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Chancen auf Israels Markt für Energieeffizienz

Israels will seine rationelle Energieverwendung steigern. Allerdings ist das Problembewusstsein vieler Verbraucher noch gering. Ausländische Anbieter sehen gute Möglichkeiten.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Eine Steigerung der Energieeffizienz ist erklärtes Ziel der israelischen Regierung. Das bietet ausländischen Unternehmen, die sich auf energiesparende Verfahren und Ausrüstungen spezialisieren, zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten. Nach Auffassung des israelischen Energiespezialisten Ofer Keren, Gründer und Generaldirektor der auf Management der Energieressourcen sowie Forschung und Entwicklung spezialisierten Firma Keren Energy, haben deutsche Unternehmen angesichts ihres hohen Fachniveaus hervorragende Chancen, in diesem Segment des israelischen Energiemarktes Erfolge zu erzielen.

Aktuelle Grundlage der israelischen Politik ist ein im Oktober 2021 von der Regierung als verbindlich verabschiedeter Plan zur Erhöhung der Energieeffizienz. Demnach soll der Energieverbrauch 2030 um 17 Prozent niedriger liegen, als es unter Beibehaltung der bisherigen Politik der Fall wäre (Buisiness-as-usual-Szenario).

Mangelndes Verständnis und wenige Anreize

Allerdings sehen sich potenzielle ausländische Anbieter, so Keren, einem erheblichen Hindernis gegenüber, dessen Überwindung für den Markterfolg entscheidend wichtig sei. Zwar werde in Israel bereits seit Längerem über energetische Rationalisierung gesprochen. Der erste in diese Richtung zielende - inzwischen aktualisierte - Regierungsbeschluss sei bereits 2015 gefasst worden. Dennoch mangele es sowohl bei staatlichen Institutionen als auch in der gewerblichen Wirtschaft an Problembewusstsein und an Anreizen, die erforderlichen Lösungen in die Wege zu leiten.

Als ein Beispiel, das dieses Problem verdeutlicht, nennt Keren regierungseigene Krankenhäuser. Diese würden vom Staat finanziert, doch fehle ein Anreizmechanismus für Energieeffizienz, weil die Hospitäler für Energieeinsparungen nicht belohnt würden und eingesparte Energiekosten nicht für andere Zwecke wie den Erwerb dringend benötigter neuer medizinischer Ausrüstungen verwenden könnten. Vielmehr würden die eingesparten Gelder an die Staatskasse zurückfließen.

Trotz Bedarfs ungenügende Investitionsbereitschaft

Daher sei die Bereitschaft, in Energieeffizienz zu investieren, ja sogar auf Energieeinsparungen im laufenden Betrieb zu achten, gering. Beispielsweise werde selten darauf geachtet, energieintensive Ausrüstungen wie etwa Klimaanlagen abzuschalten, wenn kein wirklicher Bedarf nach ihnen besteht.

Die Folge: Ein israelisches Krankenhaus verbrauche im Durchschnitt dreimal so viel Energie wie ein vergleichbares Krankenhaus in Deutschland. Daher sei allein schon ein gestiegenes Bewusstsein für Energiekosten ein guter Einstieg. Das habe das gemeinnützige, aber in privater Trägerschaft stehende Universitätskrankenhauses Shaarei Zedek in Jerusalem gezeigt. Wegen einer kostenbewussteren Etatpolitik lägen die Energieausgaben je Krankenbett dort um 28 Prozent unter dem Durchschnittsniveau der regierungseigenen Krankenhäuser.

Wie Keren betont, ließen sich die Beispiele mehren. Auch wenn es einige positive Entwicklungen gibt, beispielsweise in den Kommunen, habe die Einsicht in die Notwendigkeit, den Energieverbrauch zu rationalisieren, unter dem Strich kaum Fortschritte gemacht.

Energieeffizienz auch in Unternehmen vernachlässigt

Sogar in der gewerblichen Wirtschaft hapere es mit dem Energiebewusstsein. Zwar gebe es eine Reihe von Betrieben, die erfolgreiche Energiesparprogramme durchgeführt hätten, das Gros aber habe es nicht getan. Vielen Managern und Unternehmern sei nicht einmal der Umfang der möglichen Ersparnisse bewusst.

Daher werde das Energiemanagement in zahlreichen Firmen relativ niedrig in der Unternehmenshierarchie angesiedelt. Zudem würden Energieeffizienzstudien, die als Grundlage für Rationalisierungsprogramme dienen, oft nicht fachgerecht durchgeführt, sodass der Fragenkomplex „Energie“ auch in vielen Unternehmen außen vor bleibe.

Kunden durch Erfolge überzeugen

Die große Frage lautet, wie das fehlende Problembewusstsein überwunden und das Interesse potenzieller israelischer Kunden geweckt werden kann. Nach Kerens Meinung ist es für deutsche Unternehmen besonders erfolgversprechend, israelische Entscheidungsträger aus dem öffentlichen wie aus dem gewerblichen Sektor nach Deutschland zu bringen, damit sie sich vor Ort mit konkreten Beispielen erfolgreicher Strategie für Energieeffizienz vertraut machen können. Für die Wirksamkeit der Geschäftsanbahnung auf diesem Weg gebe es bereits erfolgreiche Beispiele.

Das ESCO-Modell, bei dem die Kunden keine Investitionen tätigen müssen und der Energiedienstleister aus den erzielten Energieersparnissen bezahlt wird, sei in Israel nur bedingt tauglich. Einer der Gründe dafür sei, dass israelische Energieverbraucher in einer Reihe von Fällen schlechte Erfahrungen mit einheimischen Energiedienstleistern gemacht hätten. Zudem sei Kapital für Energieeffizienzprojekte leicht zu beschaffen. Banken zeigten hohe Bereitschaft, Darlehen für solche Projekte zur Verfügung zu stellen, und auch die Regierung fördere Investitionen in Energieeffizienz. Das lasse aus der Sicht potenzieller israelischer Kunden die Langzeitbindung an einen ESCO-Partner oft unnötig erscheinen.

Planung und Beratung aus dem Ausland gefragt

Sind israelische Unternehmen erst einmal von der Rentabilität eines Energieeffizienzprojekts überzeugt, so Keren, ziehen sie es häufig vor, die Planungs- und Beratungsdienste eines Energiefachunternehmens zu erwerben und die für das jeweilige Projekt erforderlichen Maschinen- und Ausrüstungsinvestitionen selbst zu tätigen.

Für die Suche nach potenziellen israelischen Kunden gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen steht die AHK Israel deutschen Unternehmen auf Wunsch bei der Kontaktvermittlung zur Verfügung. Zum anderen sind israelische Energieberater oft eine erfolgversprechende Kontaktstelle zu Kunden im gewerblichen wie im öffentlichen Sektor. Die israelische Industriellenvereinigung (Israel Manufacturers‘ Association), die vor allem größere Unternehmen vertritt, kann bei der Kontaktvermittlung zum verarbeitenden Gewerbe hilfreich sein.

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