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Im Jahr 2020 wurden auf dem kasachischen Markt um 25 Prozent mehr neue Pkw abgesetzt. Über 70 Prozent der Verkäufe entfielen auf lokal montierte Fahrzeuge.
25.02.2021
Von Jan Triebel | Almaty
In Kasachstan hat die Coronakrise der Nachfrage nach fabrikneuen Pkw keinen Dämpfer versetzt. Der Aufwärtstrend setzte sich auch 2020 fort. Nach Angaben des Automobilverbands KasAwtoProm wurden 89.097 neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge verkauft - ein Plus von 24,8 Prozent im Vergleich zu 2019.
Den monatlichen Verkaufsstatistiken von KasAwtoProm zufolge wurde einzig im April, als ein harter Corona-Lockdown in Kraft war, das Vorjahresresultat verfehlt. In allen anderen Monaten konnten die Händler mehr Pkw als 2019 absetzen.
Mit diesem Ergebnis setzte sich die seit 2016 zu beobachtende Markterholung das vierte Jahr in Folge fort. Es wird aber noch einige Zeit brauchen, bis sich der kasachische Markt dem Rekordniveau von 2014 annähern wird, als fast 164.000 fabrikneue Pkw verkauft wurden. Für 2021 halten Marktbeobachter ein Übertreffen der Marke von 100.000 Fahrzeugen für möglich.
Es ist davon auszugehen, dass der Anteil von lokal gefertigten Fahrzeugen an den Gesamtverkäufen noch höher als in den Jahren zuvor ausfallen wird. Diese hatten 2019 erstmals den Pkw-Absatz in Kasachstan dominiert und ihren Marktanteil 2020 weiter ausbauen können.
Laut Angaben von KasAwtoProm stammten 2020 von den verkauften Pkw 63.541 oder 71,3 Prozent aus einem der mittlerweile drei größeren lokalen Montagewerken. Ein Jahr zuvor hatte dieser Beitrag noch 59,1 Prozent ausgemacht. Parallel dazu wurden 2020 nur 25.556 neue Import-Pkw verkauft, womit der Anteil importierter Fahrzeuge an den Gesamtverkäufen zwischen 2019 und 2020 von 40,9 auf 28,7 Prozent zurückging.
Zur nennenswerten Steigerung des Absatzes von lokal montierten Pkw hat neben der guten Nachfrage kasachischer Kunden auch das ausgeweitete Angebot beigetragen. So wurde etwa in Kostanai bei SaryarkaAwtoProm im März 2020 mit der Fertigung von Pkw der Marke Chevrolet begonnen.
Die Montagelinie ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der AllurGroup, dem Mutterhaus von SaryarkaAwtoProm, und Usbekistans staatlicher Gesellschaft für die Automobilindustrie O` zavtosanoat. Neben den acht Chevrolet-Modellen laufen in Kostanai noch mehrere Versionen der chinesischen Marke JAC vom Band. Darüber hinaus startete im Herbst 2020 am Standort Almaty das Unternehmen Hyundai Trans Kazakhstan, das zur Firmengruppe Astana Motors gehört, die Montage von zunächst sechs Hyundai-Modellen.
Seit 2015 wird der Absatz von Pkw aus heimischer Fertigung im Rahmen eines staatlichen Förderprogramms über die Vergabe zinsvergünstigter Kredite stimuliert. Im Jahr 2020 belief sich die Zahl der auf diesem Weg geschlossenen Kaufverträge auf insgesamt 8.012, was in etwa einem Achtel aller im Land verkauften Neuwagen aus lokaler Montage entsprach.
Über das Programm können kasachische Fabrikate zu einem Preis von höchstens 15 Millionen Tenge (umgerechnet rund 36.300 US-Dollar) finanziert werden. Laut der staatlichen Entwicklungsbank Kasachstans BRK, die das auf zunächst 20 Jahre angelegte Programm koordiniert, traf dies zuletzt auf 48 Modelle der Hersteller SaryarkaAwtoProm, Asija Awto und Hyundai Trans Kazakhstan zu.
Laut Marktbeobachtern werden die Werke in Kostanai und Almaty auch 2021 mit einer regen Nachfrage rechnen können, weshalb sich das Kräfteverhältnis auf dem Pkw-Markt weiter zugunsten des kasachischen Anteils verschieben dürfte. Kein Beitrag ist hingegen vom Montagewerk Asija Awto zu erwarten.
Der in Öskemen (Ust-Kamenogorsk) ansässige Betrieb, zu dessen Produktpalette zuletzt jeweils mehrere Modelle der Marken Lada, Skoda, Renault, KIA und UAZ zählten, verkündete Ende Februar 2021 sein Aus. Hintergrund ist eine gerichtliche Auseinandersetzung mit dem kasachischen Industrieministerium, bei der Asija Awto zur Rückzahlung von umgerechnet mehr als 400 Millionen US-Dollar verurteilt wurde. Streitpunkt war die Auslegung einer 2017 getroffenen Investitionsvereinbarung mit den Asija Awto zustehenden Steuer- und Zollvorteilen.
Die Probleme bei Asija Awto schlugen sich bereits 2020 in der Statistik der in Kasachstan meistverkauften Pkw-Marken nieder. So verdrängte Hyundai die von Asija Awto produzierten Lada-Modelle auf Platz zwei. Der Absatz der Marke Hyundai zog gegenüber dem Vorjahr um 21 Prozent an, der der Marke Lada um 14 Prozent. Dahinter wurde Chevrolet als erfolgreichster Aufsteiger des Jahres von Toyota nur knapp auf Rang vier verwiesen.
Marke | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 |
---|---|---|---|---|---|
Hyundai | 3.535 | 3.624 | 8.721 | 14.853 | 17.928 |
Lada | 8.146 | 8.729 | 13.413 | 15.366 | 17.453 |
Toyota | 8.809 | 9.252 | 12.278 | 14.197 | 10.081 |
Chevrolet | 1.122 | 1.489 | 1.102 | 838 | 10.029 |
Ravon | 396 | 4.621 | 1.727 | 3.651 | 7.137 |
Dabei hatte der japanische Anbieter 2020 mit einem Minus von 30 Prozent merkliche Absatzeinbußen hinzunehmen. Diese Entwicklung bei einem gleichzeitig kräftig wachsenden Markt führen Beobachter vor allem auf den Ausfall von Kunden aus dem öffentlichen Sektor zurück. Besonders dort hatten sich die aus dem Toyota-Werk im russischen St. Petersburg und Japan stammenden Modelle lange Zeit einer großen Beliebtheit erfreut. Jedoch dürfen seit Sommer 2019 nur noch lokal montierte Pkw bei Fahrzeugbeschaffungen der öffentlichen Hand in die engere Wahl gezogen werden.
Als einziger Hersteller mit deutschen Wurzeln gehörte Volkswagen (VW) 2020 zu den zehn wichtigsten Akteuren bei Neuwagen auf dem kasachischen Markt. Der deutsche Automobilkonzern steigerte seinen Absatz 2020 laut KasAwtoProm um knapp 50 Prozent auf 2.552 Pkw. Am gefragtesten waren die Modelle Polo und Tiguan, die VW in seinem Werk im russischen Kaluga fertigt.
Eine von KasAwtoProm erstmals veröffentlichte Aufstellung zur Verteilung der Verkäufe auf die einzelnen Fahrzeugsegmente macht die klare Dominanz von zwei Klassen ersichtlich. Vorne lagen Kleinwagen und Fahrzeuge des Segments Sport Utility Vehicles, auf die beide zusammen 2020 gut vier Fünftel des Absatzes entfielen.
Segment *) | Anzahl | Anteil |
---|---|---|
Kleinwagen | 40.777 | 45,8 |
SUVs | 31.975 | 35,9 |
Mittelklasse | 5.929 | 6,7 |
Leichte Nutzfahrzeuge (LCV) | 4.998 | 5,6 |
Kompaktklasse | 3.155 | 3,5 |
PickUps | 1.179 | 1,3 |
Utilities | 561 | 0,6 |
Obere Mittelklasse | 300 | 0,3 |
Minis | 134 | 0,2 |
Oberklasse | 65 | 0,07 |
Sportwagen | 24 | 0,03 |