Wirtschaftsumfeld | Irland | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Lohnkosten
Nicht nur das regelmäßige Gehalt kommt in die Lohntüte. Wer in Irland sein Personal halten will, muss kreativ sein.
03.02.2022
Von Marc Lehnfeld | Dublin
Löhne und Gehälter
Irlands Arbeitskosten sind im europäischen Vergleich wettbewerbsfähig. Mit einem durchschnittlichen Arbeitskostensatz von 30,50 Euro pro Stunde rangiert die Insel 2020 auf einem moderaten zehnten Platz der teuersten Standorte in der Europäischen Union (EU). Damit liegen die Kosten in Irland zwar über dem EU-Durchschnitt, bleiben aber unter dem deutschen Niveau (36,70 Euro pro Stunde). Das gilt branchenbezogen auch für die Industrie und den Finanzdienstleistungssektor. In der Informations- und Kommunikationsbranche hingegen zeigt sich Irland mit 51,00 Euro pro Stunde teurer als die Bundesrepublik (49,10 Euro pro Stunde).
3. Quartal 2019 | 3. Quartal 2020 | 3. Quartal 20211) | |
---|---|---|---|
Nominal (in Euro)2) | 3.333 | 3.445 | 3.629 |
Nominale Veränderung gegenüber Vorjahreszeitraum (in %) | 3,6 | 3,3 | 5,4 |
Trotz vergleichsweise günstiger Arbeitskosten müssen Personaler mit regelmäßig steigenden Löhnen rechnen. Alleine im 3. Quartal 2021 waren die Arbeitskosten 5,4 Prozent höher als im entsprechenden Vorjahresquartal. Für das Jahr 2022 rechnet der Personaldienstleister Morgan McKinley in seinem Gehaltsbericht mit nominalen Lohnzuwächsen von 5 bis 10 Prozent. Wer Personal in Irland beschäftigt muss auch den gesetzlichen Mindestlohn beachten. Zum 1. Januar 2022 ist dieser für Mitarbeiter, die älter als 20 Jahre sind, auf 10,50 Euro pro Stunde gestiegen.
Position | Dublin | Cork | Limerick | Waterford |
---|---|---|---|---|
Finanzdirektorin in Handel und Industrie | 100.000-125.000 | 100.000-125.000 | 90.000-100.000 | 90.000-100.000 |
Finanzcontrollerin in Handel und Industrie | 75.000-90.000 | 80.000-100.000 | 70.000-80.000 | 65.000-75.000 |
Leiterin Finanz- und Rechnungswesen in Handel und Industrie | 80.000-85.000 | 75.000-80.000 | 60.000-70.000 | 60.000-70.000 |
Kundenserviceleiterin, mehrsprachig | 45.000-55.000 | 40.000-45.000 | 37.000-39.000 | 37.000-40.000 |
Managerin Geschäftsentwicklung, mehrsprachig | 65.000-70.000 | 60.000-65.000 | 58.000-62.000 | 58.000-62.000 |
Maschinenbauingenieurin | 50.000-60.000 | 50.000-60.000 | 45.000-55.000 | 45.000-55.000 |
Lagerleiterin | 46.000-56.000 | 45.000-53.000 | 42.000-48.000 | 42.000-46.000 |
Technische Leiterin in Informationstechnologie | 180.000-210.000 | 170.000-200.000 | 160.000-180.000 | 140.000-160.000 |
IT-Managerin | 85.000-90.000 | 70.000-80.000 | 65.000-75.000 | 65.000-75.000 |
Android Entwicklerin | 60.000-70.000 | 45.000-55.000 | 40.000-50.000 | 40.000-50.000 |
Labormanagerin | 55.000-60.000 | 55.000-60.000 | 55.000-60.000 | 55.000-60.000 |
Labortechnikerin | 28.000-32.000 | 28.000-32.000 | 28.000-32.000 | 28.000-32.000 |
Personaldirektorin | 120.000-140.000 | 110.000-130.000 | 100.000-120.000 | 100.000-120.000 |
Personalmanagerin | 60.000-70.000 | 60.000-65.000 | 60.000-65.000 | 55.000-60.000 |
Internationale Konzerne verzerren das Bild
Innerhalb der irischen Wirtschaft gibt es große Lohnunterschiede. Vor allem internationale Großkonzerne verzerren das Bild, weil sie etwa 40 bis 60 Prozent höhere Gehälter als sonst üblich zahlen. Damit werben sie auch Beschäftigte von anderen Unternehmen ab. Ohnehin bleiben Arbeitnehmer im Durchschnitt nur zwei Jahre auf einem Arbeitsplatz, bevor sie eine neue Stelle suchen. Passt das Gehalt nicht, wechseln Mitarbeiter auch früher. Um den Betrieb nicht durch häufige Personalwechsel zu stören, brauchen Firmen ein aktives Personalmanagement.
Aus Sicht von Jutta Jennings, Head of Human Resources and Communication bei der Deutsch-Irischen Industrie- und Handelskammer (AHK Irland), zahlt sich nachhaltiges Recruiting aus. "Wer nur mit regelmäßigen Gehaltssteigerungen glaubt seine Beschäftigten zu halten, verliert sie auf Dauer doch an die Großkonzerne, die immer höhere Löhne zahlen können", warnt sie. "Ich würde neben den üblichen Vergütungspaketen empfehlen, direkt in den Bewerbungsgesprächen anzusprechen, wenn Beschäftigte für einen längeren Zeitraum gesucht werden. Interessierte kann man dann mit Entwicklungsmöglichkeiten im Betrieb und Weiterbildungen locken. Damit steigt die Loyalität zum Unternehmen."
Der heiß umkämpfte Arbeitsmarkt wird von großen multinationalen US-Konzernen wie Google, Facebook und LinkedIn getrieben, die auf Basis einer niedrigen Unternehmensbesteuerung von Irland aus ihr weltweites Geschäft bedienen. Diese Firmen dürften für deutschsprachige Talente besonders interessant sein, die wegen ihrer Sprachkenntnisse in Dublin oder Cork händeringend gesucht werden.
Wie sehr sich die Ansprüche irischer Arbeitnehmer verändert haben, beschreibt Robert Mac Giolla Phadraig, Chief Customer Officer beim irischen Personaldienstleister Sigmar, dem drittgrößten Anbieter im Land. "Ich stelle fest, dass die Arbeit im Homeoffice das Verhältnis der Beschäftigten zum Arbeitgeber verändert hat. Vor der Coronakrise stand für Mitarbeiter vor allem die persönliche Erfüllung durch den Job im Vordergrund. Nach der Krise geht es vielen verstärkt darum, Teil eines dynamischen Teams zu sein."
Deshalb empfiehlt Mac Giolla Phadraig bei der Personalsuche darauf zu achten, wie gut ein Kandidat in das Team passt. Das fordert den Personalern viel ab, denn laut dem Recruiting-Experten müssen sie bei den Bewerbern zum einen auf Herz und Gemüt achten, andererseits aber auch vermeiden, ein zu homogenes Team zusammenzustellen, denn "Diversität zählt", sagt Mac Giolla Phadraig.
Personaldienstleister berechnen üblicherweise ein Honorar von rund 23 Prozent eines Jahresgehalts. Auch die AHK Irland bietet Personaldienstleistungen an.
NACE 2) | 3. Quartal 2020 | 3. Quartal 2021 1) | Veränderung 3. Quartal 2021/3. Quartal 2020 (in Prozent) |
---|---|---|---|
Insgesamt | 3445 | 3.629 | 5,4 |
Verarbeitendes Gewerbe | 3.772 | 4.025 | 6,7 |
Wasser-, Energie-, Umweltsektor | 4.770 | 4.889 | 2,5 |
Bauwirtschaft | 3.545 | 3.772 | 6,4 |
Handel (inkl. Kfz-Reparatur) | 2.622 | 2.721 | 3,8 |
Transport und Logistik | 3.383 | 3.335 | -1,4 |
Hotel- und Gaststättengewerbe | 1.681 | 1.739 | 3,5 |
Information und Kommunikation | 5.505 | 5.820 | 5,7 |
Finanz-, Versicherungsgewerbe | 4.853 | 5.030 | 3,7 |
Wissenschaftliche und technische Dienstleistungen | 3.929 | 4.480 | 14,0 |
Privatwirtschaftliche Verwaltungsdienstleistungen | 2.705 | 2.966 | 9,7 |
Öffentliche Verwaltung, Abwehr, Sozialversicherung | 4.240 | 4.361 | 2,9 |
Bildung und Erziehung | 3.904 | 4.202 | 7,6 |
Gesundheits- und Sozialwesen | 3.286 | 3.487 | 6,1 |
Kunst, Unterhaltung, sonstige Dienstleistungen | 2.247 | 2.446 | 8,8 |
Weitere Lohnbestandteile
Allein ein gutes Gehalt reicht aber nicht aus, um das Personal im Unternehmen zu halten. Neben Boni gehören nach Einschätzung von Jutta Jennings auch mehr als 25 Urlaubstage im Jahr, eine private Krankenversicherung durch den Arbeitgeber und eine betriebliche Rentenversicherung dazu. "Firmen bieten auch Zusatzleistungen wie Aktienanteile, Wellness-Tage, Mitgliedschaften in Fitnessstudios oder Cocktailabende für die Belegschaft an", berichtet Jennings. "Auch darüber hinaus sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt." Mit attraktiven Leistungen ziehen irische Firmen Talente aus ganz Europa an. Einige Zusatzleistungen treten allerdings erst nach einiger Zeit der Beschäftigung in Kraft, um die Mitarbeiter länger an sich zu binden.
Sozialversicherungsbeiträge
Irland gehört zu den EU-Ländern mit den niedrigsten Lohnnebenkosten. Laut Statistischem Bundesamt lagen diese im Verhältnis zu den Bruttoverdiensten in der gewerblichen Wirtschaft 2020 bei 9 Prozent. Das ist der viertniedrigste Wert in der EU. Der Arbeitgeber führt die Lohnabzüge seiner Arbeitnehmer ab. Das sind neben der Lohnsteuer auch die Abgaben USC (Universal Social Charge) und PRSI (Pay Related Social Insurance). Einen Lohnbuchhaltungsservice bieten zahlreiche kommerzielle Anbieter, wie auch die AHK Irland. Einen ersten Überblick über Lohnabschläge verschafft zum Beispiel der Salary Calculator Ireland.
Die USC ist eine Arbeitnehmerabgabe für soziale Leistungen wie die Gesundheitsfürsorge und fällt ab einem Bruttojahreseinkommen von 13.001 Euro an. Bei der Sozialversicherung PRSI zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber Beiträge als Prozentsatz des Wochenlohns. Die folgende PRSI-Tabelle stellt einen Standardfall dar, bei dem der Arbeitnehmer in die „Klasse A“ für Beschäftigte in der Industrie und im Dienstleistungsgewerbe eingestuft ist.
Wochenentgelt | Arbeitnehmer | Arbeitgeber | Insgesamt |
---|---|---|---|
38 bis 352 Euro | 0 | 8,8 | 8,8 |
352,01 bis 410 Euro | 4 | 8,8 | 12,8 |
410,01 bis 424 Euro | 4 | 11,05 | 15,05 |
über 424 Euro | 4 | 11,05 | 15,05 |