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Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Löhne

Mindestlöhne steigen 2023 um durchschnittlich 7,5 Prozent

Trotz höherer Löhne wird Indonesien für ausländische Unternehmen günstiger. Grund ist die aktuelle Schwäche der Rupiah. Die starken Währungsschwankungen bleiben aber ein Risiko.

Von Frank Malerius | Jakarta

Das Arbeitsministerium hat die durchschnittliche Steigerung der Mindestlöhne für 2023 bekannt gegeben: Sie beträgt nominal (auf Rupiah-Basis; 1 US-Dollar (US$) = 15.731 Rupiah) 7,5 Prozent. In Jakarta legt der Mindestlohn dabei um 5,6 Prozent zu. Nach dem Wechselkurs von Ende November 2022 entspricht der neue Mindestlohn somit monatlich 311 US$. In den restlichen fünf Provinzen Javas betragen die Steigerungen zwischen 6,4 Prozent (Banten) und 8,0 Prozent (Zentraljava). Dort liegen die monatlichen Mindestlöhne dann zwischen 115 US$ und 169 US$. Für viele ausländische Unternehmen ist Indonesien ein Standort für günstige Lohnfertigung. Die monatlichen Mindestlöhne – bei einer Regelarbeitswoche von 40 Stunden – sind für sie ein wichtiger Faktor.

Die Erhöhung der Mindestlöhne folgt einer festgelegten Formel. Das regionale Wirtschaftswachstum und die regionale Inflationsrate spielen dabei eine wichtige Rolle. Für die Regierung ist die Berechnung der Mindestlöhne eine Gratwanderung zwischen einer sozialpolitisch gebotenen Erhöhung sowie der Notwendigkeit, Indonesien für arbeitsintensive Fertigung attraktiv zu halten – etwa für die Textilindustrie. So gibt es bei den Bekleidungsherstellern derzeit Massenentlassungen. Sie konkurrieren mit Unternehmen aus den Niedriglohnländern Indien, Bangladesch, Kambodscha und Vietnam. 

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Durch kurzfristige Veränderungen der Berechnungsgrundlage steigen die Mindestlöhne 2023 stärker als ursprünglich vorgesehen (bei einer Obergrenze von 10 Prozent). Das führt zu Unmut bei den Arbeitgeberverbänden. Doch auch die Arbeitnehmer sind unzufrieden. So ist die Anhebung in der Hauptstadtprovinz DKI Jakarta eine der niedrigsten im Land. Gewerkschaften haben dort zu Streiks aufgerufen.

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Fertigung findet fast ausschließlich auf Java statt

Jedes Jahr definieren die lokalen Behörden die monatlichen Mindestlöhne des Folgejahres für die Provinzen (Upah Minimum Provinsi - UMP) sowie für die Landkreise und Städte (Upah Minimum Kabupaten/Kota - UMK). Bis zur Coronakrise lagen die Zuwächse bei teils über 8 Prozent. Durch die Festlegung der Sätze im Dezember des Vorjahres hatte es auch im Krisenjahr 2020 eine kräftige Steigerung gegeben. Dafür blieben die Mindestlöhne auch im Erholungsjahr 2022 nahezu konstant.

Die Mindestlöhne der Landkreise und Städte haben eine höhere Bedeutung als die auf der Provinzebene. Letztere bilden lediglich eine Untergrenze, die von der nachfolgenden Verwaltungsebene zwar übernommen, aber nicht unterschritten werden darf. Für ausländische Unternehmen sind vor allem die Mindestlöhne in den 119 Landkreisen und Städten auf Java von Bedeutung. Denn dort ist fast die gesamte verarbeitende Industrie des Archipels angesiedelt. Knapp 60 Prozent der Indonesier leben auf Java und ebenso hoch ist der Anteil der indonesischen Wirtschaftsleistung, die dort erzeugt wird. 

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Der Großraum Jakarta ist auf Java der teuerste Produktionsstandort. Dabei wird die Stadt Jakarta sogar von den östlichen Gemeinden Bekasi und Karawang übertroffen, wo die indonesische Automobilindustrie beheimatet ist. Verhältnismäßig hohe Mindestlöhne haben auch die an Jakarta angrenzenden Tangerang City, Tangerang Selatan und Depok - allesamt Bestandteil des Großraums "Jabodetabek" (Jakarta, Bogor, Depok, Tangerang, Bekasi). Sie verfügen ebenfalls über vergleichsweise viele Industrie- und Dienstleistungsjobs. Dies gilt genauso für den Großraum der zweitgrößten Stadt des Landes, das ostjavanische Surabaya.

Zentral- und Ostjava locken mit niedrigen Löhnen

Die niedrigsten Mindestlöhne finden sich im ländlichen Zentral- und Ostjava, vor allem um Yogyakarta. Diese Regionen sind stark bevölkert, die Konkurrenz um Arbeitsplätze hat dort unter anderem die Textil- und Möbelindustrie angelockt.

Gesamtwirtschaftlich haben die Mindestlöhne aber nur eine begrenzte Aussagekraft über den Wohlstand einer Region. Denn mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer sind im informellen Sektor tätig. Und auch in formellen Beschäftigungsverhältnissen können Mindestlöhne leicht umgangen werden, etwa über Leiharbeit. In der Praxis müssen vor allem ausländische Firmen und Staatsbetriebe Mindestlöhne zahlen. Da ein erheblicher Teil der anderen Unternehmen das nicht unbedingt tut, liegen vielerorts die Durchschnittslöhne schätzungsweise in etwa auf dem Niveau des jeweiligen Mindestlohns.

US-Dollar und Euro schießen in die Höhe

Ausländische Unternehmen profitieren derzeit von der schwachen Rupiah. So legte der US-Dollar seit Anfang 2022 um 10 Prozent zu. Die Arbeitskraft in Indonesien wird daher, in US$ gemessen, trotz der bevorstehenden Mindestlohnerhöhungen günstiger. Doch allgemein bergen die hohen Währungsschwankungen der vergangenen Jahre Risiken. Zu Beginn der Coronakrise hatte es binnen zwei Monaten einen Kurssturz der Rupiah gegenüber dem US-Dollar um 20 Prozent gegeben –  danach aber eine ebenso schnelle Erholung. Die Rupiah reagiert generell sensibel auf Zinserhöhungen der US-amerikanischen Zentralbank. 

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Der Euro verzeichnete 2022 gegenüber der Rupiah monatliche Wertschwankungen von mehr als 5 Prozent. Zwischen April 2021 und September 2022 hatte er zwischenzeitlich einen Wertverlust von fast 20 Prozent erlitten. In den darauffolgenden zwei Monaten legte er wieder um 11 Prozent zu. Auch auf Euro-Basis wurde Indonesien zum Jahresende 2022 trotz kommender Mindestlohnerhöhungen günstiger.

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Hohe Inflation schürt Unzufriedenheit

Im September 2022 ist die Inflationsin Indonesien auf 6 Prozent gestiegen, das war der höchste Wert seit 2015. Vor allem Benzin und Grundnahrungsmittel sind teurer geworden. Das führt in weiten Teilen der Bevölkerung zu Unzufriedenheit und zur Forderung nach höheren Mindestlöhnen. Mancherorts könnten Proteste und Streiks noch zu nachträglichen Erhöhungen führen.

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