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Branchen | Indien | Subventionen

Milliarden für mehr wirtschaftliche Unabhängigkeit

Indien stellt großzügig Fördermittel bereit, um mehr Produkte im eigenen Land herzustellen. Die Subventionen sind auf unterschiedliche Industriebereiche verteilt.

Von Boris Alex, Florian Wenke | New Delhi, Mumbai

Die Regierung unter Premierminister Narendra Modi stellte 2014 die "Make in India"-Kampagne vor. Im Zuge handelspolitischer Veränderungen und Diskussionen um Lieferketten wurde die wirtschaftspolitische Ausrichtung angepasst. Atmanirbhar Bharat - ein wirtschaftlich unabhängiges Indien - ist nun das Ziel.

Im Rahmen dieser Kampagne soll die indische Wirtschaft mehr für den heimischen Markt, aber auch für den Export produzieren. Dafür werden Subventionen im Umfang von mehreren Milliarden US-Dollar (US$) bereitgestellt. Oft handelt es sich dabei um sogenannte Production-Linked Incentives (PLI), also Zahlungen, die an Produktionsmengen geknüpft sind. Alleine dafür sieht die Regierung in New Delhi rund 27 Milliarden US$ vor.

  • Halbleiter

    In der modernen Wirtschaft sind Halbleiter von zunehmender Bedeutung. Zukünftig möchte Indien in der Fertigung eine größere Rolle einnehmen und lockt Investoren mit Subventionen.

    Umgerechnet rund 10 Milliarden US-Dollar (US$) stellt Indiens Regierung für die Chipherstellung zur Verfügung. Die Subventionen erstrecken sich über verschiedene Teilbereiche. Dadurch erhofft sich New Delhi Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

    Der Markt für Halbleiter in Indien für das Jahr 2020 wird auf etwa 15 Milliarden US$ geschätzt. Bis 2026 soll er auf 63 Milliarden US$ anwachsen. Als Haupttreiber für das Wachstum gilt die Nachfrage aus den Bereichen der kabellosen Kommunikation, Unterhaltungselektronik und dem Automobilsektor.

    Subventionen ermöglichen Ansiedlung neuer Halbleiterwerke

    Einen Teil der finanziellen Unterstützung möchte die Regierung für die Ansiedlung der Halbleiterfertigung aufwenden. Mithilfe der Subventionen sollen mindestens zwei dieser "Foundries" oder "Fabs" genannten Fabriken entstehen, in denen die Bauteile mithilfe der Complementary Metal Oxide Semiconductor-Technik gefertigt werden. Vom Band laufen sollen integrierte Schaltkreise (Logikbausteine, Mixed Signal, Digital, Analog, Memory) sowie Ein-Chip-Systeme (System-on-a-Chip). Als Projektträger ist die India Semiconductor Mission vorgesehen, ein dem Ministry of Electronics and Information Technology anhängiges Expertengremium.

    Laut den Projektleitlinien wird die Ansiedlung von eigenständigen Unternehmen, Konsortien und/oder Joint Ventures gefördert. Sie müssen entweder bereits in der Fertigung tätig sein oder über die notwendigen Lizenzen verfügen. Von den neuen Foundries wird eine Kapazität von mindestens 40.000 Wafern pro Monat gefordert, bei einer Wafergröße von 300 Millimetern. In Bezug auf Technologieknoten (node size) gelten 65 Nanometer, 45 Nanometer, 28 Nanometer oder kleiner als förderwürdig. 

    Unternehmen können sich seit dem 1. Januar 2022 für die Subventionen bewerben. Der Förderzeitraum liegt zunächst bei sechs Jahren. Als Bedingung für die finanzielle Unterstützung müssen Bewerber mindestens 2,7 Milliarden US$ investieren (Umrechnungskurs laut Federal Reserve Bank vom 23. Dezember 2021; 1 US$ = 75,02 iR.). Zusätzlich muss in wenigstens einem der vergangenen drei Jahre ein Mindestumsatz von rund 1 Milliarde US$ im Bereich Electronics System Design and Manufacturing nachgewiesen werden. 

    Bei Zuspruch der Subventionen winken fiskalische Unterstützungsleistungen in Höhe von 30 bis 50 Prozent der Projektkosten - je kleiner die node size, desto höher fallen die staatlichen Zahlungen aus. Bis zu 2,5 Prozent der Fördersumme sollen in Forschung und Entwicklung sowie den Aufbau von Humankapital fließen.   

    Die gesamte Wertschöpfungskette liegt im Fokus 

    Zusätzlich zu den komplexen Foundries wird der Aufbau von Fabriken für die Produktion von Verbindungshalbleitern angestrebt. Zudem sollen in weiteren Werken Mikrochips, die Silicon Photonics nutzen sowie Sensoren inklusive mikroelektromechanischer Systeme hergestellt werden. Als Einsatzgebiete für die genannten Bauteile sehen die bisher veröffentlichten Dokumente die Optoelektronik vor. Die vorgegebenen Wafergrößen liegen bei 150 Nanometern, 200 Nanometern oder mehr. Es wird eine Kapazität von mindestens 500 Waferstarts gefordert.

    Bewerben können sich Unternehmen alleine oder in einem Joint Venture. Voraussetzung ist erneut, dass die Firmen bereits in der Fertigung tätig sind oder über die entsprechenden Lizenzen verfügen. Die Mindestinvestitionssumme beträgt etwas mehr als 13 Millionen US$ pro Bewerber. Die Förderung liegt bei 30 Prozent der Investitionsausgaben.

    Um die gesamte Wertschöpfungskette zu unterstützen, sieht die indische Regierung auch Subventionen für Montage-, Prüf-, Markierungs- und Verpackungseinrichtungen (Assembly, Testing, Marking and Packaging) sowie für OSAT-Unternehmen (Outsourced Semiconductor Assembly and Test) vor. Um die Förderung von ebenfalls 30 Prozent der Investitionsausgaben zu erhalten, müssen Bewerber etwas weniger als 7 Millionen US$ investieren. Auch in diesem Fall sollen bis zu 2,5 Prozent der Fördersumme für Forschung, Entwicklung und Training von Personal genutzt werden.

    Der Förderzeitraum beträgt vorerst drei Jahre. Der Bewerbungszeitraum läuft seit dem 1. Januar 2022 für vorerst 45 Tage. Eine Verlängerung der Frist ist möglich, genau wie Bewerbungen zu einem späteren Zeitraum. Dafür ist allerdings die Zustimmung des Ministry of Electronics and Information Technology notwendig.   

    Halbleiterdesign wird eigenständig subventioniert

    Nach eigenen Angaben verfügt Indien über 20 Prozent der weltweit verfügbaren Ingenieure für Halbleiterdesign. Allerdings belaufen sich die Erträge der Unternehmen in diesem Bereich derzeit auf lediglich rund 20 Millionen US$ jährlich. Die Regierung in New Delhi fördert daher Unternehmen, die am Design von integrierten Schaltkreisen, Chipsätzen, System-on-Chips, IP-Cores und Halbleitern arbeiten.

    Die Förderung ist zweigeteilt. Die sogenannten Design Linked Incentives belaufen sich auf Zahlungen von bis zu 50 Prozent der anfallenden Ausgaben, jedoch nicht mehr als 2 Millionen US$ pro Unternehmen. In den bisher bekanntgemachten Projektleitlinien ist aber noch nicht genauer erläutert, was unter "anfallenden Ausgaben" zu verstehen ist. Zusätzlich werden zwischen 4 und 6 Prozent vom Nettoverkaufsumsatz der kommenden fünf Jahre - maximal 40 Millionen US$ pro Firma - ausgezahlt, wenn die Designs tatsächlich in Produkten Verwendung finden.

    Der Bewerbungszeitraum begann am 1. Januar 2022. Die Subventionen sind nur für Unternehmen verfügbar, die zu mehr als 50 Prozent in Besitz eines indischen Staatsbürgers sind. Der Förderzeitraum beträgt vorerst drei Jahre und für die Umsetzung des Programms ist das Centre for Development of Advanced Computing zuständig.

    Ziel ist es, mehr als 100 Firmen zu unterstützen. Davon sollen wenigstens 20 Unternehmen im Verlauf der kommenden fünf Jahre einen Umsatz von mindestens 200 Millionen US$ erzielen.

    Von Florian Wenke | Mumbai

  • Drohnen

    Noch ist die Fertigung von Drohen in Indien ein Nischensegment. Die unbemannten Luftfahrzeuge gelten jedoch als zukunftsträchtig und werden daher gefördert.  

    Die Einsatzgebiete der Flugobjekte sind mannigfach. So werden sie in Indien beispielsweise zur Unterstützung von Smart-Farming-Aktivitäten oder auch bei der Lieferung von Coronaimpfstoffen in abgelegene Regionen des Landes genutzt.

    Regierung legt Fokus auf Herstellung von Drohnen

    Im August 2021 wurden neue Regelungen für die Nutzung von Drohnen in Indien veröffentlicht. Wenngleich die Geräte selbst und deren Einsatz weiterhin zahlreichen Einschränkungen unterliegen, so gilt die neue Verordnung als Liberalisierung und dürfte die Einsatzmöglichkeiten erweitern. 

    Neben der Nutzung soll auch die Fertigung von Drohnen auf dem Subkontinent gestärkt werden. Dafür werden finanzielle Hilfen in Form von Production Linked Incentives (PLI) bereitgestellt. Der Förderumfang beträgt umgerechnet rund 16,4 Millionen US-Dollar (US$; Kurs laut Federal Reserve Bank vom 11. Juni 2021, 1 US$ = 73,24 indische Rupien). 

    Großzügige Subventionen sind an Bedingungen geknüpft

    Im September 2021 wurden die PLI-Förderrichtlinien für die Herstellung von Drohnen und Drohnenteilen veröffentlicht. Unter Letzterem werden beispielsweise Rahmen, Elektromotoren, Batterien, aber auch Fernsteuerungen, Sensoren, Kameras, Navigationssysteme sowie weitere Komponenten subsumiert. Bewerben können sich in- und ausländische Firmen, jedoch muss die Produktion in beiden Fällen in Indien stattfinden. Darüber hinaus müssen die Bewerber einen festgelegten Mindestertrag vorweisen können. Für Drohnenhersteller liegt dieser bei rund 273.000 US$ und für Komponentenhersteller bei rund 68.000 US$ - allerdings nur, sofern es sich um Start-ups, mittelgroße, Klein- und Kleinstunternehmen handelt. Für Unternehmen außerhalb dieser Kategorien betragen die Mindestumsätze doppelt soviel. Für alle Unternehmen gilt, dass mindestens 40 Prozent der Wertschöpfung (Netto-Verkaufswert von Drohnen und Drohnenteilen abzüglich der Netto-Einkaufskosten für Vorprodukte) in Indien stattfinden muss.

    Der Unterstützungszeitraum beträgt drei Jahre und gilt ab dem Finanzjahr 2021/22 (1. April bis 31. März). Die Fördersumme ist abhängig von der geleisteten Wertschöpfung und soll 20 Prozent derselben über alle drei Jahre betragen. Der Maximalbetrag für ein einzelnes Unternehmen liegt bei 4,1 Millionen US$. Verantwortlich für die Förderung ist das Ministry of Civil Aviation.

    Ein starkes Wachstum der Branche wird angestrebt

    Im Verlauf der kommenden drei Finanzjahre erhofft sich New Delhi Investitionen in Höhe von umgerechnet 683 Millionen US$ in dem Sektor. Bis 2024 sollen die Umsätze der Drohnenhersteller von geschätzt rund 8,2 Millionen US$ im Jahr 2021 auf 122,9 Millionen US$ steigen. Zusätzlich sollen 10.000 Arbeitsplätze in der Fertigung entstehen.

    Das Geschäft mit den Dienstleistungen rund um die Flugobjekte wie beispielsweise Betrieb, Wartung sowie Auswertung von Daten soll infolge der Subventionen ebenfalls stark zulegen. Bis 2024 soll das Marktvolumen auf 4,1 Milliarden US$ anwachsen, bei gleichzeitigem Neubeschäftigungspotenzial von 500.000 Stellen.

    Von Florian Wenke | Mumbai

  • Textilindustrie

    Indien fördert Investitionen in den Bereichen Kunstfaser und technische Textilien. Die Unternehmen müssen in neue Maschinen und Anlagen investieren und Umsatzziele realisieren.

    Indiens Textilbranche gilt als eine der größten der Welt. Sie beschäftigt rund 100 Millionen Menschen direkt oder indirekt. Die Textil- und Bekleidungshersteller setzten im Jahr 2020 Waren im Wert von 85 Milliarden US-Dollar (US$) auf dem Heimatmarkt ab und exportierten Produkte für 34 Milliarden US$.

    Zuletzt haben indische Erzeugnisse jedoch an Konkurrenzfähigkeit verloren. Ein Grund hierfür ist, dass Indien vor allem Baumwolle als Rohstoff verwendet, die Nachfrage nach diesem Material aber tendenziell sinkt, während das Interesse an Kunstfasern wächst. Der Subkontinent ist im Bereich der technischen Textilien und Kunstfasern bisher schlechter aufgestellt als beispielsweise China. Indien hat nur einen Anteil von 2,5 Prozent am globalen Kunstfasermarkt, schätzt der Textilverband Indian Texpreneurs Federation.

    Produktion von Kunstfasern und technischen Textilien soll gesteigert werden 

    Um die Wettbewerbsfähigkeit in diesen Segmenten zu steigern, fördert Indiens Regierung Textil- und Bekleidungsunternehmen im Rahmen ihres Production Linked Incentives (PLI) Programms mit knapp 1,5 Milliarden US$. Die Förderung erstreckt sich auf 54 Einzelprodukte aus Kunstfasern und zehn technische Textilsegmente und ist abhängig von Mindestinvestitionen sowie Umsatzzielen. Die Förderhöhe ist abhängig von den Anfangsinvestitionen des Unternehmens. Auch ausländische Unternehmen können am Förderprogramm teilnehmen, sie müssen dafür aber eine in Indien registrierte Betriebsstätte haben.

    Firmen, die laut Unterpunkt 4.1 Scheme Part-1 des PLI-Scheme for Textiles mindestens 40,8 Millionen US$ in neue Kapazitäten (Maschinen, Ausrüstung, Produktionshallen etc.) investieren, erhalten im 1. Jahr einen Bonus von 15 Prozent auf den zusätzlich generierten Umsatz mit den förderfähigen Produkten. Das Basisjahr ist dabei voraussichtlich das Finanzjahr 2020/21 (1. April bis 31. März). Allerdings muss im 1. Jahr der fünfjährigen Förderperiode ein Mindestumsatz von rund 82 Millionen US$ generiert und dieser in den Folgeperioden um mindestens 25 Prozent pro Jahr gesteigert werden. Der Bonus reduziert sich zudem jedes Jahr um einen Prozentpunkt.

    Im Unterpunkt 4.2 Scheme Part-2 des PLI-Scheme for Textiles ist geregelt, dass Unternehmen, die mindestens 13,6 Millionen US$ investieren, im 1. Jahr einen Umsatz von mindestens 27 Millionen US$ erwirtschaften und dieses Ergebnis ebenfalls um 25 Prozent jährlich steigern müssen. In dem Fall wird ein Bonus von 11 Prozent auf den zusätzlich erzielten Umsatz gezahlt. Auch hier verringert sich die Förderung um jeweils einen Prozentpunkt pro Jahr.

    Förderperiode erstreckt sich über fünf Jahre

    Die indische Regierung hofft, mit dem Programm Investitionen von insgesamt 2,6 Milliarden US$ über die gesamte Zeitspanne zu generieren und 750.000 zusätzliche Arbeitsplätze im Textilsektor zu schaffen. Am 1. November 2021 soll die zweimonatige Bewerbungsphase für eine Teilnahme am Programm starten. Nach einer zweijährigen Ausreifungszeit zählt das Finanzjahr 2024/25 als initialer Performance-Zeitraum; die erste Bonuszahlung erfolgt 2025/26. Die Förderdauer beläuft sich auf fünf Perioden bis zum Ende des Finanzjahrs 2029/30. Das Textilministerium erwartet, dass bis zu 25 große und 45 kleinere Investoren in die Förderung aufgenommen werden.

    Von Boris Alex | New Delhi

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