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Indonesien benötigt dringend Raffineriekapazitäten, um seine Importabhängigkeit von Kraftstoffen zu verringern. Doch die geplanten Projekte verzögern sich.
24.03.2021
Von Frank Malerius | Jakarta
Indonesien ist im steigenden Maße abhängig vom Import von Mineralölerzeugnissen. Denn die heimischen Raffineriekapazitäten können nur etwas mehr als die Hälfte der Kraftstoffnachfrage bedienen, das sind rund 1 Million Barrel Per Day (BPD). Und der Bedarf steigt weiter: Jedes Jahr kommen etwa eine Million Automobile und mehrere Millionen Motorräder neu auf die Straße. Der Archipel gibt jährlich meist mehr als 10 Milliarden US-Dollar (US$) für die Einfuhr von Kraftstoffen aus. Das treibt die Außenhandelsbilanz regelmäßig ins Minus.
Erdöl und Mineralölerzeugnisse sind der mit Abstand größte Importposten und machen, wenn der Weltmarktpreis hoch ist, bis zu einem Viertel aller wertmäßigen Einfuhren aus. Käme es zu einem Lieferausfall, könnten die bestehenden Lagerkapazitäten den Bedarf nur für sechs Wochen decken.
Um Abhilfe zu schaffen, müssen neue Ölraffinerien gebaut und bestehende Kapazitäten erweitert werden. Der Medium Term Development Plan 2020-2024 der Regierung, der jedes Jahr eine Art Best-Case-Szenario für Großprojekte für einen Zeitraum von fünf Jahren entwirft, sieht dafür Ausgaben von umgerechnet 55 Milliarden US$ vor. Demnach sollen die Verarbeitungskapazitäten ab 2026 bei 1,9 Millionen BPD liegen (was noch immer keine Selbstversorgung ermöglichen würde). Unter der Hand wird berichtet, dass in der Vergangenheit der Ausbau der Ölverarbeitung auch an den wirtschaftlichen Interessen der Mineralölimporteure gescheitert ist.
Indonesiens bestehende Erdölraffinerien (Jahr 2018)
Ort | Tägliche Verarbeitungskapazitäten (BPD) |
---|---|
Cilacap | 348.000 |
Balikpapan | 260.000 |
Dumai | 177.000 |
Plaju/Sumatra | 127.000 |
Balongan | 125.000 |
Tuban | 100.000 |
Kasim/Papua | 10.000 |
Cepu/Zentraljava | 3.800 |
Quelle: Ministerium für Energie und Rohstoffe (ESDM)/Data Consult
Derzeit sind sechs größere Raffinerieprojekte in Planung. Grundlage dafür ist der Refinery Development Master Plan (RDMP) für Erweiterungsprojekte und der New Grass Root Refinery (NGRR) für Neubauten. Sie werden durch den staatlichen Ölkonzern Pertamina koordiniert. Bauen müssen ausländische Spezialfirmen. Denn heimische Unternehmen führen allenfalls den Rohbau und die infrastrukturelle Anbindung aus. Die meisten Projekte dürften sich aber deutlich verzögern, weil entweder noch keine Auftragnehmer gefunden wurden oder bereits vorhandene wieder abgesprungen sind. Zudem dürfte die Finanzierung der Projekte durch die Belastungen des Staatshaushalts während der Coronapandemie deutlich schwieriger werden.
Geplante neue Erdölraffinerien und Kapazitätserweiterungen
Ort | Tägliche Verarbeitungskapazität (BPD) | Ursprünglich geplante Inbetriebnahme | Projektstand |
---|---|---|---|
Bontang | 300.000 | 2024/25 | Partnersuche |
Tuban | 300.000 | 2024 | Landerwerb erfolgt |
Balongan | Erweiterung um 115.000 | 2021/22 | Baubeginn |
Balikpapan | Erweiterung um 100.000 | 2023 | im Bau |
Cilacap | Erweiterung um 52.000 | 2024 | Partnersuche |
Dumai | k.A. (bestehende Kapazität: 170.000) | k.A. | MoU unterzeichnet |
Quelle: ESDM/Data Consult, Presseberichte
Im April 2020 hat der staatliche saudische Ölkonzern Aramco seine Partnerschaft mit Pertamina für den Bau einer Ölraffinerie im an der zentraljavanischen Südküste gelegenen Cilacap beendet. Grund dafür waren unterschiedliche Preisvorstellungen. Demnach hat Pertamina nun ein Kooperationsangebot an Adnoc, den Ölkonzern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten unterbreitet. Zwischenzeitlich wurde eine kleinere Biotreibstoffanlage in Cilacap fertiggestellt. Die weiteren Aussichten für den Bau der Ölraffinerie sind unklar.
Der geplante Raffineriebau an der Ostküste der Insel Borneo ist ebenfalls vorerst gescheitert. Der omanische Energiekonzern OOG hatte im Dezember 2019 ein Kooperationsabkommen nicht verlängert. Offenbar gab es Probleme beim Landerwerb. Pertamina sucht nun einen neuen Partner.
Die neue Ölraffinerie in Balikpapan, ebenfalls an der Ostküste Borneos gelegen, befindet sich bereits im Bau. Im November 2020 war ein knappes Viertel der Anlage fertiggestellt. Verzögerungen gab es durch Schwierigkeiten in der Lieferkette infolge der Handelsbeschränkungen während der Coronapandemie. Wie sich in den ersten Bauphasen herausstellte, wurden die Local-Content-Vorgaben bei Stahlrohren verletzt. Ihre Einhaltung wird seit einiger Zeit strenger eingefordert und überprüft, was viele Projekte scheitern lässt oder lange Verzögerungen verursacht. Die Fertigstellung ist dennoch für 2023 geplant.
An der Nordküste der Provinz Westjava, in Balongan, haben die Arbeiten an einer Raffinerie begonnen. Die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts ist für März 2022 geplant. Für den dritten und letzten Bauabschnitt, dessen Beendigung für 2026 vorgesehen ist, wurde im Juni 2020 ein Kooperationsabkommen mit dem taiwanischen Konzern CPC geschlossen. Allein dessen Wert soll 8,4 Milliarden US$ betragen.
Das Raffinerieprojekt Tuban an der Nordküste der Provinz Ostjava hat es zu landesweiter Berühmtheit gebracht. Denn Pertamina zahlte im Februar 2021 für das benötigte Land geschätzte 200 Millionen US-Dollar und machte damit die 70 Familien des Dorfes Sumurgeneng auf einen Schlag reich. Millionen Indonesier verfolgten in den Sozialen Medien, wie dort mit Neuwagen beladene Transporter in langen Schlangen auf kaum befestigten Straßen vorfuhren. Der Baubeginn für die Raffinerie ist unklar. Presseberichten zufolge soll es ein Kooperationsabkommen mit dem russischen Ölkonzern Rosneft geben.
In Dumai an der Straße von Malakka soll die bestehende Raffinerie in Kooperation mit einem südkoreanischen Konsortium erweitert werden. Dafür wurde im Mai 2020 ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet. Der Projektwert beträgt 1,5 Milliarden US$. Ein Baubeginn ist aber noch nicht in Sicht. Dumai ist der größte Verschiffungsort für Rohpalmöl im Archipel.