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Mehrere Milliarden US-Dollar werden an die verschuldeten Staatsunternehmen verteilt, um Bauprojekte am Leben zu halten.
13.09.2021
Von Frank Malerius | Jakarta
Der Ausbau der unterdimensionierten Infrastruktur Indonesiens gehört zu den wichtigsten Vorhaben der Präsidentschaft von Joko Widodo. Doch viele Projekte sind durch die Wirtschaftskrise infolge der Coronapandemie ins Wanken geraten. Denn die großen Baufirmen des Archipels, die sich mehrheitlich in Staatsbesitz befinden, mussten große Geschäftseinbußen verkraften und sich weiter verschulden.
Das Ministry of State Owned Enterprises hat nun für das Haushaltsjahr 2022 Sonderzuwendungen für Staatsunternehmen in Höhe von 72 Billionen Rupiah beantragt. Das entspricht rund 5,5 Milliarden US-Dollar (US$). Bisher wurde etwa die Hälfte davon genehmigt. Sie sind daran gebunden, bestimmte Infrastrukturprojekte am Laufen zu halten. Und noch im Jahr 2021 sollen Staatsbetriebe 33 Billionen Rupiah (circa 2,3 Milliarden US$) an Finanzspritzen für Infrastrukturprojekte erhalten.
In der Wirtschaftskrise haben viele staatliche Bauunternehmen fest eingeplantes Geschäft verloren. So hält die Regierung zwar am Bau der neuen Hauptstadt in der Provinz Ostkalimantan fest, er wird sich aber verzögern und deutlich länger dauern als ursprünglich geplant. Zahlreiche Straßenbauprojekte wurden unterbrochen. Die Fluglinie Garuda musste einen Teil ihrer Flotte an die Vermieter zurückgeben und gilt als faktisch bankrott. Staatliche Banken wurden in der Krise dazu angehalten, Kreditlinien zu verlängern.
Staatsunternehmen | Sektor | Finanzhilfe (in Mio. US$) | Projekt |
---|---|---|---|
Hutama Karya | Bau | 1.600 | Weiterbau der Trans-Sumatra Toll Road |
PLN | Stromversorgung | 350 | Kraftwerksbetrieb, Stromversorgung in Dörfern |
Waskita Karya | Bau | 210 | Fertigstellung der Toll Roads Kayu-Agung-Palembang-Betung und Bogor-Ciawi-Sukabumi |
Perumnas | Bau | 110 | Hausbau für Einkommensschwache in Jakarta und Medan |
Adhi Karya | Bau | k.A. | Bau der Toll Roads Solo-Yogyakarta-NYIA Kulonprogo und Yogyakarta-Bawen und Karian-Serpong |
Penjaminan Infrastruktur Indonesia (PII) | Finanzen | k.A. | Finanzierung und Koordination von großen Bauvorhaben |
Sarana Multigriya Finansial | Finanzen | k.A. | Finanzierung von Hauskäufen für einkommensschwache Familien |
Die Bauwirtschaft ist in den vergangenen Jahren ein wichtiger Konjunkturtreiber gewesen. Ihre Wachstumsraten lagen stets deutlich über denen der Gesamtwirtschaft. Doch 2020 drehte sich das Verhältnis: Der Bausektor schrumpfte um 3,3 Prozent und damit deutlich stärker als der Durchschnitt. Auch die Erholung im 1. Halbjahr 2021 erfolgte mit einem Wachstum von 1,7 Prozent eher zögerlich.
Während im Hochbau bereits vor der Krise zumindest in Großstädten wie Jakarta teilweise beträchtliche Überkapazitäten entstanden sind, ist der Bedarf im Infrastrukturausbau fast unerschöpflich. Überall fehlt es an Straßen, Brücken, Häfen oder Airports. Als Folge daraus behindern die hohen Logistikkosten die wirtschaftliche Entwicklung des Inselreichs. Der Medium-Term Development Plan (RPJMN) für den Zeitraum von 2020 bis 2024 sieht Bauvorhaben im Wert von etwa 500 Milliarden US$ vor - die selbst in guten Zeiten nur teilweise realisiert werden könnten.
Einfache Bauvorhaben werden von einheimischen Baufirmen durchgeführt, die ihr Equipment überwiegend aus China und Japan beziehen. Spezialtechnik kann aber durchaus aus Deutschland kommen. Anspruchsvollere Großprojekte übernehmen vielfach japanische Firmen (etwa den U-Bahn-Bau in Jakarta) oder chinesische Konzerne (beispielsweise die Schnellzugstrecke Jakarta-Bandung). Sie stellen konkurrenzlos günstige Kredite zur Verfügung und haben weitgehend geschlossene Zuliefernetzwerke.
Die heimische Wirtschaft wird in den meisten Branchen von großen Staatsunternehmen beherrscht. Seien es die Bauwirtschaft, der Öl- und Gassektor, die Stromversorgung, die Düngemittelproduktion, die Nahrungsmittellogistik oder die Herstellung von Medikamenten: Niemand kennt ihren genauen Anteil am Wirtschaftsgeschehen. Schätzungen gehen von 35 bis 40 Prozent aus.
Diese Konzerne sind politisch weisungsgebunden, arbeiten ineffizient und sind wenig reformfreudig. Presseberichte beziffern ihre Gesamtverschuldung auf 2,1 Billiarden Rupiah, das entspricht etwa 150 Milliarden US$. Alleine auf den Stromkonzern PLN sollen 35 Milliarden US$ an Schulden entfallen.
Immerhin gibt es Reformansätze. So wurde 2019 Erick Thohir Minister für Staatsunternehmen. Der ehemalige Besitzer des Fußballclubs Inter Mailand stammt aus einer der einflussreichsten Familien des Archipels. Thohir verringerte die Anzahl der ursprünglich 142 Staatsunternehmen mit ihren 800 Tochterfirmen schrittweise auf 41. Einige sollen in Teilen an die Börse gebracht werden. Viele Konzerne dürften für private Investoren aber unattraktiv bleiben. Eine baldige Lösung für das Problem der unwirtschaftlich arbeitenden Unternehmen der öffentlichen Hand ist daher nicht in Sicht.