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In Iran sind die Recyclingquoten weiterhin sehr gering. Schätzungen liegen zwischen 6 und 20 Prozent. Eine verstärkte energetische Verwertung von Biomasse wird angestrebt.
03.12.2020
Von Robert Espey | Dubai
Nach Abschluss des Atomvertrages und der folgenden Lockerung der Wirtschaftssanktionen gab es in den Jahren 2016 bis 2018 zahlreiche Gespräche mit ausländischen Unternehmen aus der Recycling- und Entsorgungsbranche über Kooperationen bei der dringend notwendigen Modernisierung des iranischen Abfallsektors. Die Reaktivierung der US-Sanktionen brachte aber die meisten Verhandlungen zum Stillstand. Eine Änderung der Washingtoner Iran-Politik unter Joe Biden könnte nun zur Wiederaufnahme der Kontakte zu internationalen Firmen führen.
Seit langem zeigt sich in der iranischen Abfallwirtschaft kein wesentlicher Fortschritt. Die zum Innenministerium gehörende Municipalities and Village Administrators Organization erklärte zwar 2019, mittlerweile seien in 640 Städten und ländlichen Kommunen Konzepte für eine Modernisierung des Entsorgungssektors erarbeitet. Zudem seien in 200 weiteren Städten und Kommunen Pläne in Vorbereitung. Dennoch gibt es kaum praktische Maßnahmen, so Branchenvertreter.
Die Datenlage zum Müllaufkommen und zur Entsorgung ist sehr unzureichend. Das landesweite Müllaufkommen wird von einem Vertreter eines zum Energieministerium gehörenden Forschungsinstituts (Niroo Research Institute/Biomass Energy Technolgies Department) aktuell auf jährlich 21 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle, 32 Millionen Tonnen Industrieabfälle, 8 Millionen Tonnen Sondermüll und 0,2 Millionen Tonnen medizinische Abfälle geschätzt.
Hinsichtlich der Zusammensetzung und Verwertung des kommunalen Abfalls wird in Iran häufig auf Zahlen verwiesen, die von der UNIDO (United Nations Industrial Development Organization) 2016 veröffentlicht wurden. Demnach bestand der kommunale Müll, der mit 19 Millionen Tonnen veranschlagt wurde, zu 61,6 Prozent aus organischen Abfällen, zu 10,8 Prozent aus Papier und Pappe, zu 10,2 Prozent aus Plastik, zu 3,2 Prozent aus Metall, zu 4,2 Prozent aus Glas, zu 4,7 Prozent aus Textilien und zu 5,3 Prozent aus Holz.
Die UNIDO zeichnete bei der Abfallentsorgung ein sehr kritisches Bild. Die Entsorgung erfolgte zu 77,5 Prozent auf informellen Deponien, wo der Müll teilweise verbrannt wird. Nur 2,5 Prozent kam auf offizielle Deponien. Die Recyclingquote wird mit 20 Prozent angegeben, rund 7 Prozent wurden von den Verursachern getrennt, die restlichen 13 Prozent durch Sortieranlagen.
Eine Statistik der Iran Recycling Association weist für 2019/20 (iranisches Jahr 1398; 21. März bis 20. März) eine Recyclingquote von lediglich 6 Prozent aus. Der Fachverband gibt den Anteil organischer Stoffe am kommunalen Abfall mit 72 Prozent an. Es folgen Plastik mit 8 Prozent, Papier und Pappe mit 6 Prozent, Textilen und Metall mit jeweils 3 Prozent, Glas mit 2 Prozent, Reifen und Holz mit jeweils 1 Prozent und sonstige Abfälle mit 4 Prozent. Der Verband wurde 2008 gegründet, die etwa 250 Mitglieder gehören zum Privatsektor.
Die iranische Umweltbehörde (Department of Environment) gibt für 2018/19 das Müllaufkommen mit 18,1 Millionen Tonnen an, davon entfielen 14,1 Millionen auf städtische Regionen und 4 Millionen auf den ländlichen Raum. Die großen Ballungszentren produzierten 5,6 Millionen Tonnen.
Der größte Müllproduzent ist die Hauptstadtregion Teheran. Gemäß der Statistik der Tehran Waste Management Organization (TWMO) schwankte das jährliche Siedlungsmüllaufkommen im Zeitraum 2009/10 bis 2017/18 zwischen 2,6 Millionen und 2,8 Millionen Tonnen, für 2018/19 wird ein Rückgang auf 2,2 Millionen Tonnen ausgewiesen. Allerdings bezifferte TWMO-Chef Reza Abdoli auf einer Veranstaltung im Frühjahr 2019 das Müllaufkommen mit 3,1 Millionen Tonnen.
Die Stadt Teheran sammelt Siedlungsabfälle unsortiert. Es gibt aber begrenzte Aktivitäten zur gesonderten Sammlung von Papier, Pappe und Plastik. Die städtischen Müllcontainer werden täglich geleert und dann zur zentralen Mülldeponie, dem Arad Kouh Komplex bei Kahrizak, transportiert. Es gibt zwölf Abfalltransferstationen. Die Deponie wurde 1976 in Betrieb genommen und nimmt täglich 7.500 Tonnen auf, davon sind 90 Prozent Siedlungsabfälle, die restlichen 10 Prozent bestehen vor allem aus Industriemüll und Krankenhausabfällen.
Der Großteil des in Arad Kouh angelieferten Mülls kommt ohne Bearbeitung auf die Deponie. Recyclingaktivitäten konzentrieren sich auf die Aussortierung kompostierbarer Stoffe. Im Arad Kouh Komplex existiert seit 1998 ein Kompostierungswerk mit 14 Sortierbändern und einer Kapazität von 500 Tonnen pro Schicht.
Seit 2016 betreibt das Unternehmen Tadbir Tosee Salamat in Arad Kouh eine wesentlich von China finanzierte 3 Megawatt Biogasanlage, die über eine Tageskapazität von 200 Tonnen verfügt. Östlich von Teheran, in AbaIi, hat die Kian Group eine 1,9 Megawatt Biogasanlage (Tageskapazität: 300 Tonnen) errichtet.
Iran sucht private Investoren für weitere Waste to Energie (WTE) Kraftwerke (Biogas, Müllverbrennung etc.). Der Bau privater WTE-Anlagen soll im Rahmen des staatlichen Programms zur Förderung erneuerbarer Energien erfolgen. Den Investoren wird eine für 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung angeboten. Nach Angaben der zuständigen Renewable Energy and Energy Efficiency Organization (Satba) betreibt der Privatsektor derzeit fünf kleine Anlagen mit einer Gesamtleistung von 10,6 Megawatt.
Betreiber (Anlagentyp) | Standort (Provinz) | Leistung (Megawatt) | Inbetriebnahme |
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Municipality of Mashhad (Deponiegas) | Mashhad (Khorasan Razavi) | 0,6 | September 2009 |
Niroo Sabin Aria (Deponiegas) | Shiraz (Fars) | 1,1 | September 2009 |
Kian Group (Biogas) | Abali (Teheran) | 1,9 | k.A. |
Water and Waste Water Management Company of Tehran (Biogas, Klärschlamm) | Rey (Teheran) | 4,0 | Oktober 2010 |
Tadbir Tosee Salamat (Biogas) | Kahrizak (Teheran) | 3,0 | Januar 2016 |
Seit 2016 ist kein neues WTE-Kraftwerk in Produktion gegangen. Satba zufolge gibt es neben den beiden, oben genannten Teheraner Biogas-Anlagen eine von der Water and Waste Water Management Company of Tehran betriebene Biogas-Anlage zur Verarbeitung von Klärschlamm und zwei Deponiegasprojekte in Mashhad und Shiraz.
In der nördlichen Provinz Gilan befindet sich eine Biogas-Anlage im Bau. Die Tageskapazität wird bei 250 Tonnen liegen. Die Ausrüstungen der Biogas-Anlage werden von lokalen Maschinenbauern geliefert. Große internationale Firmen seien aufgrund der US-Sanktionen nicht zur Kooperation bereit, so der Projektmanager.