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Steigende Bauinvestitionen stärken Zementnachfrage

Indien will mehr Straßen und Wohnungen bauen. Die Zementhersteller hoffen auf einen Absatzschub. Die Werke sind nur zu 70 Prozent ausgelastet, dennoch sind neue geplant.

Von Boris Alex | New Delhi

Indiens Zementhersteller erwarten für 2022 eine dauerhafte Erholung der Bauwirtschaft und damit eine höhere Nachfrage nach dem Baustoff. Der Anfang Februar 2022 vorgestellte Bundeshaushalt für das Finanzjahr 2022/2023 (1. April bis 31. März) sieht unter anderem eine deutliche Steigerung der öffentlichen Investitionen im Infrastruktursektor vor. Die Regierung hat angekündigt, die Ausgaben um 35 Prozent auf umgerechnet 100 Milliarden US-Dollar (US$) zu erhöhen. Beispielsweise soll für 2,7 Milliarden US$ das nationale Autobahnnetz um 25.000 Kilometer erweitert werden. Daneben sind der Bau von Logistikparks und die Modernisierung der Flughafeninfrastruktur geplant.

Die Cement Manufacturers Association (CMA) erwartet, dass die Nachfrage nach Zement im nächsten Finanzjahr zweistellig wachsen dürfte. Schon für 2021/2022 wurde beim Absatzvolumen ein Plus zwischen 12 Prozent und 18 Prozent prognostiziert. Aufgrund der anhaltenden Coronapandemie wird die Nachfrage aber nur um höchstens 8 Prozent auf 380 Millionen Tonnen zulegen, so die Schätzung des Finanzdienstleisters HDFC Securities.

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Die Ratingagentur CRISIL erwartet für die nächsten drei Finanzjahre Absatzzuwächse von im Schnitt jeweils 7 Prozent. In dieser Prognose sind die möglichen positiven Effekte durch die erhöhten Infrastrukturinvestitionen allerdings noch nicht berücksichtigt. Einer früheren Prognose des Marktforschers Netscribes zufolge wird der Verbrauch bis zum Ende des Finanzjahres 2026/2027 auf 420 Millionen Tonnen steigen. Mit einem Pro-Kopf-Konsum von rund 300 Kilogramm Zement liegt der Subkontinent weit unter dem globalen Durchschnitt von 550 Kilogramm und bietet damit langfristig Wachstumspotenzial, so die Einschätzung der CMA.

Bau von 8 Millionen Sozialwohnungen geplant

Fast 70 Prozent des indischen Zementverbrauchs entfallen auf den Wohnungsbau. Ein weiterer Wachstumstreiber für die Baustoffnachfrage ist daher der soziale Wohnungsbau. Das staatliche Programm "Pradhan Mantri Awas Yojana" zur Schaffung von Unterkünften verzögert sich wegen Corona. Bislang konnte erst ein Viertel der ursprünglich bis Ende 2022 geplanten 20 Millionen Sozialunterkünfte fertiggestellt werden. Die Regierung hat die Haushaltsmittel für das Förderprogramm für 2022/2023 um 75 Prozent auf 6,4 Milliarden US$ gegenüber der Vorperiode aufgestockt. Damit sollen bis zum Ende des Finanzjahres 8 Millionen Wohneinheiten fertiggestellt werden.

Aber auch vom Gewerbebau erhoffen sich die Zementhersteller positive Nachfrageimpulse. So soll der Bedarf an neuen Büroflächen im Jahr 2022 wieder anziehen, prognostiziert Knight Frank. Vor allem in der IT-Industrie beobachtet der Immobilienmakler, dass die Unternehmen ihre Beschäftigten aus dem Homeoffice wieder dauerhaft in die Büros holen. Hierfür mieten die Firmen auch neue Flächen an. Das von der Regierung 2020 gestartet Industrieförderprogramm Production-Linked Incentives (PLI) könnte zudem dafür sorgen, dass Unternehmen in neue Produktionskapazitäten investieren. Der Bedarf an Industriebauten - unter anderem in der Stahl-, Kfz- sowie der Elektro- und Elektronikbranche – dürfte wachsen.

Zementproduktion legt um 30 Prozent zu

Anders als beim Verbrauch belegt Indien bei der Zementproduktion im internationalen Vergleich einen der Spitzenplätze. Der Subkontinent ist nach China der zweitgrößte Zementhersteller weltweit, gefolgt von den USA. Für das Finanzjahr 2021/2022 erwarten die Analysten von HDFC Securities einen Output von 381 Millionen Tonnen - ein Plus von 30 Prozent gegenüber der Vorperiode. Der starke Zuwachs ist vor allem dem coronabedingten Aufholeffekt geschuldet. Im Finanzjahr 2020/2021 war die Produktion um 11 Prozent auf 294 Millionen Tonnen zurückgegangen. Seit 2015 ist der Zementausstoß im Schnitt um knapp 6 Prozent pro Jahr gestiegen, so die Daten der India Brand Equity Foundation (IBEF).

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Hersteller investieren trotz Überkapazität in neue Zementwerke

Trotz der zuletzt wieder wachsenden Nachfrage sind die Zementwerke bei Weitem nicht ausgelastet. Die Hersteller haben seit 2012 ihre Kapazitäten um rund 200 Millionen Tonnen auf 550 Millionen Tonnen ausgebaut. Die Auslastung schwankte in den vergangenen fünf Jahren zwischen 60 und 70 Prozent. Ungeachtet dessen investieren die Unternehmen in neue Kapazitäten. Bis 2025 dürften weitere 80 Millionen bis 100 Millionen Tonnen hinzukommen, so die Prognose von IBEF.

Der größte indische Zementhersteller UltraTech will seine Kapazitäten bis Ende 2023 um 20 Millionen Tonnen auf 136 Millionen Tonnen erhöhen, so eine Pressemeldung vom August 2021. Das Unternehmen möchte in den nächsten zwei Jahren für insgesamt 875 Millionen US$ bestehende Anlagen erweitern und neue Werke bauen. UltraTech hatte 2020/2021 einen Anteil von 31 Prozent an der indischen Zementproduktion von 294 Millionen Tonnen.

Der mit einem Absatzvolumen von 30 Millionen Tonnen im Jahr 2020 viertgrößte Hersteller ist Shree Cement. Das Unternehmen hat im September 2021 bekannt gegeben, 476 Millionen US$ in den Bau eines neuen Zementwerks im Bundesstaat Rajasthan zu investieren. Die Kapazität soll 3,8 Millionen Tonnen betragen. Weitere 102 Millionen US$ sind für eine Zementmahlanlage in Westbengalen vorgesehen. Das Unternehmen will seine Produktion bis 2023 auf jährlich 55 Millionen Tonnen und bis 2026 auf 75 Millionen bis 80 Millionen Tonnen ausbauen. Aktuell kann Shree Cement in seinen fünf Werken 47 Millionen Tonnen Zement pro Jahr produzieren.

Dalmia Cement will in den nächsten zehn Jahren seine Kapazitäten sogar auf 110 Millionen Tonnen verdreifachen. Das Unternehmen hatte 2020 einen Absatzanteil von 8 Prozent, so die Zahlen der CMA. JSW Cement hatte im Juli 2021 angekündigt, seine Kapazitäten von 14 Millionen Tonnen auf 25 Millionen Tonnen pro Jahr auszubauen.

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