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Branchen | Israel | Erdgaswirtschaft

Erdgaslieferungen an die EU sind ein aktuelles Thema

Die Suche der EU nach neuen Energiequellen setzt Erdgasimporte aus Israel verstärkt auf die Tagesordnung. Davor sind jedoch wichtige Fragen zu Verträgen und Rentabilität zu klären.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Aufgrund der durch den Ukraine-Krieg veränderten europäischen Energieimportpolitik gewinnt die Frage israelischer Erdgasexporte in die EU an Aktualität. Wie das israelische Energieministerium (Ministry of Energy) im April 2022 gegenüber Germany Trade and Invest erklärte, soll eine gemeinsame Arbeitsgruppe der EU und der israelischen Regierung prüfen, inwieweit solche Lieferungen möglich sind.

Exploration geht weiter

Die nachgewiesenen israelischen Erdgasvorkommen werden mit 850 Milliarden Kubikmeter beziffert. Allerdings werden in den Wirtschaftsgewässern des Landes weitere Vorkommen vermutet, nach denen auch gesucht wird.

Zwar hat Energieministerin Karine Elharar im Dezember 2021 angekündigt, 2022 keine neuen Suchlizenzen zu gewähren und die Bemühungen ihres Ressorts stärker auf erneuerbare Energien zu richten. Indessen gehen bereits genehmigte Explorationsprojekte weiter. Zudem soll der Genehmigungsstopp für die Suche nach weiteren Vorkommen nunmehr überdacht werden. 

Nach Berechnungen des Energieministeriums wird Israel bis 2045 insgesamt circa 480 Milliarden Kubikmeter Erdgas für den Eigengebrauch benötigen. Im Jahr 2021 verbrauchte das Land für den Eigenbedarf 10 Milliarden Kubikmeter, doch wird der einheimische Verbrauch im Zuge fortschreitender Umstellung der Energiewirtschaft von Erdöl auf Erdgas und wegen anhaltenden Wirtschaftswachstums offiziellen Prognosen zufolge schnell steigen und 2040 rund 23 Milliarden Kubikmeter erreichen.

Exportfähige Erdgasmenge noch unklar

Aus der Bedarfsschätzung ergibt sich, dass Israel bis 2045 rund 56 Prozent der heute nachgewiesenen Reserven für sich selbst benötigen würde. Über das künftige Exportpotenzial gibt es nur Mutmaßungen. Allerdings schätzte der ehemalige israelische Energieminister Yuval Steinitz im April 2022 gegenüber dem Nachrichtenportal Times of Israel, die Erdgasmengen, die Israel bis 2050 exportieren könne, auf 600 Milliarden Kubikmeter.

Damit könnte Israel zumindest eine bestimmte Rolle als Europas Erdgaslieferant spielen. Bevor eine genaue Feststellung getroffen werden kann, müssen allerdings nicht nur die lieferfähigen Gasmengen, sondern auch die Transportwege und der Zeitplan geklärt werden.

In der kurzen Frist böte sich eine Erhöhung der israelischen Erdgasexporte nach Ägypten, das diese mithilfe von Verflüssigungsanlagen als LNG nach Europa verschicken könnte. Ein weiterer möglicher Exportweg wäre der Bau einer Verflüssigungsanlage an Israels Mittelmeerküste. Eine längerfristige Lösung könnte indessen die Verlegung unterseeischer Erdgastransportleitungen verlangen.

Unterseeische Pipelines nur mit Langfristverträgen

Die Idee, Europa auf diesem Weg mit Erdgas zu beliefern, ist an sich nicht neu. Eine von der israelischen Regierung befürwortete Lösung ist der Bau einer unterseeischen Transportleitung für Erdgas aus israelischen und zypriotischen Offshore-Feldern. Indessen ist es mit Blick auf dieses Projekt bisher zu keiner Beschlussfassung gekommen, nicht zuletzt wegen der auf 6 Milliarden bis 7 Milliarden Euro geschätzten Baukosten. Als dann auch noch die USA im Januar 2022 Bedenken gegen das Vorhaben anmeldeten, galt EastMed, wie die Erdgasleitung heißen soll, als abgeschrieben.

Inwieweit die europäischen Pläne, für die Erdgasversorgung der EU andere Quellen zu beanspruchen, EastMed wieder relevant machen, wird zu den zwischen Israel und der EU zu besprechenden Themen gehören. In jedem Fall ist zu bedenken, dass der Bau der 1.900 Kilometer langen Leitung mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde. Außerdem würde sie nur den Transport von 10 Milliarden Kubikmeter pro Jahr ermöglichen, die zudem teilweise aus zypriotischen Vorkommen stammen müssten. Damit würde EastMed Israel wahrscheinlich nicht die volle Ausschöpfung seines Exportpotenzials ermöglichen.

Als eine weitere Lösung wird der Bau einer Erdgaspipeline von den Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer an die Südküste der Türkei angedacht. Mit einer Länge von schätzungsweise 550 Kilometern könnte eine solche Leitung rund 1,5 Milliarden US-Dollar kosten. Allerdings drohen politische Spannungen im östlichen Mittelmeerraum ein solches Vorhaben zu erschweren.

Der Bau einer wie immer gearteten Pipeline würde langfristige Lieferverträge voraussetzen, ohne die die Rentabilität des Projekts nicht gewährleistet wäre. Das setzt energiepolitische Entscheidungen ebenso wie eine Wirtschaftlichkeitsprüfung voraus.

Geschäftschancen und ausländisches Kapital

Trotz der zu klärenden Fragen sind israelische Gasexporte nach Europa nun wahrscheinlicher als noch vor wenigen Monaten. Ihre Realisierung würde zahlreiche Geschäftschancen schaffen. Deshalb werden interessierte Unternehmen die weitere Entwicklung dieses Vorhabens aufmerksam beobachten.

Das größte israelische Erdgasfeld ist Leviathan, wo die Erdgasförderung 2019 angelaufen ist. Bereits seit Ende 2013 wird das Tamar-Vorkommen ausgebeutet. 2022 sollen zwei weitere, kleinere Felder, Karish und Tanin die Förderung aufnehmen. Die israelische Erdgaswirtschaft zieht ausländisches Kapital an. So ist der amerikanische Energiekonzern Chevron sowohl an Leviathan als auch an Tamar beteiligt, während Karish und Tanin dem britischen Erdgasunternehmen Energean gehören.

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