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Branchen | Kenia | Medizin

Unternehmen investieren weiter in Kenias Gesundheitssektor

Auch der Staat plant größere Projekte. Dessen Interesse an Partnerschaften mit dem Privatsektor schafft weitere Geschäftsmöglichkeiten.

Von Carsten Ehlers | Nairobi

Kenias Gesundheitssektor dürfte im Vergleich zu anderen Branchen weiterhin überdurchschnittlich wachsen. Deutsche Unternehmen verfügen über eine Vielzahl von Liefermöglichkeiten, vor allem von Medizintechnik und pharmazeutischen Produkten. Zudem gewinnt die lokale Präsenz in Form einer Vertriebsniederlassung vor Ort oder gar Produktion an Bedeutung. 

Gegenwärtig leiden Akteure im Gesundheitssektor unter dem schwierigen konjunkturellen Umfeld. Insbesondere bei Lieferungen von Medizintechnik sind die Lieferkettenprobleme gravierend. Hinzu kommen stark gestiegene Frachtkosten.

Mittelfristige Wachstumsmotoren in Kenias Gesundheitsbereich sind zum einen die wachsende Mittelschicht, von der insbesondere der private Gesundheitssektor profitiert. Darüber hinaus expandiert der öffentliche Gesundheitsbereich, unter anderem weil die staatliche Krankenkasse National Health Insurance Fund (NHIF) einen immer größeren Teil der Bevölkerung und auch zahlreiche Leistungen abdeckt.

Zunahme chronischer Krankheiten erfordert mehr Investitionen

Im afrikanischen Vergleich sind die Kenianer gut über medizinische Versorgungsmöglichkeiten informiert und daher eher bereit, Geld für Vorsorge und Behandlungen auszugeben. Eine positive Entwicklung - in Anbetracht eines rapiden Bevölkerungswachstums von derzeit jährlich 1,2 Millionen Menschen sowie der Zunahme chronischer Krankheiten wie Krebs, Diabetes und Herz-Kreislaufkrankheiten. 

Die Ausgaben im kenianischen Gesundheitssektor werden von Fitch Solutions, einem Anbieter von Finanzinformationsdiensten, auf rund 5,5 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2022 geschätzt, mit guten Wachstumsperspektiven für die kommenden Jahre. Im weltweiten Vergleich ist Kenia ein kleiner Absatzmarkt; innerhalb Subsahara-Afrikas ragt das ostafrikanische Land zusammen mit Südafrika, Nigeria und Ghana indes heraus: Von den 5,5 Milliarden US$ entfallen rund 2,9 Milliarden auf den öffentlichen und 2,6 Milliarden US$ auf den privaten Sektor. 

Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Kenia

Indikator

Wert

Einwohnerzahl (2021 in Mio.)

55,0

Bevölkerungswachstum (2021 in % pro Jahr)

2,2

Altersstruktur der Bevölkerung (2020)

 Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

38,0

 Anteil der über 65-Jährigen (in %)

3,0

Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2020 in Jahren)

67

BIP pro Kopf (2021 in US$)

2.198,6

Gesundheitsausgaben pro Kopf (2019 in US$)

83,4

Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2019 in %)

4,6

Ärzte/100.000 Einwohner (2018)

15,7

Zahnärzte/100.000 Einwohner (2019)

2,5

Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2010)

140

Quelle: The Economist Intelligence Unit 2022; The World Bank 2022; World Health Organization 2022; IMF World Economic Outlook 2022

Wachsende Mittelschicht stärkt Privatsektor

Marktkenner bewerten den privaten Gesundheitssektor in den kommenden Jahren als besonders dynamisch. Die recht große kenianische Mittel- und Oberschicht ist überwiegend über den Arbeitgeber bei Privatkassen wie Britam, Jubilee, ICEA Lion und Sanlam versichert und kann teurere medizinische Leistungen bezahlen.

Private Gesundheitsakteure legen beim Kauf von Medizintechnik und Pharmazeutika Wert auf Qualität und Kundenbetreuung. Deutsche Zulieferer verfügen hier über gute Chancen. Aktuell dürften steigende Preise für importierte Güter sowie mangelnde Kapitalverfügbarkeit vielen kenianischen Bestellern das Leben erschweren. Flexibilität bei den Zahlungsbedingungen ist seitens der Lieferanten daher besonders wichtig.

Lukrative medizinische Dienstleistungen stehen bei Privaten im Fokus, wie die Behandlung chronischer Krankheiten, Kinderheilkunde und die Bereiche Zahnmedizin, Orthopädie, Schönheitschirurgie, Augenheilkunde und Diagnostik. Gerade in Nairobi gibt es eine Reihe privater Krankenhäuser wie Aga Khan, Nairobi Hospital, M.P. Shah, Karen Hospital oder Avenue Hospital. Hinzu kommen zahlreiche Arztpraxen und Diagnostikzentren. Eine wichtige Rolle - gerade in ländlichen Regionen - spielen "Non-Profit-Einrichtungen", die von religiösen Organisationen wie Kirchen betrieben und finanziert werden.

Staatliche Käufer achten zunehmend auf Qualität

Ausschreibungen für den staatlichen Gesundheitssektor sind aufgrund ihres Umfangs vielversprechend. Gleichwohl sind die Entscheidungen, wer den Zuschlag erhält, oft preisgetrieben und laut Angaben von Zulieferern unter Compliance-Aspekten nicht immer sauber. Mitunter beeinflussen auch beteiligte Geberorganisationen die Entscheidung. Kritisch sehen viele Zulieferer die Zahlungsmoral der Behörden. Gleichwohl steigt das Qualitätsbewusstsein der Ärzte in staatlichen Krankenhäusern und damit auch der Druck auf die ausschreibende Stelle, gute Produkte einzukaufen.

Branchenkenner erwarten unter der neuen Regierung weiterhin eine hohe Priorisierung des Gesundheitssektors und damit Investitionen in allen Bereichen. Gleichwohl limitiert die hohe Staatsverschuldung den Spielraum für Ausgaben, so dass die Offenheit der zuständigen Behörden für Public-Private-Partnerships (PPP) steigt. Ausländische Zulieferer können beispielsweise PPP eingehen, indem sie Geld für die Einrichtung einer Fachabteilung in einem staatlichen Krankenhaus bereitstellen oder Personal ausbilden. Häufig können bei derartigen Projekten auch Geber mit ins Boot geholt werden. 

Aktuelle Investitionsvorhaben im Gesundheitssektor in Kenia (Auswahl)

Projekt

Investitionssumme in Mio. US$*)

 Anmerkung

Moderna mRNA-Impfstoff-Fabrik

483,2

Im März 2022 hat Moderna mit der kenianischen Regierung eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) für den Bau der Fabrik unterzeichnet; Umsetzung ungewiss

Kabarak University Teaching Research & Referral Mission Hospital (KUTRRMH)

294,1

Geplantes Privatkrankenhaus bei Nakuru mit 500 Betten auf dem Campus der Kabarak University; Investor wartet noch auf die staatliche Genehmigung

Aga Khan Health Services

210,1

Ausbau der Krankenhäuser in Nairobi, Mombasa und Kisumu; Zusammenarbeit mit verschiedenen Gebern

Mathari National Teaching and Referral Hospital (MNTRH)

42,0

in Planung

Kakamega Teaching & Referral Hospital

21,0

Bau wurde von chinesischen Kontraktoren 2021 wegen Zahlungsproblemen gestoppt; Krankenhaus ist auf 750 Betten ausgelegt

Avenue Healthcare

13,4

Bau und Aufkauf neuer Krankenhäuser mittlerer Größe

M.P. Shah Hospital

8,4

Ausbau der Einrichtungen in Nairobi und Aufbau von Sauerstoffproduktionsanlagen

*) Umrechnung zum Wechselkurs der Deutschen Bundesbank Ende Juli 2022: 1 US-Dollar = 119 Kenia-Schilling (K.Sh.)Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2022

Vertrieb: Lokale Präsenz wird immer wichtiger

Aufgrund des Marktwachstums wird eine lokale Präsenz immer attraktiver. Größere Pharmaunternehmen betreiben in der Regel Vertriebsniederlassungen in Nairobi und nutzen zusätzlich internationale Vertriebspartner wie Laborex und Imperial Logistics. Medizintechnikproduzenten sind in der Regel über kleinere spezialisierte Vertriebspartner in Kenia präsent, weil der After-Sales-Service hier eine sehr wichtige Rolle spielt.

Direkt vor Ort zu produzieren wird ebenfalls interessanter. So produziert B. Braun seit 2020 Infusionslösungen in einer Fabrik bei Nairobi. Zum einen wächst der Absatzmarkt und gerade in Zeiten hoher Importpreise wächst der Preisvorteil lokaler Produzenten. Hinzu kommt: Wenn man sich bei staatlichen Ausschreibungen als lokaler Investor präsentieren kann, steigen die Chancen, dass man den Zuschlag erhält.

Luft nach oben besteht aus Sicht vieler Unternehmen bei der Regulierung des Sektors. Korruption, Langsamkeit und Inkompetenz werden als überdurchschnittlich hoch eingestuft. Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht zur Verfügung sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

Kontaktadressen

Bezeichnung

Anmerkungen

Germany Trade & Invest: Länderseite zu Kenia

Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

AHK Kenia

Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

Exportinitiative Gesundheitswirtschaft

Portal der Exportinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz

Ministry of Health

Gesundheitsministerium

Kenya Medical Supplies Agency (KEMSA)

staatliche Beschaffungsstelle

Pharmacy & Poisons Board (PPB)

Regulierer für Pharmazeutika

Kenya Healthcare Federation (KHF)

Verband niedergelassener Ärzte

The East African Medical Journal

Fachpublikation

Africa Health

Fachmesse in Johannesburg (Südafrika); findet sowohl in Präsenz als auch online statt

MEDEXPO Africa

Fachmesse in Nairobi; nächste Veranstaltung findet vom 21.-23.6.23 im Sarit Expo Centre statt

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