Italien hat noch einen langen Weg vor sich, um die EU-Ziele für Erneuerbare Energien zu erfüllen. Die neue Regierung will die Genehmigungszeiten stark verkürzen.
Italien will 10 Gigawatt Solarenergie pro Jahr genehmigen
Die Regierung schuldete zum Jahresende 2022 noch ein aktualisiertes Ausbauziel, da der Nationale Klima- und Energieplan noch nicht auf die mittlerweile erhöhten europäischen Klimaziele angepasst ist. Basis der derzeitigen Diskussion ist eine Prognose-Studie der teilstaatlichen Energiekonzerne Snam und Terna. Diese hält zusätzliche 54 Gigawatt bis 2030 an installierter Solarenergiekapazität (gegenüber 2019) auf 75 Gigawatt für nötig, um das Fit for 55-Zwischenziel der EU zu erreichen. Davon sollen rund 42 Gigawatt in größeren Utility-Scale-Solarkraftanlagen entstehen. Der Unternehmensverband Elettricità Futura gibt 81 Gigawatt als Ziel für 2030 aus.
Dabei setzt Italien auch auf CSP-Anlagen, besonders in der 2. Hälfte des Jahrzehnts. Die nationale Agentur für neue Technologien, Energie und nachhaltige Entwicklung (ENEA) widmet sich dem Thema in mehreren Forschungs- und Entwicklungsprojekten. Bislang sind fünf kleinere oder Testanlagen in Betrieb oder Bau. Dabei kommen sowohl Parabolrinnen- als auch im Fresnelkollektorsystem zum Einsatz. Drei der Anlagen befinden sich in Sizilien. Am Projekt Bilancia 1 im Westen Siziliens ist die deutsche Firma Frenell GmbH als Kraftwerksentwickler und Lieferant von flüssigsalzbasierter Fresnelkollektortechnologie beteiligt. Ab 2025 sollen CSP laut Nationalem Energie- und Umweltplan sukzessive eine zunehmende Rolle in der Energieversorgung des Landes spielen. Laut Marktkennern sind zahlreiche CSP-Projekte zwar bereits genehmigt, ihre Realisierung hängt aber von einer konkreten Förderung dieser Technologie ab, die mit dem Förderdekrets für innovative erneuerbare Energien (FER 2) im Lauf von 2023 zu erwarten ist.
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Ob dies realistisch ist, zweifeln viele Beobachter an, darunter der Umweltverband Legambiente. Laut dem staatlichen Netzbetreiber GSE wuchs die installierte PV-Kapazität 2020 um rund 1,8 Gigawatt und 2021 sogar nur um 944 Megawatt. Zwischen Januar und September 2022 kamen gegenüber dem gesamten Vorjahr immerhin rund 1,6 Gigawatt dazu, bis zum Jahresende 2022 wohl etwa 2,5 bis 3,5 Gigawatt. Es müssten mindestens 6 bis 7 Gigawatt pro Jahr sein.
Umwelt- und Energieminister Gilberto Pichetto Fratin ist jedoch zuversichtlich, die EU-Ziele zu erreichen. Durch einfachere und schnellere Prozeduren will er in den kommenden Jahren jeweils 10 Gigawatt pro Jahr genehmigen. Laut Terna standen im August 2022 rund 280 Gigawatt an erneuerbarer Kapazität zur Genehmigung an, rund das Vierfache der bis 2030 benötigten installierten Kapazität.
Der Anteil der erneuerbaren Energiequellen am italienischen Strommix hat sich in den vergangenen Jahren deutlich nach oben entwickelt, auch wenn Gas weiterhin eine zentrale Rolle spielt. Marschrichtung ist es, Solar-, Windkraft, Geothermie, Biogas und andere erneuerbare Quellen auszubauen, das Gas aber als Brückentechnologie, besonders bei der Gewinnung von blauem Wasserstoff, vorerst beizubehalten.
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Verschiedene Ausbauinstrumente
Privathaushalte können im Rahmen der Renovierungsförderprogramme Bonus Casa und Superbonus PV-Anlagen einbauen lassen und dafür Steuergutschriften zwischen 50 und 90 Prozent erhalten.
Unter dem Schlagwort Solar Belt will die Regierung stark vereinfachte Genehmigungsvorgänge für die Installation von Solarenergie auf national einheitlich als "geeigneten Flächen" (aree idonee) klassifizierten Arealen erwirken. Im Einzelnen sind das: Agrarflächen abseits von Kulturgütern, die maximal 500 Meter von Industrie, Handwerks, Handels- oder Rohstoffgewinnungsinfrastruktur liegen, sowie Areals die sich bis zu 300 Meter von Autobahnen befinden. Über die neue Norm Direktlinie (Linea Diretta) erweitert die Regierung zudem die Möglichkeit, auch bei einer Distanz von bis zu zehn Kilometern zwischen Produktion und Konsum der Solarenergie als kollektiver Selbstverbraucher zu gelten. Für die Entwicklung von Energiegemeinschaften hat Italien in seinem Recovery-Plan insgesamt 2,2 Milliarden Euro vorgesehen. Selbstverbraucher und Energiegemeinschaften erhalten Prämien und eine Kompensation für die Nichtnutzung des öffentlichen Netzes.
Ausgewählte Projekte für Großanlagen können auch das Förderinstrument des Entwicklungsvertrags (contratto di sviluppo) des Ministeriums für Industrie und Made in Italy in Anspruch nehmen.
Bis September 2022 führte die Regulierungsbehörde GSE neun Runden einer Einspeisetarifversteigerung für verschiedene erneuerbare Energiequellen durch, darunter auch PV, die insgesamt aber die Erwartungen nicht erfüllten. Ob die Auktionen fortgesetzt werden, hängt von der Ausgestaltung des neuen FER 1-Dekrets ab, das zu Redaktionsschluss noch in Arbeit war. Aus Fachkreisen heißt es, dass sich der Markt stärker in Richtung PPA entwickeln wird, aber dennoch mit neuen Auktionsrunden zu rechnen ist.
Die Regierung hat außerdem die Absicht, innovative Formen der Agrarvoltaik und der solaren Thermodynamik zu fördern und arbeitet zurzeit an einem entsprechenden Förderinstrumentarium (Dekret FER 2), das speziell solchen Energiegewinnungsformen gewidmet ist, die auf dem Markt noch nicht wettbewerbsfähig sind.
Von Oliver Döhne
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Mailand