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Branchen | Japan | Forschung und Entwicklung

Neuer Schub für Innovationen

Japans Regierung schiebt Forschung und Entwicklung im eigenen Land voran. Erste Erfolge sind 2022 zu sehen: Es entstehen neue Forschungshubs.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

Japan rückt bei seinen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (F&E) vor allem den Halbleiterbereich in den Fokus. Die Chipindustrie des Landes hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten große Anteile am Weltmarkt verloren. Zudem haben Lieferprobleme zu einer Neuausrichtung der internationalen Wertschöpfungsketten bei Chips geführt. Vor diesem Hintergrund fördert die Regierung in Tokyo die Belebung der heimischen Branche. Als erstes Resultat entstehen auf dem Archipel 2022 mehrere F&E-Zentren für Halbleiter der nächsten Generation.

Halbleiterbereich bekommt große Aufmerksamkeit

Mit den USA hat Japan im Mai 2022 eine bilaterale Chipvereinbarung abgeschlossen. Gemeinsam fördern beide Länder ihre Unternehmen bei der Entwicklung von Halbleitern im Zwei-Nanometer-Bereich. Führende nationale Forschungsinstitute Japans sind involviert, etwa das National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST). Noch im Jahr 2022 soll der bilaterale Research Hub for Next Generation Semiconductors am Tokioter AIST-Campus an den Start gehen.

Auf dem Campus ist auch das Forschungs- und Entwicklungszentrum des Auftragschipherstellers Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. (TSMC) untergebracht. Unterstützt mit Geldern der japanischen Regierung hat das TSMC Japan 3DIC R&D Center im Juni 2022 seine Arbeit aufgenommen. Dabei arbeitet TSMC mit dem japanischen Verpackungsspezialisten Ibiden und dem Werkstofflieferanten JSR zusammen. Die Kooperation zielt auf die Entwicklung von 3D-Chip-Erzeugungsverfahren.

Um die Nachfrage seitens der Kunden bedienen zu können, konzentriert sich Tokyo Electron auf die Entwicklung neuer Produktionsausrüstung für den Halbleiterbereich. Dazu entsteht im Werk in der Präfektur Miyagi ein neues F&E-Zentrum. Der Bau soll im Frühjahr 2023 starten und im Frühjahr 2025 fertiggestellt sein. Das gab Tokyo Electron im Mai 2022 bekannt. Das Unternehmen will umgerechnet circa 375 Millionen US-Dollar (US$) investieren.

F&E-Hubs entstehen auch in anderen Sektoren

Neue Aktivitäten gibt es auch in anderen Industriebranchen. Beispielsweise hat der Flugzeughersteller Boeing Anfang August 2022 angekündigt, in Japan ein F&E-Zentrum für nachhaltige Flugzeugtreibstoffe sowie Elektro- und Wasserstoffantriebe einzurichten. Das Zentrum soll auch Technologien rund um die Automatisierung und die Kohlenfaserstoffverarbeitung weiterentwickeln. Japanische Branchenfirmen sind wichtige Zulieferer für Boeing-Flugzeuge.

Anfang 2022 hat die Bosch-Gruppe in Yokohama mit dem Bau eines neuen F&E-Zentrums begonnen. Dort sollen verschiedene Geschäftszweige gemeinsam zur Mobilität der Zukunft forschen und neue Lösungen entwickeln. Bosch ist einer der großen Zulieferer für japanische Automobilfirmen. Die Einrichtung soll Ende 2024 bezugsfertig sein und etwa 2.000 Personen beschäftigen können.

Geldtöpfe werden aufgefüllt

Japan gab im Fiskaljahr 2020 (1. April bis 31. März) umgerechnet rund 180 Milliarden US$ für Forschung und Entwicklung aus, so aktuelle Angaben des Ministry of Internal Affairs and Communications. Auf Yen-Basis war dies 1,7 Prozent weniger als im Fiskaljahr 20219. Der Rückgang war hauptsächlich der Coronapandemie geschuldet. Dennoch erreichte der Anteil am Bruttoinlandsprodukt knapp 3,6 Prozent und lag damit höher als in den Vorjahren.

Forschungs- und Entwicklungsausgaben in Japan (in Milliarden US-Dollar; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) 1)

20192)

20203)

Veränderung4)

Unternehmen

130,4

129,5

-2,5

Universitäten

34,1

34,4

-1,2

Öffentliche Einrichtungen und nicht profitorientierte Organisationen

15,1

15,9

3,4

Insgesamt

179,6

179,8

-1,7

1) jeweils Fiskaljahr (1. April bis 31. März.); 2) 1 US$ = 109 Yen; 3) 1 US$ = 107 Yen; 4) auf Yen-Basis Quelle: Ministry of Internal Affairs and Communications (Survey of Research and Development) 2021

In Japan brachten im Fiskaljahr 2020 die Unternehmen rund 72 Prozent der gesamten F&E-Gelder auf. Coronabedingt verringerten sie zwar ihre Ausgaben im Pandemiejahr. Da die Firmen aber einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz wahren oder in neuen Bereichen aufholen wollen, werden sie ihre Innovationsaktivitäten wieder verstärken. Unternehmen aus verschiedenen Branchen planen im Fiskaljahr 2022 bei ihren F&E-Ausgaben teils zweistellige Zuwachsraten ein.

Unternehmen steigern F&E teilweise kräftig

Der Elektronikkonzern Sony will die F&E-Ausgaben gegenüber dem Fiskaljahr 2021 um 23 Prozent aufstocken. Das Unternehmen ist der weltweit größte Lieferant für Bildsensoren und will dort seine globale Position festigen. Sony investiert auch in die Entwicklung von Spielen für seine Konsolen. Seit 2022 entwickelt der Konzern mit Honda zudem Elektroautos.

Insbesondere Unternehmen aus dem Halbleiterbereich stehen für hohe Aufwendungen. Laut Pressemeldungen und Geschäftsberichten werden unter anderem Tokyo Electron, Screen, Advantest und Disco ihre F&E-Budgets zweistellig ausweiten. Im Pharmasektor sticht die Branchenfirma Daiichi Sankyo hervor. Sie plant für das Fiskaljahr 2022 einen Zuwachs von knapp 21 Prozent.

Mit der Automobilindustrie ist auch Japans größter Industriesektor aktiv. Die Toyota-Gruppe steht regelmäßig für die absolut höchsten F&E-Ausgaben auf dem Archipel. Im Fiskaljahr 2022 will sie ihre Forschungsgelder nochmals um 10 Prozent erhöhen. Überraschenderweise investieren auch Japans Bauunternehmen in F&E. Sie zielen darauf ab, Projekte zukünftig nachhaltiger und mit weniger Personal durchführen zu können. Immerhin um 6 Prozent wollen die vier größten Baukonzerne Japans ihre F&E-Ausgaben im Fiskaljahr 2022 im Durchschnitt anheben, so ein Bericht der Wirtschaftszeitung Nikkan Kogyo vom 1. August 2022.

Regierung will Innovationsumfeld stärken

Die Regierung hebt das staatliche Budget für Wissenschaft und Technologie im Fiskaljahr 2022 auf Yen-Basis um 2,4 Prozent an. Mit einer integrierten Innovationsstrategie will sie den Anschluss an das Führungsfeld behalten. Das Land strebt eine stärker ergebnisorientierte Forschung und Entwicklung an. Das erfordert eine engere Kooperation zwischen Wissenschaft und Privatwirtschaft.

Die Hauptakteure für F&E bleiben die Firmen. Sie erhalten für ihre Forschungsaktivitäten steuerliche Vorteile. Zusätzlich zu Steueranreizen leistet die öffentliche Hand insbesondere für bestimmte Prioritätsbereiche auch direkte Unterstützung. Allerdings zeigen Zahlen der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD), dass Japan bei Umfang und Großzügigkeit der F&E-Steueranreize 2021 nur im Mittelfeld lag und im Vergleich zu anderen Ländern zurückfiel.

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