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Branchen | Iran | Erdöl

Irans Ölindustrie steht in den Startlöchern

Durch die Reaktivierung der US-Sanktionen wurde Irans Ölindustrie hart getroffen. Die erwartete Einigung mit den USA wird zu einem kräftigen Produktions- und Exportanstieg führen.

Von Robert Espey | Dubai

Nach der zu erwartenden Lockerung der US-Sanktionen will die iranische Ölindustrie ihre Potenziale schnellstmöglich wieder voll nutzen. Die gegenwärtig sehr hohen Energiepreise stellen einen zusätzlichen Anreiz dar, den Ölsektor zügig wieder hochzufahren. Die in Wien laufenden Verhandlungen über Sanktionslockerungen stehen kurz vor dem Abschluss.

Ölproduktion und -export sollen schnell hochgefahren werden

Es ist allerdings fraglich, ob die von iranischen Regierungsvertretern angekündigte Produktions- und Exportsteigerung auf das 2018 vor Reaktivierung der US-Sanktionen erreichte Niveau innerhalb nur weniger Monate gelingt. Ölminister Javad Owji erklärt, nur ein bis zwei Monate seien erforderlich, um das damalige Exportniveau wieder zu erreichen.

Dass Iran in der Lage ist, die Ölproduktion nach einer sanktionsbedingten Drosselung relativ schnell wieder zu steigern, konnte 2016 beobachtet werden. Nach Angaben der "BP Statistical Review of World Energy" lag die iranische Ölproduktion (einschließlich Kondensate) 2015 bei durchschnittlich 3,4 Millionen bpd (barrel per day). Für 2016 wird eine Erhöhung auf 4,1 Millionen bpd angegeben. Etwa 4,5 Millionen bpd waren es 2017.

Als Folge der ab 2018 schrittweise reaktivierten US-Sanktionen - die letzten US-Ausnahmegenehmigungen für den Import iranischen Öls liefen im Mai 2019 aus - sank Irans Ölproduktion bis 2020 auf 2,7 Millionen bpd, so die BP-Daten. Beobachter gehen für 2021 von einer signifikanten Zunahme aus. Aufgrund der Sanktionen veröffentlicht Iran derzeit keine Daten.

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Mögliche Szenarien für Entwicklung der Rohölförderung

Die Analysten von Energy Intelligence's Research & Advisory haben im Februar (2022) drei mögliche Szenarien über die weitere Entwicklung des iranischen Ölsektors präsentiert. Das günstigste Szenario (Breakthrough Scenario) weist einen Anstieg der Rohölproduktion von 2,6 Millionen bpd im Februar auf 3,3 Millionen bpd innerhalb von drei Monaten aus, bis Jahresende sollen es 3,7 Millionen bpd sein. Mitte 2023 werden 4 Millionen bpd erwartet.

Alternativ wird ein "Slow-going"-Szenario für möglich gehalten, dass bis Jahresende nur eine Steigerung auf 3,1 Millionen und bis Mitte 2023 auf 3,6 Millionen bpd bringen würde. Bei einem Scheitern der Atomverhandlungen (No-Deal Scenario) wird bis Mitte 2023 ein Absinken der Rohölförderung auf 2,1 Millionen bpd erwartet.

Die Energieberatungsfirma FGE geht davon aus, dass Iran technisch in der Lage ist, die Rohölproduktion bis August/September auf 3,4 Millionen bpd auszuweiten und Ende 2022 etwa 3,7 Millionen bis 3,8 Millionen bpd zu erreichen.

Große Exportmengen kurzfristig verfügbar

Noch deutlich schneller als die Ölproduktion könnten die Exporte gesteigert werden. Iran hat derzeit große Mengen an Rohöl und Kondensaten gelagert, die für eine kurzfristige Auslieferung bereitstehen. Die Schätzungen über die verfügbaren Mengen variieren stark.

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Das Marktforschungsunternehmen Kpler kalkulierte für Mitte Februar (2022), dass Iran auf Tankern (Stationary and In-Transit Floating Storage) rund 100 Millionen bpd lagert, der Großteil soll auf Kondensate entfallen. Allein dieses Volumen würde drei Monate Exporte von 1 Million bpd ermöglichen. Zusätzlich lagert iranisches Öl unverzollt in chinesischen Häfen (Bonded Storage), das sofort freigegeben werden könnte.

Durch Aufhebung der Sanktionen hatten sich die iranischen Ölausfuhren zwischen 2015 und 2017 mehr als verdoppelt. Im Jahresdurchschnitt wurden 2017 etwa 2,5 Millionen bpd exportiert (einschließlich Kondensate; 2015: 1,2 Millionen bpd). In wenigen Monaten wurden Spitzenwerte von 2,8 Millionen bpd erreicht.

Die Reaktivierung der US-Sanktionen ließ die iranischen Ölexporte auf ein sehr niedriges Niveau absinken. Weniger als 0,4 Millionen bpd dürften es 2020 gewesen sein. Diese Ausfuhren gingen im Wesentlichen nach China. Alle anderen führenden Nachfrager iranischen Öls stellten die Importe ein.

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Trotz fortbestehender US-Sanktionen stieg bereits Ende 2020 - nach den von US-Präsident Trump verlorenen Wahlen - der iranische Ölexport signifikant an, so die Expertenschätzungen. Im Jahresdurchschnitt könnten es 2021 zwischen 0,5 Millionen bis 0,7 Millionen bpd gewesen sein. Die Analysten von Petro-Logistics melden für Dezember 2021 einen Anstieg der iranischen Ölexporte auf 1 Million bpd, etwa 0,7 Millionen sollen es im Januar (2022) gewesen sein.

Mittelfristig deutliche Kapazitätserweiterung geplant

Iran strebt an, innerhalb der nächsten acht Jahre seine Rohölförderkapazitäten auf 5,7 Millionen bpd auszuweiten. Die kurzfristig wieder verfügbaren Rohölkapazitäten liegen bei 3,8 Millionen bis 4 Millionen bpd. Es könnten mehr als 1 Million bpd Kondensate hinzukommen. Im Mai 2021 kündigte das Ölministerium an, die Kondensatförderung bis März 2022 von 0,6 Millionen auf 1,3 Millionen bpd erhöhen zu wollen.

Vor Reaktivierung der US-Sanktionen hatte Iran mit westlichen (auch deutschen) Partnern über Beteiligungen an mehr als 50 Öl- und Gasvorhaben verhandelt. Diese Projekte sollten auf Basis des 2016 vorgestellten "Iran Petroleum Contract"-Modells realisiert werden. Nahezu alle Gespräche kamen 2018 zum Stillstand.

Verhandlungen mit China und Russland wurden fortgeführt, zumeist jedoch ohne abschließende Resultate. China könnte aber zukünftig in Irans Öl-, Gas- und Petrochemiesektor eine wichtige Rolle spielen. Auch Russland dürfte eine verstärkte Kooperation anstreben. In Iran besteht aber großes Interesse an einer Rückkehr westlicher Partner.

Ölfelder in West-Karoun haben Priorität

Eine Priorität ist die Entwicklung der mit Irak geteilten Ölfelder in der West-Karoun-Region. Mittelfristig soll dort der Ausstoß auf über 1 Million bpd steigen. Die wichtigsten Ölfelder in West-Karoun sind Nord- und Süd-Azedagan, Yadavaran sowie Nord- und Süd-Yaran. Nach Angaben der National Iranian Oil Company (NIOC) werden für die weitere Entwicklung dieser Vorkommen Investitionen in Höhe von 11 Milliarden US-Dollar benötigt.

Für Beteiligungen an Öl- und Gasprojekten zugelassene Unternehmen

Iran hatte 2016 insgesamt 34 ausländische Unternehmen für Beteiligungen an Öl- und Gasprojekten zugelassen: CEPSA, DNO, ENI, Maersk Oil, OMV, Schlumberger (Niederlande), Shell, Total, Perenco, PGNiG, Wintershall, Gazprom, Gazprom Neft, Rosneft, Tatneft, Zarubezhneft, Lukoil, CNPC, CNOOC International, CNPW, Sinopec, Inpex, ITOCHU, Japan Petroleum Exploration, Mitsubishi Corporation, Mitsui, Pertamina, KOGAS, Posco, ONGC Videsh, Petronas, Socar, PTTEP und Plus Petroleum.


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