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Israels Metallindustrie hat einen schweren Stand gegen Importe
Die gute Baukonjunktur sorgt für einen hohen Bedarf an Produkten der Metallerzeugung und -bearbeitung. Im Jahr 2021 haben vor allem ausländische Anbieter davon profitiert.
30.08.2022
Von Wladimir Struminski | Jerusalem
In der israelischen Wirtschaft herrscht eine rege Nachfrage nach Metallen und Metallhalbwaren. Die zweitgrößte Bank des Landes, Bank Leumi le-Israel, erläuterte in einer im April 2022 veröffentlichten Analyse, dass dieser Bedarf hauptsächlich von der Bauwirtschaft ausgeht. Demgegenüber ist die Nachfrage der Industrie viel geringer, nicht zuletzt, weil Israel über keine eigene Kfz-Produktion verfügt.
Bautätigkeit hat sich schnell erholt
Für den wachsenden Bedarf ist die schnelle Erholung der im ersten Coronajahr 2020 gedämpften Bautätigkeit ausschlaggebend. Die Bauinvestitionen 2021 haben bemessen in der Landeswährung gegenüber dem Vorjahr inflationsbereinigt um 10,5 Prozent zugenommen und damit den coronabedingten Rückgang mehr als ausgeglichen. Dabei hat sich das Investitionswachstum im Jahresverlauf beschleunigt.
Die verstärkte Bautätigkeit wird aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren anhalten. Das gilt sowohl für die Errichtung von Gebäuden ebenso wie für Infrastrukturprojekte.
Positive Aussichten trotz Störfaktoren
Israel ist wie andere Länder von coronabedingten Lieferkettenstörungen und den daraus resultierenden Preissteigerungen für Metalle betroffen. Im Jahr 2022 kommt der Krieg in der Ukraine als weiterer Störfaktor hinzu.
Allerdings haben sich, so die Bank Leumi le-Israel, viele Bauunternehmen durch Importe auf Vorrat und eine Erhöhung ihrer Lagerbestände teilweise gegen weitere Preissteigerungen abgesichert. Hinzu kommt, dass viele Bauverträge es den Bauunternehmen ermöglichen, die vertraglich vereinbarten Preise durch eine Koppelung an den Preisindex der Baustoffe zu erhöhen. Das hat zwar Nachteile für die Käufer, erleichtert es aber den betroffenen Firmen, ihre Rentabilität zu wahren.
Schließlich geht die Bank davon aus, dass sich die Liefersituation mit der Zeit stabilisiert und die Produktionskosten der Metallbranche sinken. Insgesamt sei deshalb trotz der gegenwärtigen Turbulenzen weiterhin eine kräftige Nachfrage nach Metallprodukten zu erwarten.
Einfuhr 2021 in die Höhe geschnellt
Von der starken Nachfrage in der Branche haben 2021 vor allem ausländische Anbieter profitiert. Die Einfuhr unedler Metalle und entsprechender Waren (HS-Abschnitt XV) schnellte um 38,9 Prozent in die Höhe.
Laut Analyse der Bank Leumi le-Israel war zwar ein Großteil dieses Anstiegs dem höheren Preisniveau geschuldet, allerdings habe die Einfuhr auch preisbereinigt zugenommen.
Einheimische Wertschöpfung gesunken
Demgegenüber konnten die einheimischen Hersteller 2021 vom Nachfrageboom nicht profitieren. Zwar nahm ihr Umsatz in Landeswährung nominal um 7,9 Prozent und in US-Dollar berechnet sogar um 14,9 Prozent zu, allerdings war dieses Umsatzwachstum im Gegensatz zu den Importen allein den gestiegenen Preisen geschuldet. Die reale Wertschöpfung der israelischen Hersteller ging sogar stark um 12,2 Prozent zurück.
Zwar sind die Definitionen der Metallbranche gemäß der Industrie- beziehungsweise Außenhandelsstatistik nicht identisch, doch zeigen die Daten übereinstimmend, dass der israelische Markt großenteils von Einfuhren dominiert wird. Durch das schnelle Importwachstum nahm der Anteil ausländischer Erzeugnisse 2021 weiter zu.
Das stellt für einheimische Betriebe ein Problem dar. Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, werden viele Metallhersteller Rationalisierungsinvestitionen tätigen und ihre Produktivität steigern müssen. Durch den gestiegenen Importdruck kann es zu einer Marktbereinigung kommen. Bereits 2021 schrumpfte der Beschäftigungsstand der Metallbranche um 7,2 Prozent.
Branchenumsatz und Einfuhr von Metallhalbwaren 2017 bis 2021 (Millionen US$)
Jahr | Umsatz der einheimischen Branche (Binnenpreisangaben, umgerechnet)1) | Davon: Binnenmarktumsatz2) | Einfuhr3) | Davon: Einfuhr aus Deutschland |
---|---|---|---|---|
2017 | 2.965 | 2.539 | 3.927 | 248 |
2018 | 3.392 | 3.182 | 4.711 | 248 |
2019 | 3.382 | 3.190 | 4.542 | 257 |
2020 | 3.648 | 3.450 | 4.473 | 231 |
2021 | 4.193 | 3.960 | 6.212 | 280 |
Eisen und Stahl dominieren
Das Gros der einheimischen Produktion entfällt auf Eisen und Stahl. Nach jüngsten verfügbaren offiziellen Daten entfielen 2019 auf diese Position 72,6 Prozent des Umsatzes, gefolgt von Nichteisen-Metallen mit 17,4 Prozent und Metallgießereien mit 10 Prozent.
Auch bei der Einfuhr liegen Eisen und Stahl (HS-Kapitel 72) und aus ihnen hergestellte Produkte (HS-Kapitel 73) vorn. Im Jahr 2021 stellten diese beiden Kapitel insgesamt 64,4 Prozent der Einfuhr des HS-Abschnitts XV.
Türkei und China führen – deutscher Marktanteil gesunken
Die bei weitem führenden Lieferländer waren 2021 die Türkei und China. Erst mit großem Abstand folgten die USA und Deutschland auf Rang 3 und 4.
Deutsche Lieferanten konnten am Importboom von 2021 nur zum Teil partizipieren. Die Einfuhr aus der Bundesrepublik stieg zwar um 21,2 Prozent, doch lag diese Zunahme prozentual unter dem Gesamtanstieg der Lieferungen aus dem Ausland. Deshalb ging der deutsche Importmarktanteil von 5,2 Prozent im Vorjahr auf 4,5 Prozent zurück.
Führende Lieferländer für Produkte der Metallerzeugung und -bearbeitung 2021 (Millionen US$)
Land | Einfuhr | Importmarktanteil in Prozent |
---|---|---|
Türkei | 1.407 | 22,6 |
China | 1.181 | 19,0 |
USA | 381 | 6,1 |
Deutschland | 280 | 4,5 |
Italien | 251 | 4,0 |
Spanien | 177 | 2,8 |
Singapur | 114 | 1,8 |
Indien | 106 | 1,7 |
Vereinigtes Königreich | 91 | 1,5 |
Österreich | 60 | 1,0 |