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Reform des Investitions- und Arbeitsrechts steht auf der Kippe
Indonesiens Oberstes Gericht erklärt das sogenannte Omnibusgesetz, das ambitionierteste Reformprojekt seit Jahrzehnten, für verfassungswidrig. Aber die Regierung kann nachbessern.
17.12.2021
Von Frank Malerius | Jakarta
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Ende November 2021, das vor Jahresfrist beschlossene und in erheblichen Teilen Anfang 2021 umgesetzte sogenannte Omnibusgesetz für verfassungswidrig zu erklären, hat Schockwellen durch Indonesien gesendet. Denn dieser Akt nährt Zweifel daran, ob das Land reformfähig ist.
Der Archipel ist auch im Vergleich zu den Nachbarstaaten der ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) ein ausgesprochen schwieriger Standort. Denn die Rechtssicherheit ist gering, und die bürokratischen Hürden sind hoch. Folglich zieht Indonesien gemessen an seiner Wirtschaftsleistung deutlich weniger ausländische Direktinvestitionen (FDI) an als andere Länder der Region. Das Omnibusgesetz, dessen Kernpunkte die Reform des Investitionsrechts und des Arbeitsrechts sind, soll diesen Zustand grundlegend ändern.
Das Oberste Gericht bemängelt, dass Omnibus in drei Punkten gegen die Verfassung verstoße. Erstens übergehe es als Paket einzelne Gesetze und sei daher nicht mit dem indonesischen Gesetzgebungsverfahren vereinbar. Zweitens entspreche die im Parlament verabschiedete Fassung nicht der des Gesetzentwurfes. Drittens habe es keine ausreichende öffentliche Debatte über die Reformen gegeben.
Das Oberste Gericht, dessen Urteil mit fünf gegen vier Stimmen knapp ausfiel, gibt der Regierung nun zwei Jahre Zeit, die benannten Mängel zu beheben. Geschehe das in diesem Zeitraum nicht, so gelte das Omnibus als nichtig.
Regierungskoalition mit großer Mehrheit
Die Reaktionen auf das Urteil sind unterschiedlich. Einige Kommentatoren sehen es als einen Schlag gegen den Investitionsstandort Indonesien. An einer Ansiedlung interessierte Unternehmen dürften es daher genau verfolgen. Genauso wie Firmen, die bereits im Land ansässig sind, denn die Reformen befinden sich in vielen Bereichen noch in der Implementierungsphase und könnten bis auf weiteres gestoppt werden. Sollte die Liberalisierung des Investitions- und Arbeitsrechts scheitern, dürfte es über lange Zeit keine nennenswerten Reforminitiativen mehr geben.
Die Politik hingegen gibt sich demonstrativ selbstbewusst. Die Regierung unter Präsident Joko Widodo verfügt im Abgeordnetenhaus über eine Mehrheit von mehr als 80 Prozent der Sitze und kann möglicherweise alle notwendigen Abstimmungen problemlos durch das Parlament bringen.
Dennoch gibt es auch innerhalb der Regierungskoalition kritische Stimmen, vor allem gegen die unpopuläre Reform des Arbeitsrechts. Hier könnte durchaus mit Widerstand zu rechnen sein - selbst innerhalb der Partei des Präsidenten, der PDI-P. Schließlich sind die Parlamentswahlen im Jahr 2024 bereits in Sichtweite. Schon während des Gesetzgebungsprozesses hatte es in vielen Städten gewalttätige Proteste von Gewerkschaften und Studenten gegen die Änderungen im Arbeitsrecht gegeben.
Traditionelle Strömungen im Land mitnehmen
Noch gibt es bei Investoren kein gefestigtes Meinungsbild zum Urteil. Nicht alle Beobachter sind überrascht, denn das Verfassungsgericht hat in der Vergangenheit schon mehrfach protektionistisch entschieden und Öffnungen im Keim erstickt oder rückabgewickelt. Schon die Bezeichnung Omnibusgesetz - als Verwerfung alter und Implementierung neuer sektorenübergreifender Ansätze - ist Traditionalisten schwer vermittelbar.
"Neu ist allerdings, dass es sich in die strategische Planung der Regierung einmischt und jede auf dem Omnibus Law basierende strategische Planung untersagt", erklärt Stefan Ewers, Direktor der Kanzlei Rödl & Partner in Jakarta. "Das ist eigentlich auch in Indonesien nicht die designierte Aufgabe des Gerichts."
Dennoch gibt es Hoffnung. "Ich sehe die Entscheidung nicht negativ, auch wenn sie zunächst einen Schritt zurück bedeutet", resümiert Ewers. "Denn es wird der Regierung die Möglichkeit gegeben, den eingegangenen Pfad weiter zu verfolgen – nur langsamer und Schritt für Schritt, um auch traditionellen Strömungen im Land gerecht zu werden."
Mehr Freiheiten im Vertrieb
Zu den wichtigsten Reformen des Omnibusgesetzes gehört die Öffnung zahlreicher zuvor geschlossener Branchen für ausländische Unternehmen. Bisher mussten diese in praktisch allen relevanten Sektoren eine Kooperation mit einem heimischen Joint-Venture-Partner eingehen. Diese Anforderung ist nun weggefallen: Eine hundertprozentige ausländische Investition ist möglich (wenngleich ein einheimischer Partner in der Praxis zumeist unumgänglich bleibt).
Auch im Vertrieb gab es wichtige Änderungen. Beim Verkauf der Produkte an den Kunden kann neuerdings ein lokaler Handelsvertreter eingeschaltet werden (anstatt wie bisher einen lokalen Distributor). Beim neuen Handelsvertretermodell findet der Verkauf direkt statt, es muss aber eine Kommission gezahlt werden.
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