |
Pune | 0 | 40 | |
Nashik | 0 | 32 | |
Agra | 0 | 29 | |
Bhopal | 0 | 28 |
Die indische Hauptstadt New Delhi soll in den nächsten Jahren über Schnellbahntrassen mit den umliegenden Großstädten verbunden werden. Die Regierung hat die Haushaltsmittel für das Regional Rapid Transit System (RRTS) im Finanzjahr 2021/22 auf gut 500 Millionen Euro fast verdoppelt. Mit dem Bau der ersten Korridore nach Meerut, Alwar und Panipat wurde zum Teil bereits begonnen. Die drei Trassen haben eine Gesamtlänge von 350 km. Dort sollen ab 2025 Regionalzüge mit Geschwindigkeiten von bis zu 150 km pro Stunde verkehren. Die National Capital Region Transport Corporation veranschlagt die Kosten hierfür auf insgesamt 17 Milliarden US-Dollar (US$). Bis 2032 sollen weitere sechs Korridore mit 380 km Länge hinzukommen.
Die aktuellen Ausschreibungen der Metro-Projekte geben die Betreibergesellschaften auf ihren Internetseiten bekannt. Für deutsche Unternehmen, die sich einen Überblick über laufende und künftige Vorhaben verschaffen oder ihre eigenen Produkte und Dienstleistungen im Bereich Schienennahverkehr anbieten möchten, bietet die Urban Rail and Equipment Business Show eine virtuelle Plattform. Die Messe wird vom 1. Mai bis 30. Juni 2021 organisiert. Im Oktober 2021 findet zudem die International Railway Equipment Exhibition in New Delhi statt.