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Marketing im arabischen Sektor will gekonnt sein

Viele israelische Verkäufer begehen Fehler im Umgang mit arabischen Verbrauchern.  Ausländische Anbieter sollten sicherstellen, dass das beim Absatz ihrer Produkte nicht passiert.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Laut der israelischen Amtsstatistik stellen Araber mit 2,1 Millionen Menschen 22 Prozent der Landesbevölkerung. Wohlgemerkt leben rund 400.000 von ihnen in dem von Israel annektierten und von der Völkergemeinschaft nicht als israelisches Staatsgebiet anerkannten Ostjerusalem, und weitere 20.000 auf den seit 1967 besetzten und ebenfalls annektierten Golanhöhen. Unter Ausschluss dieser beiden Gruppen geht der arabische Anteil auf rund 18 Prozent zurück.

Erhebliche Nachfragemacht

Dennoch: Wie immer gerechnet wird, stellen arabische Verbraucher eine erhebliche Nachfragemacht auf dem israelischen Markt dar. Trotzdem machen sich bei Weitem nicht alle israelischen Handelsunternehmen und Hersteller von Konsumgütern die Mühe, arabische Käufer adäquat anzusprechen. Damit droht ihnen ein Teil des im arabischen Sektor bestehenden Absatzpotenzials zu entgehen. Dieses Risiko besteht natürlich auch bei importierten Produkten. Deshalb kann es sich für ausländische Exporteure empfehlen, sich zumindest der Grundregeln dieses Marktsegments bewusst zu sein und sicherzustellen, dass ihre lokalen Vertriebspartner diese Regeln beachten.

Die korrekte Ansprache arabischer Verbraucher ist auch für die Zukunft wichtig. Zwar liegt das Einkommen arabischer Haushalte unter dem Landesdurchschnitt, doch belegt die Wirtschaftsforschung, dass der Anteil der Mittelklasse an der arabischen Bevölkerung wächst. Dieser Prozess wird in den kommenden Jahren anhalten und die Kaufkraft der arabischen Bevölkerung inklusive der Nachfrage nach Gütern des gehobenen Bedarfs steigern.

Grundregeln beachten

Bei der Ansprache arabischer Konsumenten, so Hisham Yazbak, Generaldirektor der auf den arabischen Sektor spezialisierten Marketingagentur Marketing C.i. in Nazareth, gelte es, eine Reihe von Aspekten zu beachten. So legten arabische Bürger nicht nur Wert auf arabischsprachige, sondern auch auf respektvolle Werbung. Dabei hängen Sprache und Respekt oft zusammen. In vielen Fällen, so Yazbak, übertrügen hebräischsprachige Marketingleute ihre Werbeslogans mit Hilfe des Google-Übersetzers ins Arabische. Dadurch drohe die Werbebotschaft nicht nur nicht überzeugend, sondern häufig lächerlich zu klingen. Zugleich fühlten sich arabische Verbraucher durch solche Werbung respektlos behandelt. Dabei ließen sich solche Fehler zu geringen Kosten mithilfe eines Fachübersetzers verhindern.

Ungenügende Kenntnis arabischer Mentalität kann auf vielfache Weise zu Fehlern führen, auch bei nur scheinbaren Kleinigkeiten. Als Beispiel führt Yazbak einen Fall an, in dem eine israelische Firma ihr Produkt im arabischen Sektor von einem in Israel bekannten Schauspieler bewerben ließ. Dabei ließ sie aber etwas außer Acht: Der Schauspieler verkörperte in einer Fernsehserie einen israelischen Soldaten, der in einer Sondereinheit der israelischen Armee in der Westbank diente. Für viele arabische Israelis, für die der israelisch-palästinensische Konflikt emotional belastend ist, war diese Filmfigur, anders als im jüdischen Sektor, kein Sympathieträger. Deswegen hatte die Werbekampagne auf dem arabischen Markt nicht den gewünschten Erfolg.

Viele Untergruppen

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Struktur der arabischen Bevölkerungsgruppe recht komplex ist. Obwohl ihr die arabische Sprache und Kultur gemeinsam sind, gibt es zahlreiche Unterteilungen, beispielsweise in religiöser Hinsicht. 82 Prozent der arabischen Bevölkerung sind Muslime und jeweils 9 Prozent Christen beziehungsweise Drusen. Es ist erforderlich, jede dieser Gruppen auf eine an ihre besonderen Eigenschaften angepasste Art und Weise anzusprechen.

Generell, so Yazbak gegenüber Germany Trade & Invest, sei die arabische Bevölkerungsgruppe in Israel konservativer als viele Kreise in der jüdischen Gesellschaft, vor allem die säkularen. Indessen gibt es auch innerhalb der arabischen Gemeinschaft Unterschiede. So etwa neigen arabische Israelis, die in der nordöstlich von Tel Aviv gelegenen, „das Dreieck“ genannten Region leben, eher zu traditionellen muslimischen Werten als beispielsweise das galiläische Nazareth, eine gemischte muslimisch-christliche Stadt.

Die Vielzahl der Subsegmente der arabischen Gesellschaft verleiht der digitalen Werbung, die in Israel im arabischen Sektor - ebenso wie im jüdischen - die heute dominante Form ist, besondere Vorteile. Auf digitalem Weg können die Werbebotschaften nämlich präzise an die einzelnen Untergruppen angepasst werden.

Das Fernsehen, so Yazbak, spielt als Werbeträger für arabische Konsumenten keine ganz so große Rolle wie für Juden. Der Grund liege darin, dass zahlreiche israelische Araber häufig Sender aus der arabischen Welt den hebräischsprachigen israelischen Fernsehsendern vorzögen. Damit seien die Einschaltquoten der israelischen Fernsehsender unter Arabern niedriger als unter Juden.

Allerdings gibt es israelische Fernsehsendungen, die beide Bevölkerungsgruppen in großer Zahl interessieren, beispielsweise Übertragungen von Fußballspielen. Auch bestimmte israelische Unterhaltungssendungen genießen im arabischen Sektor hohes Rating.

Spezialisierte Agenturen

Eine Anzahl israelischer Hersteller von Konsumgütern, erklärt Yazbak, verfüge über hochqualifizierte Experten für den arabischen Sektor. Zum Teil hätten große israelische Werbeagenturen ebenfalls eigene Fachleute für dieses Marktsegment. Indessen gebe es auch eine Reihe von spezialisierten Werbe- und Marketingagenturen, deren Inhaber und Leiter israelische Araber sind und ihren Sektor auch auf der Leitungsebene sozusagen von innen bearbeiten können.

Manchmal sind auch die Vertriebswege im arabischen Sektor etwas anders als im jüdischen Marktsegment. So gibt es zwar eine Reihe israelischer Handelsketten, die in arabischen Orten gut vertreten sind, beispielsweise bei Elektrogütern. Andere Anbieter wiederum sind dort nicht oder kaum zu finden. Das schafft mehr Spielraum für lokale Geschäfte. Deshalb verlangt auch die Vertriebsplanung genaue Kenntnis der örtlichen Handelsstruktur.

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