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Marktentwicklungen und -trends
Der israelische Markt für Medizintechnik expandiert schnell. In den kommenden Jahren könnte sich das Wachstum sogar beschleunigen. Deutschland ist eines der führenden Lieferländer.
31.10.2022
Von Wladimir Struminski | Jerusalem
Hohe Anforderungen an die Qualität
Das hohe technologische Niveau des israelischen Gesundheitswesens führt zu großen Anforderungen an die Modernität und Qualität medizintechnischer Ausrüstungen. Israels schnelles Bevölkerungswachstum wiederum sorgt für einen nachhaltig steigenden Bedarf nach Medizintechnik.
Dementsprechend wächst der Markt für medizintechnische Produkte. Die Umsatzzahlen für den gesamten Binnenmarkt sind zwar nicht ganz aktuell. Laut den jüngsten vorliegenden Angaben des Zentralamts für Statistik (Central Bureau of Statistics) lag die lokale Produktion für den einheimischen Markt 2019 bei umgerechnet 712 Millionen US-Dollar (US$) und deckte damit 45 Prozent des Binnenmarktvolumens von 1,6 Milliarden US$.
Allerdings deuten die Einfuhrzahlen auf steigende Umsätze hin. Die Einfuhr von Medizintechnik erhöhte sich in den Jahren 2017 bis 2021 in laufenden Dollarpreisen mit einem Plus von 65 Prozent nahezu um zwei Drittel. Die einheimische Branche stellt zwar moderne medizintechnische Geräte und Ausrüstungen her. Allerdings deckt sie nur einen Teil der Nachfragepalette.
Zudem legen Israels Gesundheitsausgaben beständig zu. Im Jahr 2021 stiegen sie in realen Binnenpreisen um 8,6 Prozent gegenüber einer Zunahme um 6,3 Prozent im Vorjahr und 3,1 Prozent im Jahr 2019.
In Dollarwerte umgerechnet beliefen sich die Gesundheitsausgaben 2021 auf 39,3 Milliarden US-Dollar. Das entsprach 8,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Der Staat ist wichtigster Nachfrageträger
Der größte Teil der Nachfrage nach Medizintechnik geht vom Staat aus. Die Regierung finanziert ungefähr zwei Drittel der Gesamtausgaben für Gesundheitspflege.
Die meisten Universalkrankenhäuser befinden sich im Regierungsbesitz. Andere gehören gemeinnützigen Vereinen oder Krankenkassen, werden aber überwiegend von der Regierung finanziert.
Auch die vier Krankenkassen des Landes erhalten ihre Etatmittel weitestgehend aus dem Staatshaushalt. Sie unterhalten ein weites Netz eigener Kliniken oder arbeiten mit niedergelassenen Ärzten zusammen.
Einen besonders kräftigen Sprung nach oben verzeichneten die Importe von Medizintechnik im Coronajahr 2020. Das lag zu einem erheblichen Teil an den von der Regierung ergriffenen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. So hat sich die Einfuhr der HS-Position 9019.20 (Apparate und Geräte für Ozontherapie, Sauerstofftherapie, Aerosoltherapie und künstliche Beatmung sowie andere Apparate und Geräte für die Atmungstherapie) gegenüber dem Vorjahr auf 118 Millionen US$ vervierfacht.
Im Jahr 2021 gingen die Importe von Produkten dieser Position ungefähr auf das Vorkrisenniveau zurück. Indessen nahmen die Importe anderer Erzeugnisse zu, sodass die Gesamtimporte mit einem Plus von 0,6 Prozent ihren Vorjahresstand halten konnten.
Nachholbedarf verlangt massive Investitionen
In den kommenden Jahren dürfte sich die Expansion des Marktvolumens beschleunigen, damit der hohe Nachholbedarf an Medizintechnik gedeckt oder die medizinische Unterversorgung zumindest nicht noch gravierender wird. Diese Unterversorgung, die auf jahrzehntelange budgetäre Vernachlässigung des Gesundheitswesens zurückgeht, konnte trotz steigender Marktumsätze bisher nicht überwunden werden.
Ein Indiz für die „Austrocknung“ des Gesundheitswesens ist die Zahl der Krankenhausbetten. Von 2012 bis 2021 nahm sie zwar um 7,1 Prozent auf circa 46.200 Stück zu. In den Universalkrankenhäusern, die ein Hauptträger der Nachfrage nach Medizintechnik sind, wuchs sie mit 10,6 Prozent noch schneller und erreichte rund 16.400. Das Problem: In derselben Zeitspanne expandierte die Landesbevölkerung um 20,7 Prozent.
Auch die Ausstattung des Gesundheitswesens mit medizintechnischen Ausrüstungen hält nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt. Die Folge sind oft lange Wartezeiten, selbst bei wichtigen Untersuchungen.
Die medizinische Unterversorgung verschärft sich zusätzlich durch den steigenden Anteil von Senioren an der Gesamtbevölkerung. Die Gesamtzahl der Landesbewohner, so die mittlere Variante der Bevölkerungsprognose des Zentralamts für Statistik (Central Bureau of Statistics), wird 2030 um 18,9 Prozent und 2035 um 29,5 Prozent höher als 2021 sein. Noch viel schneller nimmt aber die Zahl der Älteren zu. Laut der genannten Prognose erhöht sich die Zahl der Personen im Alter ab 65 Jahren bis 2030 gegenüber 2021 um 28,9 und bis 2035 um 45,1 Prozent. Die zahlenmäßige Stärke der Alterskohorte ab 75 steigt bis 2030 sogar um 57,7 und bis 2035 um 84,6 Prozent.
Ausbau der Krankenhäuser geplant
Im August hat die Regierung ein bis 2048 reichendes Programm vorgelegt zum Ausbau des Krankenhausnetzes. Laut einem Plan, den das Finanz-, das Gesundheits- und das Innenministerium ausgearbeitet haben, sollen acht neue Krankenhäuser und 19 geriatrische Zentren errichtet werden. Davon unabhängig werden bestehende Krankenhäuser ausgebaut.
Insgesamt soll die Zahl der Krankenhausbetten in Universalkrankenhäusern bis 2048 um 87 Prozent steigen und knapp 31.000 Betten erreichen. Gleichzeitig will die Regierung die Genesung zu Hause erweitern, um die Krankenhäuser zu entlasten.
Diese Entscheidung hing nicht unmittelbar mit der Coronapandemie zusammen, da die ungenügenden Kapazitäten des Gesundheitswesens bereits längst davor bekannt waren. Allerdings führte die Pandemie den Bürgern wie den Politikern besonders deutlich vor Augen, wie schnell das Gesundheitswesen durch unvorhergesehene Belastungen an seine absoluten Leistungsgrenzen stoßen kann.
Dass der Ausbauplan die gegenwärtige Mangellage wirklich beheben kann, ist indessen nicht sicher. In dem genannten Zeitraum soll die Landesbevölkerung nämlich laut der mittleren Variante der amtsstatistischen Prognose um mehr als 80 Prozent wachsen. Die Zahl der Senioren ab 65 wird 2048 sogar das Dreieinhalbfache des Standes von 2021 erreichen.
Deutschland unter den Spitzenlieferanten
Deutsche Medizintechnik ist auf dem israelischen Markt fest etabliert. Dabei halten sich die deutschen Lieferungen von Produkten der Elektromedizin auf der einen und von medizinischen Instrumenten, Apparaten und Möbeln auf der anderen Seite im Mehrjahresdurchschnitt ungefähr die Waage.
In den Jahren 2017 bis 2021 schwankte der deutsche Importmarktanteil zwischen 12,1 und 17,3 Prozent. Letzterer Wert wurde im Coronajahr 2020 erreicht, in dem die deutschen Lieferungen gegenüber dem Vorjahr um 82,3 Prozent in die Höhe schnellten. Dieser Anstieg lag zu einem großen Teil an dem stark erhöhten Absatz von Apparaten und Geräten für Ozontherapie, Sauerstofftherapie, Aerosoltherapie und künstliche Beatmung und Atmungstherapie (HS 9019.20) sowie von sonstigen Instrumenten, Apparaten und Geräten (HS 9018.19).
Jahr | Einfuhr | Davon aus Deutschland | Deutscher Importmarktanteil |
2017 | 813,5 | 123,0 | 15,1 |
2018 | 900,7 | 116,7 | 13,0 |
2019 | 886,1 | 107,3 | 12,1 |
2020 | 1.125 | 195,6 | 17,3 |
2021 | 1.133 | 146,3 | 12,9 |
Die USA und China stellen die stärkste Konkurrenz für deutsche Anbieter dar. Im Jahr 2021 lag Deutschland hinter diesen beiden Ländern auf Rang drei der Lieferantenliste.
Land | Einfuhr | Importmarktanteil |
USA | 273,2 | 24,1 |
China | 230,9 | 20,4 |
Deutschland | 146,3 | 12,9 |
Mexiko | 57,2 | 5,0 |
Japan | 51,5 | 4,5 |
Niederlande | 45,5 | 4,0 |
Schweiz | 27,6 | 2,4 |
Irland | 25,0 | 2,2 |
Frankreich | 24,6 | 2,2 |
Vereinigtes Königreich | 23,4 | 2,1 |