Mehr zu:
KirgisistanÖffentliche Finanzen, Staatshaushalt
Wirtschaftsumfeld
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Wirtschaftsumfeld | Kirgisistan | Öffentliche Finanzen, Staatshaushalt
Trotz mehrerer Notkredite von internationalen Gebern in der Coronakrise ist die finanzielle Situation Kirgisistans prekär. Immerhin naht bei den Auslandsschulden Entspannung.
24.07.2020
Von Jan Triebel | Bischkek
Mit der Ausbreitung des Coronavirus haben sich in der kleinen zentralasiatischen Republik Kirgisistan die wirtschaftlichen Aussichten wie auch die Situation der Staatsfinanzen rapide verschlechtert. Um die Krise zu bewältigen, ist das rohstoffarme Land stark auf finanziellen Beistand und Zugeständnisse des Auslands angewiesen. Internationale Geber stellten bereits bis Mitte Juli 2020 Finanzhilfen von rund 320 Millionen US-Dollar (US$) bereit. Bis Ende 2020 erwartet Kirgisistan Unterstützungszahlungen in Höhe von voraussichtlich 630 Millionen US$, wenn weitere Zusagen umgesetzt werden.
Hinzu kommt, dass die kirgisische Regierung für den Schuldendienst gegenüber ausländischen Gläubigern mit nennenswerter Entlastung rechnen kann. Mitte Juli 2020 veröffentlichte sie auf ihrer Internetseite ein Update zum Stand der Verhandlungen mit internationalen Kreditgebern zur Reduzierung der Schuldenlast in der Coronakrise. Als wichtiger Schritt gilt eine Entscheidung der weltweit führenden 20 Wirtschaftsnationen. Die als G20 bekannte Staatengruppe hatte bereits Mitte April den Vorschlag grundsätzlich gebilligt, den 77 ärmsten Ländern der Welt, zu denen auch Kirgisistan zählt, für 2020 einen Zahlungsaufschub zu gewähren.
Die Entscheidung der G20 sieht vor, dass alle Zins- und Tilgungszahlungen im Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Dezember 2020 gestundet werden. Betroffen sind bilaterale Kreditverträge, die vor dem 24. März 2020 in Kraft traten. Der G20-Vereinbarung zufolge haben Kirgisistan und die anderen von dem Zahlungsmoratorium erfassten Länder nach dem tilgungsfreien Jahr drei Jahre Zeit, die für 2020 gestundeten Beträge nachzuzahlen. Multilaterale Geber wie die Weltbank-Gruppe und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten schon im März 2020 angeregt, für die ärmsten Länder die Schuldenrückzahlung vorübergehend auszusetzen.
Die kirgisische Regierung konnte nach eigenen Angaben bis Mitte Juli mit nahezu allen Partnern vereinbaren, ihre ursprünglich für 2020 anstehenden Verbindlichkeiten zu bilateralen Kreditverträgen aufzuschieben. Unter Dach und Fach sind demnach Einigungen mit Frankreich, Deutschland, Dänemark, Südkorea, Japan und mit den nationalen Entwicklungsfonds von Saudi-Arabien und Kuwait. Auch bei den Gesprächen mit dem Nachbarland China, von dem Kirgisistan in den letzten Jahren mit Abstand die meisten Kredite auf nationaler Ebene erhalten hatte, soll es grundsätzliche Einigung geben. Dem Vernehmen nach wurde Mitte Juli 2020 aber noch über abschließende Detailfragen verhandelt.
Nach Angaben des Finanzministeriums beliefen sich Kirgisistans Auslandsschulden Ende Mai 2020 auf 4,08 Milliarden US-Dollar (US$). Zu diesem Zeitpunkt kamen Binnenschulden in Höhe von umgerechnet 678 Millionen US$ hinzu - in erster Linie in Form von lokal begebenen Staatsanleihen mit Laufzeiten von zwei bis zehn Jahren. Zusammen mit diesen Verbindlichkeiten gegenüber lokalen Kreditgebern belief sich die gesamte Schuldenlast des kirgisischen Staats Ende Mai 2020 auf 4,76 Milliarden US$.
Für 2020 plant die Regierung umgerechnet 430 Millionen US$ für ihren Schuldendienst ein, heißt es im revidierten Haushaltsgesetz. Davon beglich das Finanzministerium im 1. Halbjahr bereits 209 Millionen US$ - darunter gut 52 Prozent für Tilgungs- und Zinszahlungen im Rahmen der Binnenschulden und circa 48 Prozent für den Schuldendienst gegenüber ausländischen Gläubigern.
Nachdem die Gesamtverschuldung des Staats im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2019 gegenüber 2018 von 54,8 auf 54,1 Prozent leicht rückläufig gewesen war, dürfte sie 2020 wieder deutlich zulegen. Das Finanzministerium rechnet 2020 mit einem Anstieg auf 60,2 Prozent. Darunter gilt für die Auslandsverschuldung ein Anziehen von 45,5 auf 51,6 Prozent des BIP als wahrscheinlich.
Ende Mai 2020 war die Export-Import Bank of China (China Eximbank) der mit Abstand größte Einzelgläubiger Kirgisistans. Bei einem Volumen von 1,77 Milliarden US$ machte das Kreditportfolio der chinesischen Staatsbank anteilsmäßig 43,5 Prozent aller in den Büchern stehenden Auslandsschulden aus.
Laut einer Übersicht des Finanzressorts folgten dahinter mehrere multinationale Geldgeber wie die zur Weltbank-Gruppe zählende Internationale Entwicklungsorganisation (IDA) mit 646 Millionen US$, die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) mit 551 Millionen US$ und der IWF mit 379 Millionen US$. Zu den größeren bilateralen Gebern zählte zudem Japans Agentur für internationale Zusammenarbeit (JICA), die Kirgisistan mit Krediten von 239 Millionen US$ unterstützt hat. Das Engagement der deutschen KfW Entwicklungsbank im Land bezifferte das kirgisische Finanzministerium Ende Mai 2020 mit 76 Millionen US$.