Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Japan | Transport und Logistik

Logistikbranche beschleunigt bei Digitalisierung

Japans Nachfrage nach Logistikdienstleistungen und -flächen steigt. Digitalisierungs- und Automatisierungslösungen unterstützen eine effiziente Bedarfsdeckung.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Nachdem die Regierung die Coronabeschränkungen im Mai 2022 weitgehend aufgehoben hat, nehmen die Handelsaktivitäten innerhalb Japans wieder zu. So erwartet der japanische Marktforscher Yano Research, dass in den Fiskaljahren 2022 und 2023 (jeweils 1. April bis 31. März) die Umsätze im Logistikbereich auf Yen-Basis im unteren einstelligen Bereich wachsen. Im Fiskaljahr 2021 ist der Umsatz im Logistikmarkt Japans gegenüber 2020 um mehr als 7 Prozent gestiegen, so schätzt Yano Research in seiner im Mai 2022 veröffentlichten Studie zu 17 Logistiksegmenten.

Bild vergrößern

Das japanische Wirtschaftsministerium sieht längerfristig eine wachsende Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. Hierzu tragen vor allem das starke E-Commerce-Wachstum gepaart mit dem zunehmenden Arbeitskräftemangel bei. Laut Japan Institute of Logistics System wird die Lücke zwischen der Liefernachfrage und der verfügbaren Arbeitskräfte bis 2030 auf etwa 35 Prozent steigen. Damit kann theoretisch jedes dritte Paket nicht ausgeliefert werden.

Roadmap für vernetzte Lieferdienste

Bis 2030 könnten der Wirtschaft daraus Schäden in Höhe von 7,5 Billionen bis 10,2 Billionen Yen (54 Milliarden bis 74 Milliarden US-Dollar) entstehen, schätzt das Wirtschaftsministerium. Dies gilt es zu verhindern. Eine im März 2022 veröffentlichte Roadmap zeigt Wege auf, wie ein modernes Logistiknetzwerk die industrielle Wettbewerbsfähigkeit Japans stützen kann. Im Zentrum stehen der Datenaustausch und die Standardisierung. Dieses sogenannte “physische Internet” soll die Warenflüsse durch verschiedene Transportnetze lenken. Zur Anwendung kommen hier Big Data, künstliche Intelligenz und eine umfassende Automatisierung.

Im Lagerhausbereich läuft die Digitalisierung und Automatisierung bereits auf Hochtouren. Auch im Transportsegment sollen diese Lösungen sukzessive Effizienzsteigerungen ermöglichen. Autonome Fahrzeuge wie Lkw auf der Langstrecke oder wie Lieferroboter und Drohnen auf der Kurzstrecke sollen fehlende Lastwagenfahrer ersetzen. Erforderliche Veränderungen in den regulatorischen Rahmenbedingungen sind bereits weitgehend eingeleitet.

Logistik der nächsten Generation ist auf dem Weg

Um die Logistik der nächsten Generation auf der Straße voranzutreiben, will das japanische Handelshaus Itochu eine hochmoderne Logistikzentrale aufbauen. Laut Pressemeldung vom Februar 2022 will Itochu in der Nähe von Kyoto am Shin-Meishin Expressway die Aodani Advance Maintenance Area als Logistikhub entwickeln. Sowohl auf dem Gelände als auch dem Expressway sollen zukünftig vollautonome Lastwagen verkehren.

Die Versorgung aus der Luft macht ebenfalls Fortschritte, wenn es darum geht, entlegenere Gebiete mit pharmazeutischen und medizinischen Produkten zu beliefern. So hat das Handelshaus Toyota Tsusho im April 2022 einen Lieferservice mit Drohnen zur Insel Goto gestartet. Eine Beyond the Visual Line of Sight (BVLOS)-Drohne legt hierbei eine Flugstrecke von etwa 40 Kilometern zurück. Hierbei kooperiert Toyota Tsusho mit dem US-Logistiksystemanbieter Zipline.

Das Ziel der Logistikanbieter ist der Einsatz von Lieferdrohnen in bewohnten Gebieten. JP Rakuten Logistics, ein Joint Venture der Japan Post und des E-Commerce-Anbieters Rakuten, haben Ende 2021 in der Präfektur Chiba die erste Drohnenbelieferung von einem Logistikzentrum zu einem Hochhaus durchgeführt. Noch weiter vorangeschritten ist die Belieferung auf der letzten Meile durch autonome Lieferroboter. Hier gab es mittlerweile eine Vielzahl von Testprojekten. Im Februar 2022 hat daher die Robot Delivery Association ihre Aktivität aufgenommen. Ziel des Branchenverbands ist es, den praktischen Einsatz von Lieferrobotern zu unterstützen. 

Moderne Services aus einer Hand

Insgesamt werden Dienstleister an Bedeutung gewinnen, die über Know-how und Systemintegration kundenspezifische Lösungen anbieten können. Die Auslagerung an spezielle Logistikanbieter im Rahmen sogenannter 4PL (Fourth-Party Logistics) und 5PL (Fifth-Party Logistics)-Entwicklung wird zunehmen. Der 3PL (Third Party Logistics)-Markt wächst in Japan bereits seit einigen Jahren. Um ihre Effizienz zu steigern und ihre Kosten zu senken, haben mittlerweile die meisten Firmen in Japan ihre Logistik ausgelagert.

Am 1. Juli 2022 haben sieben Unternehmen gemeinsam die Firma Gaussy Inc. ins Leben gerufen. Ziel ist es, die digitale Transformation der Branche voranzubringen. An der Firma sind neben diversen Mitsubishi-Töchtern unter anderem auch Mitsui Fudosan und der US-Logistikzentrenbetreiber Prologis beteiligt. Gaussy wird Kunden Logistikservices in Form von Lagerhausrobotern und flexiblen Mietverträgen anbieten.

Mitsui Fudosan hatte schon im März 2021 einen Expansionsplan vorgestellt. Zwischen 2022 und 2024 wird das Unternehmen an mehreren Standorten in Japan sieben neue Logistikzentren bauen. Dabei bietet Mitsui Fudosan Kunden ein Built-to-Lease-Rundumpaket automatisierter Warenhäuser an. Mitte 2022 hatte Mitsui Fudosan 31 Logistikeinrichtungen mit einer Gesamtfläche von 2,9 Millionen Quadratmeter im Portfolio.

Flächenangebot steigt jährlich

Das Angebot an großen Logistikzentren für verschiedene Kunden (multi tenant facilities) hat über die letzten Jahre zugenommen. Laut NLI Research Institute sind im Jahr 2021 über 5 Millionen Quadratmeter Fläche neu hinzugekommen. Die Leerstandsquote ist bislang relativ gering, da eine hohe Nachfrage vorherrscht. Mit einem weiteren Ausbau der Logistikeinrichtungen ist zu rechnen. Deren Fläche soll im Jahr 2023 circa 6,5 Millionen Quadratmeter erreichen.

Japans Logistikmarkt zieht immer mehr Unternehmen an. Der US-Immobilienentwickler Hines hat im Februar 2022 bekannt gegeben, in Nagoya das Yatomi Distribution Center aufzubauen. Es soll 25.000 Quadratmeter umfassen und gehört so zu den kleineren neuen Projekten. Im Raum Osaka plant ESR Cayman einen großen Logistikpark. In das Kawanishi Distribution Centre, das ab Sommer 2023 in zwei Bauphasen mit einer Gesamtfläche von 505.000 Quadratmeter entstehen soll, will ESR 1,5 Milliarden US$ investieren.

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.