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Israel will seinen Fotovoltaiksektor retten

Das Zwischenziel für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wurde krachend verfehlt. Jetzt will die Regierung das Steuer herumreißen. Daraus ergeben sich Geschäftschancen.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Trotz Rückschlägen hält Israels Energieministerium (Ministry of Energy) an dem Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis 2030 auf 30 Prozent zu erhöhen, fest. Das hat im Februar 2022 der Generaldirektor des Energieministeriums, Lior Shilat, bei einer parlamentarischen Anhörung erklärt. Zu diesem Zweck arbeite das Ressort revidierte Entwicklungspläne aus.

Das Umweltschutzministerium (Ministry of Environmental Protection) hält sogar einen Anteil von 40 Prozent für realistisch. Ob nun aber 30 oder 40 Prozent angestrebt werden: Leicht wird das nicht werden, nachdem die ursprünglich für 2020 festgelegte Vorgabe, 10 Prozent des israelischen Stroms mithilfe erneuerbarer Energien zu erzeugen, nicht einmal annähernd erreicht wurde.

Vorgabe für 2020 war Wunschdenken

Im Februar 2022 erklärte das Umweltschutzministerium aufgrund endgültiger statistischer Erfassung, 2020 hätten erneuerbare Energien lediglich 6 Prozent zur Elektrizitätserzeugung beigetragen. Damit muss es in den kommenden Jahren einen massiven Investitionsschub in die Nutzung der Renewables geben, wenn Israel nicht vollends ins Hintertreffen geraten will.

Letzteres kann es sich aber allein schon aufgrund der von der Regierung eingegangenen internationalen Verpflichtungen zur Bekämpfung des Klimawandels schlecht leisten. Damit sind die politischen Rahmenbedingungen für neue Investitionen günstig. Hauptsächlich wird es dabei um fotovoltaische Anlagen (PV) gehen, auf die nahezu die gesamte Stromerzeugung aus nichtfossilen Quellen entfällt.

Investitionen in Kraftanlagen und in das Stromnetz erforderlich

Nach Berechnungen einer vom Umweltschutzministerium eingesetzten Fachkommission müssen zur Erreichung eines 40-Prozent-Anteils an der Stromerzeugung bis 2030 solare Erzeugungskapazitäten von 20 Gigawatt installiert und Energiespeicherkapazitäten von 33 Gigawattstunden aufgebaut werden. Auch wenn nur ein 30-Prozent-Anteil angestrebt wird,  bleibt der Investitionsbedarf auch dann hoch.

Das Stromnetz braucht ebenfalls erhebliche Investitionsmittel. Zum einen wurde es, wie beispielsweise eine Studie des Informations- und Forschungszentrums des Parlaments beklagte, jahrzehntelang unterfinanziert.

Zum anderen muss es nicht nur ausgebaut, sondern auch an das PV-Zeitalter adaptiert werden. Laut Empfehlungen der Kommission des Umweltschutzressorts gehört dazu unter anderem die Installierung von Transformatoren, Umspannwerken sowie Kontroll- und Regelsystemen. Diese müssten nicht nur adäquate Kapazitäten im Allgemeinen aufweisen, sondern auch für eine Bevorzugung der Solarenergie im Besonderen ausgelegt sein.

Kontroll- und Regelsysteme brauche aber nicht nur das Stromnetz, sondern auch die fotovoltaischen Kraftanlagen und deren Energiespeicher, damit ihre Stromeinspeisung ins Netz optimiert werde und sie zudem als Reservekraftwerke dienen könnten. Begleitend dazu, so die Kommission, seien Verfahren und Computersysteme zur besseren Prognostizierbarkeit des Strombedarfs erforderlich.

Ein weiteres Problem, das es zu lösen gilt: An bestimmten Standorten reicht die Netzkapazität nicht aus, um fotovoltaische Anlagen zügig anzuschließen. Die Folge sind häufig lange Wartezeiten, bis ein PV-Kraftwerk ans Netz gehen kann. Auch das muss bei der Investitionsplanung gebührend berücksichtigt werden.

Bessere Marktregulierung gefordert

Da fotovoltaische Stromerzeugung privatwirtschaftlich aufgestellt ist, wäre der beschleunigte Bau von PV-Kraftwerken von Privatinvestoren zu finanzieren. Dies gilt als grundsätzlich machbar, da sich eine Reihe israelischer Unternehmen auf den Bau und Betrieb solcher Kraftanlagen spezialisiert – oft im Ausland – und reichhaltige Erfahrung auf diesem Gebiet hat.

Allerdings vertreten Marktteilnehmer die Auffassung, dass die gegenwärtige Marktregulierung die Durchführung vieler Projekte vereitelt. Bei einer von der israelischen Wirtschaftszeitung Globes durchgeführten Befragung von Fotovoltaikunternehmen wurde nicht zuletzt das Verfahren zur Vergabe von Erzeugungsquoten kritisiert. Anders als in anderen Ländern, so die Kritik, müssten sich Solarinvestoren in Israel im Rahmen von Ausschreibungen der Strombehörde (Electricity Authority) um Anteile an den jeweils ausgeschriebenen Quoten bewerben. Bewerber, die leer ausgingen, seien genötigt, die nächste Ausschreibungsrunde abzuwarten.

Zudem müssten Solarstromerzeuger ihren Strom an den Staat verkaufen und könnten sich nicht direkt mit Endabnehmern ins Benehmen setzen. Auch das behindere die Entwicklung des PV-Sektors.

Platz für Großanlagen nötig

Schließlich, so ein weiterer Vorwurf an die Energiepolitik, werde die Vergabe von Böden für großflächige Anlagen vom Staat zu stark begrenzt. Israel setzt daher nicht nur auf Bodenkraftanlagen, sondern auch auf die Errichtung fotovoltaischer Anlagen auf Flächen wie Wasserreservoirs, Dächer, Betriebsgelände und dergleichen mehr. Zwar ist möglichst intensive Nutzung solcher alternativen Flächen für fotovoltaische Stromerzeugung eine Vorgabe der Regierung und wird auch in den kommenden Jahren anhalten. Dennoch stellt die strikte Begrenzung der für Bodenanlagen freigegebenen Flächen nach Meinung von Fotovoltaikfirmen ein Investitionshindernis dar.

Nun ist Israel in der Tat ein kleines und dicht besiedeltes Land, dessen Bodenreserven sehr knapp sind. Dennoch wird sich die Regierung bei dem angestrebten schnellen Ausbau der Solarkapazitäten überlegen müssen, ob sie PV-Großanlagen bei der Bodennutzung keine höhere Priorität als bisher zuerkennt.

Mehr Geschäftschancen

Die anvisierte Beschleunigung der Investitionen in den PV-Sektor und das Stromnetz würde ausländischen Unternehmen neue Geschäftsmöglichkeiten öffnen. Das gilt sowohl für Zulieferungen als auch für die Teilnahme an Investitionsprojekten.


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