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Branchen | Italien | Photonik, Elektronische Bauelemente

Unterschätzter Absatzmarkt für Photonik

Viele Sektoren investieren in die Zukunftstechnologie. Die stärksten Impulse kommen aus Italiens Raumfahrtindustrie.

Von Oliver Döhne | Mailand

Dank exzellenter Forschung, fortgeschrittener Industrie und den zahlreichen Innovationsprojekten des Europäischen Recovery Funds bietet Italien ein interessantes Feld für Kooperationen und Absatz. Italien deckt rund 5 bis 8 Prozent des europäischen Photonikmarktes ab und liegt in Europa auf Platz vier. Für deutsche Exporte ist Italien der weltweit fünftgrößte Absatzmarkt für Photonik. Die Aussichten sind gut, Fachleute erwarten einen Nachfragezuwachs aus diversen Branchen. 

Raumfahrtindustrie forciert Innovation

Italien ist ein wichtiger Standort der Raumfahrtindustrie, in der Photonik eine fundamentale Rolle spielt. Mit einem Branchenumsatz von rund 13 Milliarden Euro liegt Italien hier in den Top 7 der Welt, beim Anteil der Spacetech-Investitionen in Bezug zum Bruttoinlandsprodukt auf Platz 6 und in Europa, hinter Frankreich, auf Rang 2. Große Branchenplayer wie die italienisch-französischen Joint Ventures Thales Alenia Space und Telespazio sowie Avio, an denen jeweils der Leonardo-Konzern beteiligt ist, haben wichtige Entwicklungsanlagen im Land.

Zulieferer der Wertschöpfungskette sind in 13 Clustern (Distretti) organisiert, darunter Turin, Varese, Trento, Brindisi, Pisa, L'Aquila und Rom. Zusätzlich zum laufenden Nationalen Plan für Space Economy, der Investitionen über 4,7 Milliarden Euro enthält, sind in Italiens Recovery Plan rund 1,5 Milliarden Euro für die Entwicklung der Quanten- und photonischen Kommunikation für Satelliten, Erdbeobachtung, neue Teleskope, Komponentenentwicklung und Materialprüfung vorgesehen. 

Verarbeitende Industrie entdeckt 3D-Druck

Im Maschinenbau und in der Metallverarbeitung steigt die Nachfrage nach Photonik für Werkzeugmaschinen, Automatisierung und 3D-Druck. Der Branchenverband Ucimu meldete im 4. Quartal 2022 gegenüber dem 4. Quartal 2021 rund 3,5 Prozent mehr Aufträge. Er rechnet für 2023 mit einem Anstieg der Produktion um 4,3 Prozent auf rund 6,5 Milliarden Euro. Bei der additiven Fertigung (3D-Druck), könnte Italien laut der Fachzeitschrift Research & Markets in den kommenden Jahren das höchste Wachstum in Europa aufweisen. In der Kfz-Industrie soll 3D-Druck Bauteile leichter machen. Außerdem kommt dort Photonik in der Bordelektronik, bei modernen Displays und in der Forschung zum autonomen Fahren und V2X-Kommunikation zum Einsatz. Investitionen in 4.0-Equipment, darunter Laser und Sensoren, werden über Steuergutschriften gefördert. 

In der Telekommunikation läuft der Ausbau des 5G-Netzes, wo sich die Stand Alone-Infrastruktur jedoch noch am Anfang befindet. Im Vordergrund stehen FTTH (Fiber to the Home), FTTP (Fiber-to-the-Premises) und FWA (Fixed Wireless Access).

Im Recoveryplan sind 6,7 Milliarden Euro für das Ultrabreitbandnetz vorgesehen, mit der Priorität Schulen, Krankenhäuser und unzugänglichere Regionen. Die Aktivitäten der Telekommunikationsfirmen, der Dienstleister, der Bahn sowie diverse Smart City-, Domotik-, Smart Road- und intelligente Beleuchtungs-Initiativen beleben die Nachfrage.

Sichere Kommunikation über Quantum Key Distribution, ein Verfahren der Quanteninformatik, ist besonders für Leonardo ein Thema. Das Mailänder Start-up Subphoton erhielt Ende 2022 eine Kapitalspritze von 750.000 Euro vom Venture Capital-Fonds Liftt für die Entwicklung optischer Verstärker für Unterwasserdatenleitungen. Das Monitoring von Umwelt und Infrastruktur über Sensoren und Internet of Things-Systeme ist integraler Bestandteil von Italiens Zukunftsplänen. Die Photovoltaik beginnt nun ebenfalls, ihr Potenzial zu entfalten

Im Life Science-Bereich geht der Trend zu Telemedizin und personenbezogenen, minimal-invasiven Diagnosen und Therapien, von augenheilkundlichen - bis zu optofluidischen - sowie LED- und Laser-Anwendungen bis zum 3D-Druck von Prothesen. Außerdem werden vielerorts neue Röntgengeräte benötigt. Das Start-up Care Glance erhielt kürzlich eine Investition von 250.000 Euro für die Entwicklung von optischen Kohärenztomografie-Anwendungen. Auch die Lebensmittel- und Agrarindustrie fragt Photonik nach, zum Beispiel zum frühzeitigen Erkennen von Verunreinigungen oder Bakterien. 

Mehr Import als eigene Produktion

Italien ist in der Photonik ein Nettoimporteur. Deutschland konkurriert bei vielen Produkten mit den Niederlanden und den USA. Die meisten Laser kommen aus Deutschland, Italien produziert aber auch selbst, unter anderem durch die Firmen El.En und Prima Industrie. Mit STMicroelectronics ist ein großer Microchipproduzent im Land, dennoch kommt der Großteil der Halbleiter aus dem Ausland. In Pisa entwickelt und produziert Inphotec/Camgraphic integrierte photonische Schaltkreise, woran auch das Mailänder Start-up PhotonPath forscht. Röntgengeräte kommen zu gleichen Teilen aus dem In- und Ausland, Ultraviolett/Infrarot-Geräte aus dem Ausland.

Italienische Einfuhr von Photonik (in Millionen Euro, Anteil in Prozent)

SITC-Pos.

Produkte

2021

Jan.- Okt. 2022

Anteil aus Deutschland Jan.-Okt. 2022

731.11

Laser-, Licht- oder andere Photonenstrahlwerkzeuge

127,5

169,0

45,0

773.18

Kabel aus optischen Fasern

89,3

85,4

22,8

774.13

Ultraviolett- oder Infrarotbestrahlungsgeräte

13,0

12,0

14,9

774.2

Röntgenapparate und Geräte

458,2

366,7

35,2

776.37

Lichtempfindliche Halbleiterbauelemente

934,6

1.597,5

18,8

871.41

Stereomikroskope

14,5

13,9

49,3

871.43

Andere Mikroskope für Mikrofotografie

1,9

1,2

63,0

871.45

Andere Mikroskope

16,0

11,7

46,6

871.92

Laser (ausgenommen Laserdioden)

122,0

127,8

65,6

871.99

Teile und Zubehör von LCD

47,5

38,3

29,6

872.29

Andere Instrumente, Apparate und Geräte der Elektrodiagnose

1.476,2

1.262,7

18,9

874.13

Instrumente, Apparate und Geräte für die Geodäsie, Meteorologie oder Geophysik

92,0

87,9

37,1

874.43

Spektrometer, Spektrofotometer und Spektrografen

80,2

75,6

22,9

874.45

Andere Instrumente, Apparate und Geräte, die optische Strahlen verwenden

185,4

158,4

38,9

884.19

Optische Fasern und Bündel und Kabel aus optischen Fasern

124,3

121,2

23,5

884.32

Andere Objektive

12,9

8,1

37,9

884.39

Gefasste optische Elemente

24,6

24,8

49,9

Quelle: ISTAT Februar 2023

Chancen für Kooperationen und Forschung

Ein wichtiger Forschungs- und Entwicklungscluster befindet sich um die Hochschule Sant'Anna in Pisa, die auch Partner europäischer Projekte wie Spacebeam und PhotonHub ist. Gleiches gilt für das Mailänder Politecnico, insbesondere das Institut für Fotonik und Nanotech (IFN), das Nano-Institut i3N, die PoliFab, das Zentrum für ultraschnelle und biomedikale Optik (CUSBO) und das Labor für Laseranwendungen (SITEC). Dazu kommt das Labor L-NESS in Como. In Trento agieren die Bruno Kessler-Stiftung und das NanoLab der Universität Trento, die auch Partner der Initiative Quantum Science and Technology (Q@TN) sind.

Weitere relevante Forschungsstellen sind die Labore des nationalen Forschungsrates CNR wie ISM-CNR Potenza und Rom (Laser), INO-CNR Pisa (Hochleistungslaser), CNR-IOM Triest (neue Materialien). Hinzu kommen das europäische Labor für nichtlineare Spektroskopie (Lens) in Florenz, die Labore für die Kopplung von Lichtmaterie und fortgeschrittenen optoelektronischen Geräten (Beyond Nano) in Lecce, Catania, Neapel und Cosenza sowie der Verband intelligente Fabrik Lombardei (Afil) und das nationale Forschungsinstitut für innovative Technologie (ENEA).

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