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Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Bruttoinlandsprodukt
Das Wachstum von nur 3,1 Prozent hält die Wirtschaftskraft unter dem Vorkrisenniveau. Durch den Lockdown im Juli und August 2021 dürften die Prognosen nach unten korrigiert werden.
17.08.2020
Von Frank Malerius | Jakarta
Die indonesische Wirtschaft ist nach vier Quartalen des Negativwachstums laut Statistikamt BPS im 2. Quartal 2021 um 7,1 Prozent gewachsen. Referenzpunkt ist allerdings das schwache 2. Quartal 2020, in dem das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 5,3 Prozent eingebrochen war. Deshalb steht für das 1. Halbjahr 2021 ein Wachstum von nur 3,1 Prozent zu Buche. Damit liegt die Wirtschaftsleistung weiter unter dem Vorkrisenniveau.
Eine zügige Erholung ist nicht im Sicht, denn stark ansteigende Infektionszahlen im Juni 2021 haben die Regierung zu einem nahezu landesweiten Lockdown über fast den gesamten Juli veranlasst, der bis in den August hinein verlängert wurde. Es war der zweite Lockdown seit Mai 2020 und der längste seit Beginn der Coronakrise. Damit droht im 3. Quartal 2021 zumindest im Vorquartalsvergleich ein Negativwachstum.
Die Pandemie ließ bereits viele Prognosen Makulatur werden. Hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) im Sommer 2020 noch eine Wachstumsprognose für 2021 in Höhe von 8,2 Prozent abgegeben, so musste er diese bereits in seinem World Economic Outlook vom Oktober 2020 auf 6,2 Prozent herabsetzen. Weitere Korrekturen folgten. Derzeit rechnet der IWF für das Gesamtjahr 2021 nur noch mit einem Plus von 3,9 Prozent.
Auch die Regierung musste ihre Vorhersagen für das Gesamtjahr im weiteren Pandemieverlauf mehrfach nach unten korrigieren. Derzeit erwartet sie ein Ergebnis in einem Korridor zwischen 3,7 Prozent und 4,5 Prozent. Die Bank Mandiri rechnet mit einem Wachstum noch leicht unter dem Negativszenario der Regierung. Und diese Prognosen wurden noch vor dem erneuten Lockdown gemacht.
Im 1. Halbjahr 2021 wuchs die verarbeitende Industrie gegenüber der Vorjahresperiode um 2,5 Prozent. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres liegt allerdings der Mai 2020, in dem die bisher strengsten Auflagen für die Industrie galten. Damals durften nur noch "essenziell" wichtige Branchen produzieren. Dadurch war beispielsweise der Kfz-Sektor über mehrere Wochen hinweg praktisch zum Erliegen gekommen. Die verarbeitende Industrie steht für etwa 20 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung.
Die Bauwirtschaft hat im 1. Halbjahr 2021 um 1,7 Prozent zugelegt und damit noch nicht das Vorkrisenniveau erreicht. Zudem sind die mittelfristigen Aussichten unsicher: Im Hochbau waren bereits vor der Krise in größeren Städten Überkapazitäten entstanden. Im Tiefbau dürfte die Regierung nach der massiven Schuldenaufnahme während der Krise viele geplante Großprojekte nicht mehr finanzieren können. Auch der Bau der neuen Hauptstadt in der Provinz Ostkalimantan steht auf der Kippe. Die großen indonesischen Baufirmen befinden sich mehrheitlich in Staatsbesitz. Die Bauwirtschaft hat einen Anteil von knapp 11 Prozent am BIP.
Wirtschaftssektoren wie Transport und Lagerhaltung oder Hotellerie und Bewirtung waren im 1. Halbjahr 2021 deutlich im Aufschwung, blieben aber ebenfalls noch unter Vorkrisenniveau. Ausnahmen vom allgemeinen Trend sind die kaum von der Krise betroffene Landwirtschaft und die durch Homeoffice und Homeschooling stark gewachsene IKT-Branche.
Das Coronajahr 2020 war durch einen deutlichen Rückgang des Außenhandels geprägt. Die Einfuhren waren um 17 Prozent gesunken, die deutschen Warenlieferungen sogar um knapp ein Viertel eingebrochen. Nun zeichnet sich eine Trendwende ab: In den ersten fünf Monaten 2021 stieg der Außenhandel laut Statistikamt um 27,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, und der Import legte um 22,7 Prozent zu. Gemessen an der Wirtschaftsleistung blieb der grenzüberschreitende Warenhandel aber ausgesprochen gering.
Wichtigster Bereich bei der BIP-Verwendung ist der private Konsum mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent. Er ist in der Krise stärker geschrumpft als die gesamte Wirtschaftsleitung und erholt sich nur langsam. Der Privatkonsum ist aber der Schlüsselfaktor bei der Erholung der Wirtschaft. Der neuerliche Lockdown, der Millionen Menschen Arbeit und Einkommen nimmt, schürt die Unsicherheit der Verbraucher weiter. Sie dürften vor allem größere Anschaffungen in das kommende Jahr verschieben.