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Startschuss für das Infrastrukturprogramm der fünften Generation

Die Vergabe der Konzessionen hat begonnen. Ausländische Firmen können durch Know-how punkten und so ihre Marktanteile erhöhen.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Laut dem Global Competitiveness Report 2019 des World Economic Forums liegt Kolumbien weltweit auf Rang 92 beim Thema Transportinfrastruktur. Um das zu ändern und die Wirtschaft nach einem schwierigen Jahr 2020 anzukurbeln, plant die kolumbianische Regierung eine Reihe von Infrastrukturprojekten in den nächsten Jahren.

Autobahnen, Flughäfen und Zugstrecken geplant

Im Jahr 2014 lief das Infrastrukturprogramm "Vierte Generation von Konzessionen" (Cuarta Generación de Concesiones) an. Inzwischen sind 26 der 29 Projekte vergeben und im Bau. Auf diese Investitionsoffensive folgte die Ankündigung des Infrastrukturprogramms der fünften Generation, das 13,6 Milliarden US-Dollar (US$) umfasst. Die Projekte sollen nach Vergabe innerhalb von vier bis fünf Jahren fertiggestellt werden. Damit könnten viele spätestens 2027 in Betrieb sein. Im Gegensatz zu dem Vorgängerprogramm, das sich rein auf Autobahnen bezog, ist das neue multimodal.

Zu den ersten Projekten, die 2021 ausgeschrieben wurden, zählen neben Autobahnen auch Flughäfen, Zugstrecken und die Schiffbarmachung des Magdalena-Flusses. Insbesondere letztere erfordern mehr Technologie und könnten interessant für deutsche Firmen sein. Das neue Infrastrukturprogramm umfasst in einer ersten Phase 15 Projekte, wovon 12 in der 2. Jahreshälfte 2021 vergeben werden sollen. In einer zweiten Phase folgen 11 weitere Projekte. Das größte davon ist das Flughafensystem Sistema Aeroportuario de Bogotá (SAB) 2050 für Investitionen von rund 2,5 Milliarden US$.

Erste Konzession vergeben

Mitte Mai vergab die Regierung die erste Konzession: Der Auftrag im Wert von 1,2 Milliarden US$ für das neue Straßennetz in Valle del Cauca ging an das Konsortium Estructura Plural PRC-MC (zu 70 Prozent bestehend aus Rodovías Colombia und zu 30 Prozent aus MC Victorias Tempranas). Drei weitere Projekte in Bogotá (Accesos Norte Phase II, Carrera Séptima und ALO Sur) sollen bald ebenfalls vergeben werden. Außerdem befinden sich vier weitere Projekte in der Genehmigungsphase und fünf andere noch im Strukturierungsprozess. Kolumbiens Infrastrukturbehörde ANI rechnet damit, dieses Jahr sieben Projekte auszuschreiben. Allerdings ist der öffentliche Sektor klamm und private Investoren dürften sich wegen der aktuellen sozialen Unruhen zurückhalten. Daher könnte eine Finanzierung der Projekte gefährdet sein.

Milliardenschweres Konjunkturprogramm geplant

Neben dem Programm der fünften Generation ist ein 38 Milliarden US$ schweres Konjunkturprogramm geplant, das zu 42 Prozent Infrastrukturprojekten zugutekommen soll. Für neue Investitionen sorgt das Konjunkturpaket Nuevo Compromiso por el Futuro de Colombia. Dieses soll zu 60 Prozent vom öffentlichen Sektor und zu 40 Prozent von der Privatwirtschaft gestemmt werden. Es beinhaltet unter anderem acht Großprojekte aus dem Programm der fünften Generation sowie Großarbeiten wie Block 1 der ersten Linie von Bogotás Metro und Transmilenio-Strecken an der Avenida 68.

Infrastrukturprojekte der ersten Phase des neuen Programms (Auswahl)

Projektbezeichnung

Investitionssumme (Mio. US$)

Projektstand

Projekttyp

Santuario - Caño Alegre Korridor (Ruta del Agua)

848

Vergabe Anfang 2022 für 95 km Straße, 2,5 km Tunnel und 11 km Brücken im Bundesstaat Boyacá; Projekt soll Reisezeiten um bis zu 65% verkürzen

Autobahn

IP Nuevo Aeropuerto de Cartagena (Bayunca)

739

Machbarkeitsstudien werden durchgeführt, Vergabeverfahren Ende 2021, Betrieb ab 2027

Flughafen

Canal del Dique

556

Schiffbarmachung des 908 km langen Kanals, Ausschreibung im August 2021, Baubeginn Ende 2022, Betrieb ab März 2027

Wasserweg

Troncal del Magdalena (Puerto Salgar

– Barrancabermeja)

540

Arbeiten an 259 km langen Strecke sollen Ende 2021 vergeben werden, Betrieb ab 2027

Autobahn

Troncal del Magdalena (Barrancabermeja

– San Roque)

444

Zweiter Teil der Strecken zwischen Puerto Salgar und San Roque, die Autobahn umfasst 272 km

Autobahn

Dorada – Chiriguana

415

Technische Studien bald abgeschlossen, Projekt soll ab November 2024 in Betrieb gehen, ab dann auf 521 km den Frachttransport auf Schienen möglich machen

Bahnstrecke

Malla Vial del Cauca (Buga

- Loboguerrero)

356

Soll mit 55 km Straße die Infrastruktur in der Pazifikregion verbessern, Vergabe voraussichtlich Ende 2021

Autobahn

Quelle: Kolumbiens Infrastrukturbehörde ANI

Chinesische Baufirmen dominant in Bogotá

Gerade in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá schreiten regionale Infrastrukturprojekte voran. Die Arbeiten an neuen Transmilenio-Strecken an der Avenida 68 haben bereits angefangen. Beim Megaprojekt Metrolinie 1 sind zwar noch nicht alle Studien abgeschlossen. Momentan werden noch Grundstücks- und Immobilienkäufe sowie die Verlegung der Stromleitungen und die Netzwerkübertragung geregelt. Laut Präsident Iván Duque sollen jedoch auch hier die Arbeiten am 17. August beginnen. Zudem sicherte er im Juni die finanzielle Unterstützung bei der zweiten Linie von Bogotás Metro durch die Regierung zu. Die Metro soll unterirdisch verlaufen und die Stadtteile Chapinero, Barrios Unidos, Engativá und Suba erreichen. Im Juli 2021 sollen die Machbarkeitsstudien durchgeführt werden und bis April 2022 beendet werden. Die Ausschreibung des 3,4 Milliarden US$ teuren Projektes ist für 2022 geplant. Die Regiotram westlich der Stadt wurde bereits vergeben. Der Bau der Regiotram de Occidente soll noch im August 2021 starten. Für die Regiotram del Norte werden bereits Machbarkeitsstudien durchgeführt.

Gerade bei Bogotás Infrastrukturarbeiten sind chinesische Baufirmen präsent. So konnte sich bei dem Metroprojekt der Hauptstadt ein Konsortium aus den chinesischen Firmen China Harbour Engineering Company (CHEC) und X’ian Metro Company sowie Bombardier aus Kanada durchsetzen. Ein multinationales Konsortium aus Deutschland, den Niederlanden und Mexiko mit Beteiligung von Siemens blieb erfolglos. Dennoch besteht Hoffnung auf eine deutsche Beteiligung bei den noch ausstehenden Zuschlägen der Projekte Metrolinie 3 in Medellín, der Regionalbahn Regiotram del Norte und der Metrolinie 2 in Bogotá.

Know-how aus dem Ausland gefragt

Deutsche Unternehmen kommen bei großen Infrastrukturprojekten meist als Zulieferer zum Zug. Es besteht eine große Nachfrage nach Know-how aus dem Ausland, Spezialmaterialien und -maschinen sowie Ingenieursdienstleistungen und Beratung. So eröffnete das Planungs- und Consultingbüro der Deutschen Bahn (DB Engineering & Consulting) kürzlich eine Niederlassung in Kolumbien, um sich an der Planung neuer Zugstrecken zu beteiligen.

Die Infrastruktur bietet daher gute Möglichkeiten für ausländische Unternehmen, ihre Marktanteile zu erhöhen. Das spanische Baukonglomerat Sacyr stieg wohl zum wichtigsten Unternehmen im Tiefbau auf, nachdem es zahlreiche Zuschläge für Autobahnprojekte aus dem vierten Infrastrukturprogramm erhalten hatte. Auch Mota-Engil (Portugal), Grupo Ortiz (Spanien) sowie John Laing (Großbritannien) sind bei Infrastrukturprojekten beteiligt. Von deutscher Seite sind unter anderem Peri und Liebherr im Sektor vertreten.

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