Japan nutzt moderne Medizintechnik, um die Qualität der Gesundheitsversorgung auf hohem Niveau zu halten und die Effizienz zu steigern. Importe spielen dabei eine große Rolle.
Mit innovativen Lösungen im Medizintechnikbereich will Japan die Herausforderungen im Gesundheitssystem managen. Daher schauen internationale Medizintechnikanbieter intensiv auf Japan - sowohl als Absatzmarkt als auch als Wettbewerber.
Medizintechniknachfrage bleibt hoch
Japan gehört zu den größten Märkten für Medizintechnik weltweit. Angaben über die Größe des Marktvolumens variieren je nach Quelle und Definition und reichen von 30 Milliarden US-Dollar (US$) bis zu annähernd 40 Milliarden US$. Dazu trägt auch bei, dass das zuständige Ministry of Health, Labour and Welfare (MHLW) die Kategorisierung in seinem “Annual Report on Pharmaceutical Industry Production Statistics” 2019 geändert hat und damit der Vergleich mit Vorjahren schwieriger geworden ist.
Japans Versorgung mit leistungsfähiger Medizintechnik vertraut stark auf Importe aus den USA und Deutschland. Bei Schutzkleidung, Masken und einfacher Medizintechnik ist China der Hauptlieferant. Das Ziel ist, die Abhängigkeit zu reduzieren, weshalb Japans Branchenunternehmen in die Entwicklung von eigenen Technologien investieren und/oder Know-how einkaufen.
Technik soll Personalmangel ausgleichen
Das Gesundheitswesen wird von zwei großen Herausforderungen getrieben: dem demografischen Wandel und dem zunehmenden Personalmangel. Der Anteil der über 65-Jährigen lag 2020 bei mehr als 28 Prozent und soll bis zum Jahr 2040 auf mindestens 33 Prozent zulegen. Gleichzeitig sinkt der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung, was sich auf die Verfügbarkeit von Arbeitskräften in der Gesundheitsversorgung auswirken wird.
Daher will sich Japan die Vorteile fortschrittlicher Medizintechnik, künstlicher Intelligenz (KI) und Robotik zunutze machen. Die Regierung hat dazu bereits mehrere Pläne verabschiedet. Zu den neueren Entwicklungen gehört, dass der Medical Device and Healthcare Development Council, der direkt der Regierung zuarbeitet, seit März 2021 den bisherigen Masterplan für Medizintechnik aus dem Jahr 2016 (Basic Plan for the Promotion of Research and Development and Dissemination of Medical Devices to Improve the Quality of Medical Care Received by the Public) überarbeitet, um die Branche in Japan zu stärken.
Bild vergrößern
Covid-19 stellt Gesundheitswesen auf die Probe
Der Ausbruch der Coronapandemie hat gezeigt, dass die kritische Infrastruktur in Japan unzureichend ist. Zwar hat die Regierung Extrabudgets bereitgestellt, um die Ausstattung der bestehenden Gesundheitseinrichtungen für infektiöse Krankheiten zu verbessern. Jedoch ist nicht nur die Anzahl der vorhandenen Intensivbetten der Flaschenhals, sondern das fehlende Personal für die Behandlung von Akutfällen.
Im Global Health Security Index (GHSI) punktet Japan im Jahr 2021 mit einer Bewertung im oberen Mittelfeld und stand auf Platz 18 von 195 untersuchten Ländern. Gegenüber 2019 hat sich das Land um drei Ränge verbessern können. Zwar liegt Japan in Teilindizes deutlich über dem Durchschnitt. Jedoch ist das Gesundheitssystem weiterhin nur bedingt auf die Gesundheitskrise vorbereitet.
Aufgrund der Coronapandemie sind die Vorteile der Telemedizin beim Gesundheitsministerium stärker in den Fokus gerückt, und die sehr strikten Regelungen zu deren Einsatz wurden seit Ende Februar 2020 gelockert. Damit Wartezimmer in medizinischen Einrichtungen gemieden werden können, sollen Patienten mit chronischen Krankheiten Online-Behandlung erhalten, sobald sie einen Arzt mehr als einmal gesehen haben. Weitere ärztliche Beratung soll online oder über Telefon erfolgen.
Moderne Ausrüstung ist gefragt
Trotz der seit 2010 bereits sinkenden Anzahl an Krankenhäusern gibt es laut Brancheninsidern immer noch zu viele Einrichtungen. Steigende Gesundheitskosten, fehlendes medizinisches Personal und Bevölkerungsschwund werden in den nächsten Jahren zu einer weiteren Konsolidierung führen. Laut Yano Research werden weniger große Krankenhäuser gebaut, sondern solche in einer Größenordnung von 200 bis 400 Betten. Investitionen erfolgen in den nächsten Jahren eher in die Modernisierung oder Verlagerung bestehender Einrichtungen.
Aktuelle Investitionsvorhaben im Gesundheitssektor in Japan (in Millionen US-Dollar)
In Japan werden Einrichtungen mit bis zu 20 Betten als Klinik und ab 20 Betten als Krankenhäuser definiert. Hausarztpraxen wie in Deutschland gibt es nicht. Gemäß dieser Unterteilung existierten in Japan 2019 circa 8.300 Krankenhäuser und 103.600 Kliniken. Diese verfügten über insgesamt 1,62 Millionen Betten. Hinzu kamen über 68.000 Zahnarztpraxen. Der weit überwiegende Teil der Gesundheitseinrichtungen ist in privater Hand.
Egal ob privat oder staatlich betrieben, die japanischen Krankenhäuser und Kliniken sind prinzipiell mit moderner Medizintechnik relativ gut ausgestattet. Im Laborbereich, in der Diagnostik und in der Intensivmedizin sind seit vielen Jahren digitale Lösungen in der Anwendung.
Gesundheitsversorgung bewegt sich auf hohem Niveau
Das Gesundheitssystem entspricht in großen Teilen dem deutschen, mit Primärversorgung, stationärer Versorgung und Rehabilitation. Ein Unterschied liegt im Zugang zu Ärzten, da Patienten nicht nur im Notfall Krankenhäuser zur Untersuchung aufsuchen können und viele Arztpraxen auch samstags Sprechstunden haben. In der Regel findet jedoch die Überweisung von einem Hausarzt zum Facharzt statt.
Fachkliniken und Fachpraxen gibt es für alle Bereiche, die sich jedoch in der medizintechnischen Ausstattung unterscheiden. Ein landesweites Problem ist die regionale Ungleichverteilung von Gesundheitseinrichtungen, die meist in größeren Städten konzentriert sind.
Spezialisierte Einrichtungen in Japan (Auswahl)
Fachbereich | Anzahl |
---|
Innere Medizin | 6.705 |
Rehabilitation | 5.613 |
Orthopädie | 4.897 |
Chirurgie | 4.500 |
Gastroenterologie | 3.988 |
Kardioangiologie | 3.958 |
Radiologie | 3.340 |
Dermatologie | 3.039 |
Urologie | 2.831 |
Pneumologie | 2.756 |
Anästhesiologie | 2.743 |
Neurochirurgie | 2.594 |
Pädiatrie | 2.539 |
Neurologie | 2.524 |
Ophthalmologie | 2.388 |
berücksichtigt: 7.246 Krankenhäuser ohne Kliniken Quelle: Ministry of Health, Labour and Welfare, Stand: 1.10.2019
Japan hat seit den 1960er Jahren ein nationales Krankenversicherungssystem, das hauptsächlich durch öffentliche Ausgaben gestützt wird. Diese machten laut einer Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von 2015 etwa 84 Prozent des gesamten Gesundheitswesens aus und lagen damit in etwa auf gleicher Höhe wie in Deutschland oder den skandinavischen Ländern. Das Gesundheitssystem ist bereits sehr ausgefeilt und zielt darauf ab, hohe Qualität zu liefern, ohne die Kosten zu stark steigen zu lassen. Dabei sollen Preiskontrollen und innovative Lösungen helfen.
Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Japan
Indikator | Wert |
---|
Einwohnerzahl (1.10.2020 in Mio.) 1) | 125,7 |
Bevölkerungswachstum (1.10.2020 in % p.a.) 1) | -0,32 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2020) 1) | |
Anteil der unter 14-Jährigen (in %) | 12,0 |
Anteil der über 65-Jährigen (in %) | 28,8 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2020 in Jahren) 2) | Männer: 81,6 Frauen: 87,7 |
Durchschnittseinkommen im Monat (2020 in US$) * 2) | 2.976 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (2020 in US$) * 2) | 3.130 |
Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2018 in %) 2) | 7,9 |
Ärzte/100.000 Einwohner (31.12.2018) 2) | 258,8 |
Zahnärzte/100.000 Einwohner (31.12.2018) 2) | 83,0 |
Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2019), davon 2) | 1.212 |
privat | k.A. |
öffentlich | k.A. |
* Wechselkurs: 1 US$ = 107 YenQuelle: 1) Ministry of Internal Affairs and Communications (MIC); 2) Ministry of Health, Labour and Welfare (MHLW)
Von Jürgen Maurer
|
Tokyo