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Branchen | Japan | Autonomes Fahren

Regierung fördert die Entwicklung des autonomen Fahrens

Japan will autonome Fahrzeuge relativ zügig für den Straßenverkehr zulassen. Die Technologie verspricht gesellschaftliche und wirtschaftliche Vorteile.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

In Japan ist autonomes Fahren keine ferne Zukunftsmusik mehr. Jedoch wird noch einige Zeit vergehen, bis vollautomatisierte Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen des Archipels navigieren werden. Derzeit laufen sowohl für den Individualverkehr als auch mit Robotaxis und Lastwagen Testprojekte. Als Technologiepartner und Teilelieferanten sind auch deutsche Unternehmen wie BMW, Volkswagen, Continental und ZF mit an Bord.

Großer Bedarf an autonomer Mobilität

Der Anteil der Senioren in Japan steigt stetig und so nimmt der Bedarf für Robotaxis oder selbstfahrende Lastwagen auf dem Inselreich zu. Das japanische Wirtschaftsministerium plant, landesweit Testgebiete für autonomes Fahren auszuweiten.

Mit dem Ziel einer umfassend digitalisierten Gesellschaft, der Society 5.0, fördert die Regierung beispielsweise das Projekt "Road to the L4". Es soll Mobilitätsdienste für ältere Menschen verbessern. Selbstfahrende Busse sollen ihnen ermöglichen, entlang bestimmter Routen Einkäufe oder andere Aktivitäten zu erledigen - sowohl in der Stadt als auch im ländlichen Raum. Praxistests für hochautomatisierte Fahrzeuge laufen bereits.

So ist der multinationale Technologiekonzern Softbank mit seiner Tochter Boldly im Bereich der autonomen Fahrtechnologie aktiv. Laut Softbank waren Mitte 2021 drei Busse mit Boldly-Technologie in Sakai, einer kleinen Stadt nördlich von Tokyo, als Shuttle unterwegs. Der Autobauer Toyota wiederum setzte seine autonomen Elektrobusse im Sommer 2021 im olympischen Dorf in Tokyo ein und der Mitbewerber Nissan testet in Yokohama Robotaxis.

Vor allem im Warentransport steigt der Bedarf an selbstlenkenden Fahrzeugen. Auf Schnellstraßen haben in Japan Tests für das sogenannte Platooning stattgefunden. Es bezeichnet das autonome Fahren von Lkw im Konvoi. Bis Mitte der 2020er Jahre sollen laut Plänen des Wirtschafts- und Transportministeriums Lkw mit Autonomiestufe 4 auf Autobahnen zugelassen werden.

Unternehmen investieren viel

Japans Privatsektor investiert hohe Summen in autonome Technologien. Ziel ist es, den Mobilitäts- und Transportbereich zu entlasten sowie den Verbrauchern mehr Alternativen anzubieten. Der Wettbewerb ist intensiv, denn es geht auch um weltweite Marktanteile. Um schnelle Fortschritte zu erzielen, suchen die japanischen Kfz- und Technologieunternehmen nach passenden Partnern und investieren in Start-ups.

So hat Toyota im Jahr 2021 sowohl das autonome Fahrtechnologiegeschäft von dem US-amerikanischen Fahrdienstvermittler Lyft als auch den US-amerikanischen Anbieter von Karteninformationen Carmera gekauft. Viel Geld hat Toyota unter anderem in den Entwickler autonomer Technologie Pony.ai investiert, der in den USA und in China Testfahrten durchführt. Zudem kooperiert der japanische Autokonzern mit der israelischen Intel-Tochter Mobileye, dem US-amerikanischen Entwickler autonomer Fahrtechnologie Aurora und dem Autozulieferer ZF.

Den Autobauer Honda verbindet eine enge Partnerschaft mit dem US-Autokonzern GM und dessen Tochter Cruise, die autonome Technologien anbietet. Nissan hat mit dem Pro Pilot System eine Lösung für autonomes Fahren und arbeitet unter anderem mit Mobileye zusammen.

Rahmenbedingungen werden verfeinert

Damit teilautomatisierte oder autonome Automobile auf öffentlichen Straßen fahren dürfen, haben die involvierten Behörden schrittweise die regulatorischen Bestimmungen angepasst. Seit April 2020 sind Fahrzeuge mit Autonomiestufe 3 mit Einschränkungen erlaubt. Die nächste Stufe 4 sollte in den nächsten zwei bis drei Jahren vom Gesetzgeber durchgewunken werden.

Auch wenn die technologischen Grundlagen wie Sensoren, Laserradar (Lidar) sowie Kommunikationstechnik schon weitgehend vorhanden sind, werden sie in der Praxis vorerst nur in beschränktem Umfang in Fahrzeuge eingebaut oder dort aktiviert. Hierbei spielen die hohen Kosten wie auch die Anpassung der Technologie und Infrastruktur an komplexe Verkehrssituationen eine Rolle.

Zu den Facetten des autonomen Fahrens zählen darüber hinaus die Standardisierung der verschiedenen Technologien, eine schnelle Übertragungstechnik für den Echtzeitabgleich, die Sammlung und Sicherheit von Daten sowie rechtliche und ethische Aspekte. Nicht zuletzt spielen versicherungstechnische Fragen und Lizenzen für Transportfirmen eine Rolle. Sie müssen die Fernüberwachung von autonomen Bussen oder Lkw anbieten.

Teilautomatisierung erreicht den Massenmarkt

Für höherpreisige Pkw-Modelle bieten die japanischen Autobauer Toyota, Nissan und Honda bereits eine Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen wie auch die Teilautomatisierung auf Basis der Level-2-Technologie an. Dabei kann die lenkende Person zwar die Hände vom Steuer nehmen, sie muss aber die Straße ständig beobachten und in unerwarteten Verkehrssituationen sofort eingreifen.

Der Kfz-Hersteller Honda ist laut eigenen Angaben der erste Anbieter in Japan, der in einem seiner Modelle zumindest für Stausituationen auf Schnellstraßen (Traffic Jam Pilot System) die Autonomiestufe 3 bereits freigeschaltet hat. Bei Stufe 3 erhält die selbstfahrende Technologie eine vergleichsweise hohe Autonomie über ein Fahrzeug. Die lenkende Person kann lesen oder einen Film schauen, muss jedoch in Notsituationen das Steuer übernehmen können.

Bis die Autonomiestufe 3 eine größere Verbreitung findet, wird es noch dauern. Gegenwärtig erobert in Japan die Autonomiestufe 1 mit Fahrerassistenzsystemen den Massenmarkt. Der japanische Gesetzgeber verlangt seit November 2021 von heimischen Herstellern, dass neue Automodelle mit automatischen Bremssystemen ausgestattet sein müssen. Für neue Importmodelle gilt dies ab Sommer 2024.

Bereits 2020 prognostizierte das Marktforschungsinstitut Yano Research Institute, dass in Japan bis 2025 Fahrerassistenzsysteme in circa 90 Prozent der Neufahrzeuge eingebaut sein werden. Für die Autonomiestufe 2 erwarten die Analysten, dass bis 2030 über 60 Prozent der Pkw auf Japans Straßen mit Level-2-Fähigkeiten ausgestattet sein werden.

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