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Israels Hafenwirtschaft setzt auf schnelle Expansion

Die Inbetriebnahme zweier neuer Häfen erhöht sprunghaft die Umschlagkapazität. Die Auslastung der Hafenanlagen soll durch die Erschließung neuer Kundenkreise sichergestellt werden.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Anfang September 2021 wurde in Israel ein neuer Handelshafen in Betrieb genommen. Dabei handelt es sich um den sogenannten Bayport in Haifa, der von der Shanghai International Port Group (SIPG) auf privatwirtschaftlicher Basis für die Dauer von 25 Jahren betrieben wird. Bis Ende 2021 ist die Eröffnung eines zweiten privatwirtschaftlichen Hafens, des Southport, in Ashdod geplant, der von der schweizerischen Terminal Investment Limited betrieben werden soll.

Private Konkurrenz für staatliche Häfen

Bayport und Southport werden in direktem Wettbewerb zu den bestehenden staatseigenen Handelshäfen - auch sie in Haifa beziehungsweise in Ashdod angesiedelt - stehen. Von der Inbetriebnahme der beiden neuen Häfen verspricht sich die Regierung eine effizientere Abfertigung von Handelsschiffen, einen Abbau der Wartezeiten, einen Rückgang der Hafengebühren und damit auch einen Beitrag zur Senkung der Lebenshaltungskosten.

Die neuen Häfen können mit einigen Pluspunkten an den Start gehen. Insbesondere sind sie auf die Abfertigung größerer Schiffe als die bestehenden Häfen ausgelegt: bis zu 24.000 TEU. Damit können sie Schiffe abfertigen, deren Fracht beim Anlaufen der alten Häfen anderswo umgeladen werden musste.

Allerdings dürfte dieser Vorteil nur vorübergehender Natur sein. Nach Regierungsplänen sollen die staatlichen Häfen in Haifa und Ashdod fit für die Zukunft gemacht werden. In Ashdod sind Ausbauinvestitionen angesagt, während der Hafen von Haifa bereits zum Verkauf an Privatinvestoren ausgeschrieben wurde. Wie das Verkehrsministerium (Ministry of Transportation and Road Safety) gegenüber Germany Trade & Invest erklärte, schreitet die Ausschreibung voran.

Mehr Warenumschlag muss her

Indessen ist der gegenwärtige Warenumschlag in den israelischen Häfen zu klein, um allen Hafengesellschaften, den alten wie den neuen, ausreichende Kapazitätsauslastung zu ermöglichen. Das gilt insbesondere für den Containerverkehr. So wurden in Israel 2020 Container im Umfang von 3,1 Millionen TEU gelöscht oder geladen. Demgegenüber ist Bayport auf einen Umschlag von 1,9 Millionen TEU im Jahr ausgelegt. Der Southport soll sogar eine Umschlagkapazität von 2,1 Millionen TEU vorweisen. Da der Warenumschlag im Allgemeinen und der Containerumschlag im Besonderen in den letzten Jahren stagnieren, könnte eine so radikale Kapazitätsaufstockung die vier großen Häfen in einen ruinösen Wettbewerb stürzen.

Allerdings geht das Verkehrsministerium nicht nur davon aus, dass die israelischen Außenhandelsströme in den kommenden Jahren zu dem Wachstumstrend, der in der zweiten Hälfte des letzten Jahrzehnts ausgesetzt hat, zurückkehren werden. Vielmehr erwartet das Ressort auch eine Expansion von Frachtströmen für das östliche Mittelmeer. Dies würde es den Häfen an der israelischen Mittelmeerküste erlauben, stärker die HUB-Funktion zugunsten kleinerer Häfen in anderen Ländern der östlichen Mittelmeerregion zu übernehmen. Die erhöhte Kapazität der israelischen Häfen könne, so das Verkehrsministerium, auch im Nahen Osten und in anderen Ländern das Interesse an israelischen Hafendiensten wecken.

Einbindung in internationale Routen angestrebt

Grundsätzliche Überlegungen, die israelischen Häfen in internationale Transportrouten einzubinden, sind an sich nicht neu, doch wurden sie bisher nicht umgesetzt. Die älteste dieser Ideen ist der Bau einer Eisenbahnstrecke von der am Roten Meer gelegenen Hafenstadt Eilat zum Mittelmeerhafen von Ashdod. Anfang des letzten Jahrzehnts trieb israelische Regierung das Projekt als Landbrücke für Warentransporte aus Fernost in westliche Industrieländer voran. Es wurde sogar der Entwurf eines Regierungsabkommens zwischen Israel und China zum Bau dieser Bahnstrecke durch ein chinesisches Unternehmen erstellt. Indessen schnellten die Kostenschätzungen des Projekts mit der Zeit rapide nach oben und überschritten die Marke von 10 Milliarden US-Dollar. Die Rentabilität des Vorhabens geriet immer stärker in Zweifel, zumal neben dem Bahnbau auch der kleine Hafen von Eilat zu einem internationalen Hafen ausgebaut werden müsste. Jedenfalls schritt das Projekt nicht voran.

Als eine Alternative wird die Eisenbahnanbindung des jordanischen Rotmeerhafens Akaba an das israelische Eisenbahnnetz und damit an den Hafen von Haifa erwogen. Auf diesem Weg könnten Waren sowohl aus dem Fernen Osten als auch aus Ländern des Persischen Golfs über Jordanien nach Haifa befördert werden. Die 2020 unterzeichneten Normalisierungsabkommen zwischen Israel und den vereinigten Arabischen Emiraten sowie Bahrein könnten, wie Israel hofft, eine Grundlage dafür schaffen. Allerdings wäre ein solches Vorhaben, auch auf der jordanischen Seite der Grenze, sehr kostenintensiv.

Trotz potenzieller Probleme meint es Israel ernst

Beide Vorhaben könnten zudem auf politische Schwierigkeiten stoßen. Zum einen gibt es in Israel Warnungen, eine Landbrücke, die letztendlich mit dem Suezkanal in Konkurrenz träte, würde auf heftigen Widerstand Ägyptens stoßen. Zum anderen könnten die Vorhaben in die von China anvisierte „Neuen Seidenstraße“ eingebunden werden – dies während Washington bemüht ist, den globalen Einfluss Chinas einzudämmen.

Dennoch unterliegt es keinem Zweifel, dass die israelische Regierung es mit der Einbindung israelischer Häfen in den internationalen Gütertransport ernst meint. Im März 2021 hat die israelische Kommission für nationale Infrastruktur bereits über die Schaffung einer angemessenen Bahnanbindung von Haifa an die jordanische Grenze im Landesnorden beraten. Die Vorteile einer Internationalisierung der Häfen wären für Israel groß. Daher dürfte der internationalen Geschäftswelt die einschlägigen israelischen Bemühungen mit Interesse beobachten: sowohl wegen ihrer potenziellen Bedeutung für internationale Transportwege als auch wegen der hohen Infrastrukturinvestitionen, die die Realisierung dieses Vorhabens mit sich bringen würde.


Warenumschlag der israelischen Handelshäfen 2016 - 2020, Tsd. t.

Fracht

2016

2017  

2018

2019

2020

Insgesamt (verladen und gelöscht)

57.049

57.936

58.716

57.693

57.453

1. Verladen

20.738

20.506

20.234

19.610

19.124

1.1. Haifa

10.151

10.112

10.416

10.107

9.140

1.2. Ashdod

8.694

8.375

7.702

7.751

7.909

1.3. Eilat 1)

1.891

2.019

2.113

1.752

2.075

1.4. Israel Shipyards 2)

2

0

3

0

0

2. Gelöscht

36.311

37.430

38.482

38.083

38.329

2.1. Haifa  

17.877

19.139

19.118

18.977

17.656

2.2. Ashdod

15.392

15.210

15.772

15.838

16.066

2.3. Eilat

219

153

175

193

149

2.4. Israel Shipyards

2.823

2.928

3.417

3.075

4.458

1) staatseigener, in Lizenz von einem Privatunternehmen betriebener Hafen 2) privater HafenQuelle: Vierteljahresschrift zur Transportstatistik, diverse Ausgaben, Zentralamt für Statistik (Central Bureau of Statistics)

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