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Irans Kfz-Industrie kämpft mit Strukturproblemen

Die Reaktivierung der US-Sanktionen 2018 hat die Modernisierung der Kfz-Industrie verhindert. Die angestrebten Sanktionslockerungen würden wieder neue Perspektiven eröffnen.

Von Robert Espey | Dubai

Die Rückkehr der US-Sanktionen 2018 hat erneut die große, traditionsreiche iranische Kfz-Industrie von internationalen Technologieentwicklungen weitgehend abgekoppelt. Die nach den Sanktionslockerungen 2016 angelaufenen Kooperationsprojekte vor allem mit europäischen Automobilherstellern (Peugeot, Renault etc.) wurden abgebrochen.

Fortgeschrittene Technologien nur beschränkt zugänglich

Derzeit konzentriert sich die iranische Autoindustrie auf den Bau von Fahrzeugen mit teilweise stark veralteter Technik, aber hoher lokaler Wertschöpfung. Ein Großteil des notwendigen Know-hows wurde bei früheren Kooperationen mit ausländischen Partnern erworben. Mittlerweile gibt es aber auch zahlreiche eigenständige Weiterentwicklungen.

Symptomatisch für die Isolation der iranischen Autoindustrie sind die aktuellen Bemühungen um eine engere Zusammenarbeit zwischen Iran und Russland. So werden beispielsweise Gespräche mit dem russischen Hersteller AvtoVaz über die Lieferung von Motoren für ein altes, in Iran produziertes Renault-Modell (Logan) geführt.

Beobachter bewerten allerdings die Zusammenarbeit mit russischen oder chinesischen Autoproduzenten als wenig geeignet, die Modernisierung der Branche voranzubringen. Eine Kooperation mit Russlands Kfz-Industrie werde nicht helfen, erklärt ein iranischer Experte. Russlands Autoindustrie sei jetzt in einer ähnlichen Situation wie Iran.

Fahrzeugproduktion soll wieder deutlich steigen

Als Folge der US-Sanktionen schrumpfte der Kfz-Ausstoß zwischen 2017/2018 (iranisches Jahr 1396; 21. März bis 20. März) und 2019/2020 um 45 Prozent auf 0,83 Millionen Fahrzeuge. Eine Steigerung um 21 Prozent auf über 1 Million Fahrzeuge wurde 2020/2021 verzeichnet. Die Erholung setzte sich allerdings 2021/2022 nicht fort, die Produktion sank um 4 Prozent auf 0,96 Millionen.

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Die Regierungsplanung sieht für das laufende Jahr 2022/2023 eine starke Erhöhung der Produktion vor. Das vom Industrieministerium verkündete Ziel von 1,6 Millionen Fahrzeugen erscheint aber sehr ambitioniert.

Produktionsplan für die iranische Kfz-Industrie nach Herstellern und Fahrzeugkategorien 2022/2023 (Zahl der Fahrzeuge) *)

Kategorien

Alle Hersteller

Iran Khodro

Saipa

Andere Hersteller

Pkw

1.400.000

685.000

549.000

166.000

Pick-ups

158.100

40.000

98.000

20.100

Lkw und Busse

41.900

25.000

2.500

14.400

Alle Kategorien

1.600.000

750.000

649.500

200.500

*) iranisches Jahr 1401 (21. März 2022 bis 20. März 2023)Quelle: Ministry of Industry, Mining and Trade 2022

Für das 1. Quartal 2022/2023 (21. März bis 20. Juni 2022) weisen die drei führenden Autohersteller Iran Khodro, Saipa und Pars Khodro (gehört zu Saipa) einen Produktionsanstieg um 11 Prozent auf 226.428 Fahrzeuge aus. Die drei Unternehmen haben einen Anteil an der gesamten Kfz-Produktion des Landes von über 80 Prozent. Ohne Erhöhung des Wachstumstempos im weiteren Jahresverlauf würde sich die iranische Autoproduktion 2022/2023 lediglich auf etwa 1,1 Millionen Fahrzeuge erhöhen.

"Historische" Nachbauten und Eigenentwicklungen prägen Pkw-Produktion

Iran Khodro fertigte 2021/2022 insgesamt 464.369 Pkw (2020/2021: 495.970). Davon entfielen 165.500 Fahrzeuge auf den "Peugeot Pars" (modifizierter Peugeot 405). Es folgten die Peugeot-Modelle "206" und "207" (117.677 Einheiten), das Mittelklassefahrzeug "Samand" (60.377 Einheiten; ebenfalls modifizierter Peugeot 405) sowie die Kleinwagen "Dena" (51.313 Einheiten) und "Rana" (35.630 Einheiten).

Bei der Saipa-Gruppe (einschließlich Pars Khodro) liefen 2021/2022 insgesamt 335.673 Pkw von den Bändern (2020/2021: 370.100 Einheiten). Von den 2017 neu vorgestellten Kleinwagen "Quick" und "Saina" wurden 172.887 Stück montiert. Der Kleinwagen "Tiba" kam auf 131.721 Einheiten.

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China weist geringen Marktanteil auf

Die Produktion chinesischer Fahrzeuge ist sanktionsbedingt deutlich geschrumpft. Der größte iranische Hersteller chinesischer Pkw ist die Modiran Vehicle Manufacturing Company. Das Unternehmen produziert Fahrzeuge der Chery Automobile Company. Nach einem schweren Einbruch konnte der Modiran-Ausstoß 2020/2021 auf 35.252 Fahrzeuge erhöht und 2021/2022 auf 38.283 gesteigert werden..

Kerman Khodro montiert Modelle der chinesischen Hersteller Jac und Lifan, insgesamt 18.721 waren es 2021/2022. Iran Khodro produzierte 7.137 Haima-Modelle. Brilliance hat die zeitweilig eingestellte Zusammenarbeit mit Saipa/Pars Khodro wieder aufgenommen, insgesamt 593 H-Modelle wurden 2021/2022 gebaut.

Schutzwall vor ausländischer Konkurrenz

Irans Automobilindustrie, die fast ausschließlich für den Inlandsmarkt produziert, wird durch Importverbote oder hohe Einfuhrzölle vor ausländischen Wettbewerbern geschützt. In den letzten Jahren galt ein grundsätzliches Importverbot. Jetzt ist die Genehmigung eines begrenzten Einfuhrkontingents in der Diskussion. Eine abschließende Regelung liegt aber noch nicht vor. Durch Importkonkurrenz soll die lokale Kfz-Industrie, deren Produkte immer wieder in der Kritik stehen, unter Druck gesetzt werden. Zudem sollen die hohen Importzölle zur Steigerung der Staatseinnahmen beitragen.

Gemischtes Bild bei Nutzfahrzeugfertigung

Die Fertigung von Pick-ups verminderte sich 2021/2022 um 1 Prozent auf 79.751 Fahrzeuge. Die zur Saipa-Gruppe gehörenden Hersteller Zamyad und Bonro produzierten 61.328 Pick-ups. Die Bahman-Gruppe lieferte 14.224 Pick-ups.

Die Fertigung großer Stadt- und Überlandbusse schrumpfte 2021/2022 um 29 Prozent auf 674 Fahrzeuge. Die Busse wurden vor allem bei Iran Khodro Diesel (545 Einheiten) gefertigt. Die Lkw-Produktion erhöhte sich um 112 Prozent auf 12.382 Einheiten. Die größten Hersteller waren Iran Khodro Diesel (5.357 Einheiten), die Bahman-Gruppe (2.910) und Saipa Diesel (1.092).

CO₂-Reduzierung durch CNG und effizientere Motoren

Der Anteil des Verkehrssektors an den CO2-Emissionen wird in Iran auf etwa ein Viertel geschätzt. Seit über 20 Jahren versucht das Land, die Emissionen durch die Nutzung von CNG (Compressed Natural Gas) zu reduzieren. Die zur National Iranian Oil Company (NIOC) gehörende Iranian Fuel Conservation Organization (IFCO) ist für die Förderung gasbetriebener Fahrzeuge zuständig.

Zwischen 2000 und 2015 stieg die Zahl der CNG-Fahrzeuge von nahezu Null auf 3,5 Millionen. Über 4 Millionen dürften es 2021 gewesen sein. Es war geplant, dass die iranischen Kfz-Hersteller ab 2016 bis zu 50 Prozent ihrer Produktion mit CNG-Antrieb ausrüsten. Dieses Ziel wurde aber bislang nicht annähernd erreicht.

Die Regierung hat angekündigt, die Produktion von CNG-Fahrzeugen und die Umrüstung auf CNG verstärkt zu unterstützen. Im Dezember 2021 hat das Ölministerium Iran Khodro Fördermittel in Höhe von umgerechnet 20 Millionen US-Dollar (US$) zum Bau von 40.000 Taxis und 5.000 Pick-ups mit CNG-Antrieb zugesagt.

Irans Autobauer wollen effizientere Verbrennungsmotoren entwickeln. Iran Khodro plant, unter anderem einen verbrauchsarmen 3-Zylinder-Motor zu bauen. Das Unternehmen arbeitet auch an einem Hybrid-Fahrzeug (Modell "Eco Cross"), das aber zunächst nur in einer reinen Benzinversion verfügbar sein soll.

Erste Schritte in Richtung E-Mobilität

Saipa und der führende iranische Maschinenbauer Mapna haben 2020 eine Kooperation zur Entwicklung von elektrischen Fahrzeugen vereinbart. Mapna nahm 2019 die erste Ladestation des Landes am Teheraner Milad Tower in Betrieb, auch Schnellladen ist dort möglich. Iran Khodro hat 2020 ein auf Basis des Kleinwagenmodells "Rana" entwickeltes Elektroauto mit einer 30 Kilowattstunden-Batterie präsentiert (Motor: 90 Kilowatt; Reichweite: 220 Kilometer). Die Massenproduktion wurde für 2022 angekündigt. Informationen zum aktuellen Planungsstand liegen aber nicht vor.

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