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Branchen | Jordanien | Gesundheitswirtschaft

Gesunde Geschäfte mit Wachstum auf Rezept

Die Gesundheitswirtschaft ist eine der leistungsfähigsten Branchen Jordaniens. Potenziale bestehen bei Krankenhäusern, Pharmazeutika sowie Wellnessprodukten vom Toten Meer.

Von Detlef Gürtler | Berlin

An den Maßstäben eines Schwellenlands orientiert, verfügt Jordanien über ein recht gut ausgebautes Gesundheitssystem. Der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt bei 7,6 Prozent, und damit in etwa auf dem Level der EU-Staaten Griechenland oder Bulgarien. Die Ärztedichte von rund 2,7 Ärzten je 1.000 Einwohner ist deutlich niedriger als in der EU (3,5 Ärzte je 1.000 Einwohner), aber fast so hoch wie in Saudi-Arabien und dreimal höher als etwa in Ägypten oder Irak.

Gesundheitswesen: hoher Standard, internationale Ausstrahlung

Der gute Versorgungs- und Ausbildungsstand im Gesundheitssektor hat es ermöglicht, dass Jordanien in das deutsche Triple Win-Programm zur internationalen Anwerbung von Pflegekräften aufgenommen wurde. Das Programm ist 2013 von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Bundesagentur für Arbeit gestartet worden. Triple Win vermittelt derzeit Pflegefachkräfte aus Bosnien und Herzegowina, Tunesien, Indonesien, der indischen Region Kerala und eben Jordanien nach Deutschland.

Eine im regionalen Bereich starke Marktposition haben jordanische Krankenhäuser. Hier werden viele Operationen an Patientinnen und Patienten aus anderen arabischen Staaten durchgeführt, insbesondere aus Saudi-Arabien. Die grenzüberschreitenden Erlöse von etwa 250 Millionen Euro bedeuten einen Anteil von knapp 2 Prozent an den jordanischen Exporten.

Die 2022 veröffentlichte Modernisierungsvision für Jordanien plant mit einer Verdreifachung der Exporterlöse in den nächsten zehn Jahren. Entsprechend aufgeschlossen ist das Land für internationale Kooperationen und Investments. Während deutsche Anbieter von Medizintechnik im jordanischen Krankenhausmarkt als Lieferanten gut vertreten sind, gibt es noch kein einziges Engagement von deutschen Klinikbetreibern.

Pharmazeutische Industrie: starke Marktposition in der MENA-Region

Die pharmazeutische Industrie Jordaniens ist vergleichsweise hoch entwickelt und mit Eigenprodukten und Auftragsfertigung überall in der arabischen Welt präsent. Der vergleichsweise kleine einheimische Markt hat zu einer starken Exportorientierung geführt: Etwa drei Viertel der Produktion gehen ins Ausland, vor allem in die MENA-Region – das entspricht 6,5 Prozent des jordanischen Warenexports.

Manchmal gehen die Firmen gleich mit. Das gilt etwa für den 1976 in Amman gegründete Hikma-Konzern, der nach dem Gang an die Londoner Börse 2005 auch den Firmensitz dorthin verlegte. Mit einem Umsatz von mehr als 2,5 Milliarden US-Dollar (US$), die zu etwa 60 Prozent in den USA erzielt werden, ist Hikma nicht nur Branchenprimus in Jordanien, sondern auch der größte Pharmakonzern aus dem Nahen Osten. MS Pharma, mit 2.000 Beschäftigten die Nummer zwei der Branche in Jordanien, hat zwar den Standort der Konzernleitung in die Schweiz verlegt, den Firmensitz aber in Amman belassen.

Im Jahr 2021 trug die pharmazeutische Industrie rund 700 Millionen Euro zum BIP bei, das entspricht etwa 10 Prozent der gesamten Industrieproduktion. Die Zahl der Beschäftigten ist mit landesweit 5.400 Arbeitskräften eher niedrig, allerdings liegt deren Pro-Kopf-Beitrag zur Wertschöpfung mehr als dreimal so hoch wie der Durchschnittswert aller Industriebranchen.

Das innovative Potenzial der Branche ist begrenzt, da sich die meisten Hersteller auf die Produktion von Generika spezialisiert haben. Die wichtigsten Produkte sind dabei Antibiotika und Schmerzmittel. Die Modernisierungsvision von 2022 wünscht sich die Pharmabranche als Exportmotor: Ein durchschnittliches Wachstum der Exporterlöse um 20 Prozent pro Jahr soll zu einer Verzehnfachung der Ausfuhren führen. Dafür wären unter anderem größere Anstrengungen in Forschung und Entwicklung nötig, allerdings wird das kaum ohne Know-how-Transfer aus dem Ausland funktionieren. Insbesondere für Neueinsteiger in der arabischen Region bietet sich hier ein Potenzial für Kooperationen und Auftragsfertigungen.

Wellness: Wachstumspotenzial für Dead-Sea-Produkte

Eine besondere Nische bespielt Jordanien mit Gesundheits- und Wellnessprodukten vom Toten Meer. Nach einer Studie des US-Marktforschungsunternehmens Allied Markets Research betrug im Jahr 2021 der weltweite Umsatz für Totes-Meer-Produkte 723 Millionen US$. Den Umsatz im Jahr 2031 schätzen die Marktforscher auf 2,6 Milliarden US$.

Von den insgesamt drei Anrainern des Toten Meeres, Israel, Palästina und Jordanien, sind nur Israel und Jordanien in der Herstellung von Kosmetik- und Wellnessprodukten aus Schlamm des Toten Meeres aktiv. Das allerdings sehr ungleich verteilt: Vom gesamten Weltmarktanteil dieser Produkte entfallen etwa 95 Prozent auf Unternehmen aus Israel. Während israelische Anbieter wie Ahava oder Dead Sea Premier ihre eigenen Marken weltweit verkaufen, exportieren jordanische Anbieter oft nur Schlamm beziehungsweise Salz aus dem Toten Meer als Rohstoff für Produzenten aus anderen Staaten wie China. Entsprechend geringer sind die Umsätze und Margen.

Für jordanische Produzenten besteht großes Potenzial, ihren Anteil an diesem dynamisch wachsenden Markt zu erhöhen. Auch bieten Wellness- und Gesundheitstourismus am Toten Meer neue Geschäftsmöglichkeiten.


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