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Branchen | Lateinamerika | Grüner Wasserstoff
In Lateinamerika bekennen sich bislang nur einzelne Regierungen zur grünen Wasserstoffwirtschaft. Chiles Energieministerium setzt mit seiner Wasserstoffstrategie Maßstäbe.
22.12.2020
Von Johannes Dimas | Rio de Janeiro
Einige Länder Lateinamerikas bieten hervorragende Bedingungen zur Produktion von grünem Wasserstoff - angesichts des Ausbaupotenzials und der niedrigen Strompreise für erneuerbare Energie. Mit Blick auf die Sonnen- und Windenergie qualifizieren sich Argentinien, Brasilien, Chile, Mexiko und Peru.
Nachdem Chile vorgelegt hat, arbeiten auch Uruguay und Paraguay an einer nationalen Wasserstoffstrategie. Neben einer zukünftigen Exportoption haben beide Länder zunächst den nationalen Transportsektor im Blick. Schließlich darf der Export von grünem Wasserstoff und seiner Folgeprodukte nicht auf Kosten der eigenen Klimabilanz gehen. Costa Rica setzt ebenfalls auf grünen Wasserstoff. Der Plan zur vollständigen Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 schließt die Nutzung für Transport, Individualverkehr und Landwirtschaft ein.
In Brasilien, Mexiko und Peru spielt eine grüne Wasserstoffwirtschaft praktisch keine Rolle in der Regierungspolitik. Dabei bieten gerade die großen Volkswirtschaften Brasiliens und Mexikos strukturelle Vorteile und Absatzmärkte für einen Einstieg im großen Maßstab.
In Argentinien wird Wasserstoff in einem Gesetz aus dem Jahr 2006 behandelt, eine Umsetzung erfolgte jedoch nicht. Eine Initiative von rund 30 internationalen Unternehmen um den staatlichen Mineralölkonzern YPF will das Thema neu beleben. Aus Deutschland sind Siemens Energy und ABO Wind beteiligt. Auch in allen anderen genannten Ländern gibt es private Initiativen. Immer wieder dabei sind Siemens, die belgische Tractebel oder die Energiekonzerne Enel aus Italien sowie ENGIE aus Frankreich.
Land | Projektskizze | Status |
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Argentinien | Die argentinische Firma Hychico stellt Sauerstoff und hochreinen, grünen Wasserstoff aus Windenergie (6,3 MW) her. | in Betrieb seit 2008 |
Brasilien | Das Wasserstoff-Forschungszentrum (NUPHI) produziert Wasserstoff am Wasserkraftwerk Itaipu und erforscht unter anderem die Verwendung in Brennstoffzellen. | seit 2011 |
Chile | Das Projekt Haru Oni im Süden Chiles ist auch bekannt unter dem Namen HIF (Highly Innovative Fuels). Ein internationales Konsortium wird Wasserstoff mit Windenergie produzieren, um klimaneutral Kraftstoff herzustellen. Beteiligt sind Enel Green Power Chile, der chilenische Energiekonzern AME und der nationale Erdölkonzern ENAP sowie Siemens Energy und Porsche. Es wird mit gut 9 Millionen US$ von der deutschen Bundesregierung gefördert. | Betrieb ab 2022 geplant |
Chile | Zwei internationale Konsortien planen Pilotprojekte mit grünem Wasserstoff im Bergbau. In den Großfahrzeugen sollen Brennstoffzellen und die Diesel-Hybrid-Technologie getestet werden. Beide Projekte wurden von der chilenischen Wirtschaftsförderung angestoßen. Sie erreichen zusammen ein Volumen von rund 19,6 Millionen US$.*) | beauftragt |
Costa Rica | Eine Tochter der Astra Rocket Company (AARC) aus den USA betreibt eine grüne Wasserstofftankstelle für schwere Fahrzeuge in der Provinz Guanacaste. Eine Erweiterung für leichte Fahrzeuge (PKW) ist zusammen mit der Toyota Mobility Foundation geplant. | in Betrieb, Erweiterung geplant |
Uruguay | Pilotprojekt zur Produktion von grünem Wasserstoff für schwere Fahrzeuge geplant. | frühe Planungsphase |
Chile plant die vollständige Dekarbonisierung bis 2050. Gegenüber einem Referenzszenario ohne Klimaneutralität soll die Nutzung von grünem Wasserstoff gut ein Fünftel der Treibhausgase einsparen. Hauptabnehmer werden Transport, Industrie und Bergbau.
Chiles Wasserstoffstrategie steht kurz vor der Verabschiedung. Bis 2030 will das Land größter Exporteur und Preisführer in der Produktion werden, Folgeprodukte wie Ammoniak eingeschlossen. Chile hat großes Potenzial für günstige Stromerzeugung aus Wind und Sonne. Nach einer Studie der Internationalen Energieagentur aus dem Jahr 2019 könnte Chile langfristig 160 Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr produzieren, für unter 2 US-Dollar (US$) pro Kilogramm.
Der Kohleausstieg bis zum Jahr 2040 ist bereits angelaufen. Kraftwerksbetreiber bekennen sich zu den gesetzten Zielen. Neben eigenen Investitionen in erneuerbare Energien beteiligen sie sich an Pilotprojekten zu grünem Wasserstoff. Für Pilotprojekte, die in der Regel von gemischten internationalen Konsortien realisiert werden, ist eine Finanzierungsrunde über 50 Millionen US$ angekündigt. Tragende Mitglieder und damit potenzielle Partner sind oft etablierte Konzerne aus dem Energiebereich oder energieintensiven Branchen.
Jahr | Maßnahmen und Zielsetzungen |
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ab 2000 |
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bis 2025 |
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bis 2030 |
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bis 2040 |
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bis 2050 |
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Brasilien hat eine lange Tradition in der Erforschung und Nutzung von herkömmlichem Wasserstoff. In Absprache mit dem brasilianischen Ministerium für Bergbau und Energie (MME) erstellte die AHK im Jahr 2020 eine Sektorstudie zu grünem Wasserstoff. Das könnte dem Thema auf die politische Agenda verhelfen. Vieles spricht für eine grüne Wasserstoffwirtschaft in Brasilien. Nach Bloomberg Finance betrugen die Investitionen in saubere Erzeugungsanlagen 2019 rund 5 Milliarden US$. Brasilien nimmt hier direkt nach Chile den fünften Platz als Schwellenmarkt ein.
Im Südosten bietet die Ansammlung von Stahl-, Chemie- und Raffinerieanlagen eine gute Industriestruktur für Wasserstoff und seine Folgeprodukte. Die exportstarke Agrarwirtschaft ist als nationaler Absatzmarkt interessant. Über drei Viertel der verbrauchten Düngemittel werden importiert. Mit grünem Wasserstoff könnten Düngemittel klimafreundlich selbst hergestellt werden.
Der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix beträgt über 80 Prozent. Zur Produktion von Wasserstoff können zusätzliche Kapazitäten entstehen, ohne mit dem nationalen Strommarkt zu konkurrieren. Die Nähe zu Europa eröffnet dem windreichen Nordosten Exportoptionen. Für die Verschiffung stehen Flüssiggasterminals zur Verfügung.
Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Außenhandelskammern (AHK) sind die ersten Ansprechpartner vor Ort. Sie positionieren das Thema in der Energiepolitik der Länder. Treiber sind nicht zuletzt die Energiepartnerschaften mit Chile, Brasilien und Mexiko sowie die deutsche Nationale Wasserstoffstrategie. Deutschland präsentiert sich als Technologielieferant und Absatzmarkt.
Direkte staatliche Förderungen wie in Chile und vielleicht bald in Uruguay werden rar bleiben. Unternehmen sollten deswegen auch Förderprogramme aus Europa in Betracht ziehen. Im Rahmen ihrer Wasserstoffstrategie fördert die deutsche Bundesregierung Projekte im Ausland. Zum Beispiel das chilenische Wasserstoffprojekt Haru Oni mit Siemens und Porsche als Beteiligte.