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Wirtschaftsumfeld | Japan | Verhandlungspraxis

Privater Umgang

Auch im zwischenmenschlichen Miteinander gelten Rücksicht und Höflichkeit als oberste Gebote. Gemeinsames Essen bringt Geschäftspartner einander näher.

Von Michael Sauermost, Christiane Süßel | Bonn

Japaner sind gastfreundlich und werden alles tun, damit sich der deutsche Besucher wohlfühlt. Das Interesse am kulturellen Austausch ist sehr groß; derartige Berührungspunkte zwischen Japan und Deutschland sind vielfältig. Neben dem Besuch eines Restaurants oder einer Bar kann es auf höherer Entscheidungsebene auch zu einer gemeinsamen Runde Golf kommen. Neben Geschäftsessen zählt weiterhin das Karaoke-Singen zum typisch japanischen gesellschaftlichen Programm, wenngleich dies tendenziell nachgelassen hat.

Einladungen nach Hause sind eher unüblich und werden erst nach einer sehr langen, intensiven Geschäftsbeziehung ausgesprochen. In jedem Fall sind solche Einladungen als Zeichen besonderer Hochachtung zu werten. Bei diesen Anlässen darf ein Gastgeschenk nicht fehlen.

Geschäftsessen ist nicht gleich Geschäftsessen

Um das Essen dreht sich in Japan viel. Entsprechend wichtig sind Geschäftsessen für die beruflichen und persönlichen Kontakte. Bei einem Erstkontakt sind mittlerweile auch Verabredungen zum Frühstück im Hotel in Mode gekommen. In der Regel wird die japanische Seite als Gastgeber die Einladung aussprechen. Die Wahl des Restaurants richtet sich nach der Bedeutung des Besuchers. Dabei ist die preisliche Bandbreite sehr groß.

Wenn beispielsweise der Vorstandsvorsitzende eines großen Konzerns in ein Sternerestaurant eingeladen wird, kann ein Abendessen schon mal umgerechnet 300 bis 400 US-Dollar (US$) pro Person kosten. Auf niedrigerer Ebene sind etwa traditionelle Izakaya (japanische Pubs mit Restaurantbetrieb) vollkommen ausreichend. Richtpreise sind 40 bis 60 US$ pro Person. Eine Reihe von Unternehmen hat die Etats allerdings unter anderem aufgrund von Sparmaßnahmen und Compliance im Vergleich zu früher deutlich gekürzt.

Geschäftsessen dauern mittags wie abends etwa zwei Stunden. Nicht selten sind die Plätze für ein entsprechendes Zeitlimit reserviert. Am Eingang der Restaurants werden die Schuhe oft ausgezogen. Geschäftsessen folgen bestimmten Ritualen. Der ranghöchste Gast erhält etwa den besten Platz, ihm gegenüber sitzt der Gastgeber. Die weitere Sitzfolge richtet sich nach der Hierarchie.

Es gilt, Tischsitten zu beachten

Alkohol wird während des Mittagessens nicht oder nur wenig getrunken. Zum Abendessen werden häufig Sake und Bier gereicht. Beim Trinken ist zu beachten, dass sich der Gast in Japan nie selbst einschenkt. Der Gastgeber oder Tischnachbar wird das Glas des Gastes füllen. Umgekehrt sollte der Gast den Sitznachbarn bei Bedarf Getränke einschenken. Will man das stetige Nachfüllen beenden, empfiehlt es sich, sein Glas nicht leerzutrinken.

Gegessen wird mit Essstäbchen; auf Wunsch wird weiteres Besteck gereicht. Auch wenn Japaner Sie dafür nicht vor anderen kritisieren werden: Stecken Sie die Stäbchen niemals in das Essen in Ihren Schalen (symbolisch für Tod), sondern legen Sie diese in den Esspausen auf den kleinen Stäbchenhaltern daneben ab. Die japanische Tischsitte erlaubt es, Suppen zu schlürfen. Verpönt ist es aber, sich öffentlich die Nase zu putzen.

Die jeweils einladende Seite übernimmt die Bezahlung der Gesamtrechnung. Aus Diskretion passiert dies nicht am Tisch, sondern am Restauranteingang. In japanischen Delegationen erledigt diese Aufgabe oft das jüngste Mitglied. Trinkgelder sind in Japan unüblich. In Tokyo ist das Rauchen nur noch in markierten Zonen erlaubt. In Gebäuden sowie in vielen Restaurants sind abgetrennte Raucherecken eingerichtet.

Interesse signalisieren

Bei einer Unterhaltung ist es üblich, dem japanischen Gesprächspartner alle zwei, drei Sätze eine kurze Rückmeldung zu geben ("Ja", "Ah" oder Ähnliches). Damit weiß das Gegenüber, dass er verstanden wird beziehungsweise, dass ihm Aufmerksamkeit geschenkt wird. Außerdem sind in Japan Komplimente sehr angesagt.

Typisch bei Verhandlungen sind des Weiteren lange Gesprächspausen, die für westliche Geschäftsleute unangenehm sein können. "Das trifft insbesondere auf virtuelle Meetings zu", berichtet Angela Kessel vom Beratungsinstitut Access Culture. "Hilfreich ist es, selber immer wieder kurz innezuhalten und dem Gegenüber Gelegenheit zu einem Kommentar zu geben." Die Beraterin weist zudem darauf hin, dass Japaner bei Online-Meetings ihre Kameras gerne ausgeschaltet lassen. "Die eigene Kamera zu aktivieren, kann die Japaner motivieren, dies auch zu tun und so mehr persönliche Atmosphäre erzeugen", rät sie.

Sensible Themen vermeiden

Neben der geopolitischen und historischen Situation zwischen Japan und China stehen japanische Unternehmen in einem harten wirtschaftlichen Wettbewerb mit chinesischen Firmen. "Es kommt bei japanischen Geschäftspartnern daher in der Regel schlecht an, wenn im Gespräch von erfolgreichen Aktivitäten der deutschen Firma in China geschwärmt wird und davon ausgegangen wird, dass es in Japan ähnlich laufen müsse", berichtet Peter Kempf, Geschäftsführer des Beratungsinstituts Kesch-Training International, von seinen Erfahrungen. Zwar mögen sich die Mentalitäten der beiden Länder aus deutscher Sicht ähneln, doch werden Japaner nicht gerne mit Chinesen gleichgesetzt. Während der Vergleich mit China daher ein No-Go ist, ehrt es die Japaner, wenn die deutsche Seite ihren Geschäftserfolg in den USA als Maßstab anlegt.

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