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Branchen | Lateinamerika | Bergbau und Rohstoffe

Investitionsklima: Hohe Gewinne rücken Bergbau ins Rampenlicht

Lateinamerikas Bergbaukonzernen drohen höhere Steuern und Abgaben. Durch die politische Unsicherheit investieren sie vorerst in Effizienz statt in neue Projekte.

Von Gloria Rose | São Paulo

Lateinamerika wurde von der Pandemie besonders hart getroffen. Der Bergbau trägt stark zur wirtschaftlichen Erholung der Volkswirtschaften bei - im Unterschied zu den Dienstleistungsbranchen, die nur allmählich wieder auf die Beine kommen. Mit dem weltweiten Konjunkturaufschwung stiegen die Rohstoffpreise steil an. Aufgrund der andauernden Gesundheitskrise in der Region rechnen Branchenexperten jedoch erst 2022 mit Produktionsmengen auf Vorkrisenniveau. 

Coronakrise erhöht politische Risiken

Durch die Coronakrise wuchsen die politischen Herausforderungen. Viele lateinamerikanische Regierungen begegnen einer höheren Staatsverschuldung sowie einer Intensivierung sozialer Konflikte, die oftmals auf der ungleichen Einkommensverteilung basieren. Proteste in Ecuador, Bolivien, Peru, Kolumbien und Chile verunsichern die Investoren.

Angesichts der politischen Risiken wartet der Sektor zum Teil die Veränderungen ab, die sich durch die diesjährigen Wahlen und Debatten um Abbaugebühren (Royalties) in Peru und Chile ergeben. Auch Rechtsänderungen für die Wasserversorgung, die sich aus der zukünftigen Verfassung ergeben könnten, sowie ein Gesetz zum Schutz der Gletscher sorgen für Verunsicherung in Chile. In Peru und Chile trägt der Sektor über 10 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Experten gehen davon aus, dass die traditionellen Bergbauländer das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen, sobald die politische Entwicklung etwas vorhersehbarer ist. Doch die Investoren könnten sich auch zurückziehen. Das auf Energie und Bodenschätze spezialisierte Beratungsunternehmen Wood Mackenzie sieht zukünftige Projekte gefährdet, falls Chile die Royalties auf Kupfer und Lithium tatsächlich auf 3 Prozent anheben sollte.

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Chile ist der attraktivste Investitionsstandort

In der aktuellen Umfrage des regionalen Informationsdienstleisters BNamericas sehen die Branchenexperten Chile als attraktivsten Investitionsstandort, mit großem Abstand vor Brasilien, Ecuador, Mexiko, Peru und Argentinien. Peru lag in der Vorjahresumfrage noch auf Rang 2, rutschte aufgrund der hohen Unsicherheit über die neue Regierung unter dem linken Präsidenten Pedro Castillo jedoch deutlich ab. Ecuador hingegen rückt unter dem wirtschaftsliberalen Präsidenten Guillermo Lasso stärker in den Fokus der Investoren.

In der Umfrage des Fraser Institutes 2020 wurde Salta in Argentinien als attraktivste Bergbauregion in Lateinamerika eingeschätzt. Dahinter folgen Kolumbien, Chile, Peru und Brasilien, die in dem globalen Ranking zu den Top 40 Investitionszielen gehören. Ganz am Ende des weltweiten Rankings liegt Venezuela. Außerdem zählen die Regionen Chubut, La Rioja und Mendoza in Argentinien sowie Bolivien zu den Bottom 10. 

Langsame Entwicklung neuer Projekte

Aufgrund der hohen Bürokratie und des Mangels an lokaler Finanzierung kommt die Entwicklung neuer Projekte in Lateinamerika nur langsam voran. Der Ressourcenreichtum zieht kanadische und zuletzt auch australische und chinesische Bergbauunternehmen in die Region. Auch 2020 floss der größte Anteil der globalen Bergbauinvestitionen nach Lateinamerika, insbesondere nach Mexiko, Brasilien, Chile, Peru, Kolumbien und Argentinien. Doch die Pandemie bremste den Kapitalfluss deutlich ab. Nach dem Einbruch um 21 Prozent im Vorjahr dürften die Unternehmen ihre Ausgaben für Exploration und Evaluierung 2021 in Lateinamerika erneut um 20 Prozent steigern, so S&P Global Market Intelligence. Eher zurückgehen sollen die Investitionen in die weniger lukrative Basisforschung.

Brasilien will die Projektentwicklung durch Entbürokratisierung stimulieren. Seit September 2020 vergibt die Regulierungsbehörde ANM Projekte zur Exploration über digitale Verfahren. Brasilien punktet zudem mit der Möglichkeit einer Finanzierung über den inländischen Kapitalmarkt.

Produktionseffizienz geht vor

Vorerst fokussieren sich die Bergbaukonzerne in Lateinamerika auf Betriebsoptimierung. Die hohen Rohstoffpreise und Gewinnmargen stimulieren Investitionen in die Produktionseffizienz, Digitalisierung sowie in Einsparungen von Wasser und Energie. Zulieferer kommen der guten Auftragslage kaum nach, zumal Dienstleistungen zur Installation und Wartung von Anlagen sowie Lieferketten teilweise noch von der Gesundheitskrise beeinträchtigt werden. Besonders gute Chancen für deutsche Technologie sehen die Kompetenzzentren des German Mining Network in Brasilien, Chile und Peru im Untertagebau, Continuous Mining sowie in der sicheren Lagerung, im Monitoring und in der Wiederaufbereitung von Rückständen.

Allmählich wächst die Zuversicht wieder. Laut der aktuellen Umfrage des Informationsdienstes BNamericas erwarten mittlerweile fast die Hälfte der befragten Spezialisten eine Belebung der Projektpipeline innerhalb der kommenden 12 Monate.

Ökologische und soziale Standards in globalen Rohstofflieferketten

Im Kompetenzzentrum für Bergbau und mineralische Rohstoffe in Santiago de Chile erhält Iris Wunderlich aufgrund der globalen Verknappung vermehrt Anfragen aus Deutschland zu langfristigen Lieferverträgen mit chilenischen Rohstoffen. Auch die Leiter der Kompetenzzentren in Peru und Brasilien, Jan Patrick Häntsche und Pedro Lopes, erwarten, dass der industrielle Bergbau in Lateinamerika vom Trend zu verantwortungsvoller Rohstoffgewinnung profitieren wird. Schließlich betreiben die Unternehmen ihre Minen unter relativ hohen Standards der Arbeitssicherheit und des Umweltschutzes. Für den Nachweis investieren die Konzerne zunehmend in die internationalen Zertifizierungen über IRMA und Copper Mark.

Mineralien werden in Lateinamerika, insbesondere in Ecuador, Peru, Kolumbien, Bolivien, Venezuela und im Norden Brasiliens, weiterhin auch informell gewonnen. Zur Formalisierung des Kleinbergbaus und zur Minderung der Umweltschäden tragen das deutsche Lieferkettengesetz und die europäische Rohstoffallianz European Raw Materials Alliance (ERMA) wenig bei, solange sich andere Abnehmer finden.

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