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Wird Argentinien bald größter Lithiumproduzent Lateinamerikas?

Chile und Argentinien produzieren ein Drittel des weltweiten Lithiums. In Chile wird der größte Teil abgebaut, doch die Latte für neue Projekte hängt hoch - anders in Argentinien.

Von Sofia Hempel | Bonn

Obwohl Lithium geologisch betrachtet nicht selten ist, beschränkt sich die Produktion auf wenige Länder. Mit Chile und Argentinien befinden sich zwei wichtige Player in Lateinamerika. Zusammen produzierten sie 2021 knapp ein Drittel des weltweiten Lithiums. Zudem lagert dort die Hälfte der globalen Vorkommen, die tatsächlich wirtschaftlich gefördert werden können. Auch in Brasilien wird das Leichtmetall abgebaut, wenn auch in deutlich geringeren Mengen. Ein Blick auf die Prognose der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) über das Lithiumangebot im Jahr 2030 zeigt: Lateinamerika bleibt ein zentraler Beschaffungsmarkt.

Die DERA geht davon aus, dass sich der Abbau weiterhin auf Chile und Argentinien konzentrieren wird. Die Bedeutung beider Länder dürfte sich aber verschieben. Während Chile nach Australien derzeit zweitwichtigster Lithiumförderer der Welt ist, wird Argentinien wahrscheinlich bis 2030 die Führungsrolle auf dem Kontinent übernehmen und je nach Szenario zwischen 17 und 21 Prozent des weltweiten Lithiums bereitstellen. "Chile muss viel tun, um den Anschluss nicht zu verpassen", sagt Michael Schmidt, Geologe und Lithiumexperte bei der DERA. Das größte Potenzial bei der Ausweitung der Förderung sieht er bei Argentinien.

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Viele neue Lithiumprojekte in Argentinien

Das hängt mit den günstigeren Bedingungen für die Branche zusammen. "In Argentinien gibt es nur wenige Einschränkungen und insgesamt deutlich niedrigere Steuerbelastungen", erklärt Oswald Eppers vom Unternehmen K-UTEC AG Salt Technologies, das seit vielen Jahren in Argentinien und im Lithiumdreieck mit seinen Ingenieurleistungen aktiv ist. In Chile, Bolivien und Mexiko sei das anders. Dort kontrolliere der Staat alle Aktivitäten streng und wolle zudem in unterschiedlichem Ausmaß am Lithiumabbau und der Industrialisierung beteiligt sein.

Diese Standortvorteile Argentiniens, zusammen mit den großen Vorkommen im Nordwesten des Landes, haben Investoren angelockt: "Es gibt Dutzende neue Projekte, an denen US-amerikanische, chinesische, französische, südkoreanische, englische und auch einheimische Unternehmen beteiligt sind", so der Chemiker, der beim Thüringer Unternehmen die Geschäftsentwicklung in Lateinamerika verantwortet. Zwei Projekte seien im Bau und könnten 2023 mit der Produktion beginnen. Rund zehn befänden sich in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium mit fertigen Machbarkeitsstudien und in der Regel mit dem benötigten Kapital. Sechs weitere Projekte seien in einer fortgeschrittenen Explorationsphase.

"Sollten alle Projekte wie geplant innerhalb der nächsten Jahre in Produktion gehen, wird sich Argentinien in Zukunft sogar mit der aktuellen Nummer Eins Australien messen können." Oswald Eppers, K-UTEC AG Salt Technologies

China sichert sich Zugang zu Vorkommen

Kritisch aus deutscher und europäischer Sicht ist vor allem Chinas wachsende Dominanz im Lithiumgeschäft, die auch in Lateinamerika deutlich zu spüren ist. Unternehmen wie Ganfeng, Tianqi Lithium, Zijin Mining und Tibet Summit Resources haben sich über Beteiligungen oder Übernahmen von Bergbaufirmen Zugang zu lukrativen Lithiumstätten gesichert. Und sie investieren Milliarden in den Bau von Fabriken für die Herstellung von Lithiumcarbonat und Lithiumchlorid.

Deutsche Unternehmen steigen in Lithiumabbau ein

Immerhin hat sich mit Deutsche E-Metalle (DEM) jüngst auch eine deutsche Firma ein Stück vom Lithiumkuchen in Argentinien geschnappt. "Nach fast einem Jahr Due Diligence haben wir aus einem über 300.000 Hektar großen Konzessionsportfolio die aussichtsreichsten 70.000 Hektar in Carachi Pampa erworben und beginnen mit den Explorationsbohrungen im neuen Jahr", sagt Geschäftsführer Micha Zauner.

Auch in Chile versucht ein deutsches Unternehmen im Lithiumabbau Fuß zu fassen. Im Rahmen einer Delegationsreise unter Leitung von Bundesratspräsident Bodo Ramelow nach Chile unterzeichneten die chilenische RJR Lithium Salar und die deutsche LiVERDE, eine Tochtergesellschaft von ACI Systems, im Oktober 2022 einen Kooperationsvertrag zur Lithiumgewinnung im Salar de Maricunga und im Salar de Pedernales. Firmenangaben zufolge soll das Lithium auf eine umweltschonende Weise abgebaut werden.

Hohe Hürden für Projekte in Chile

Trotz vorhandener Konzessionen ist es bis zur tatsächlichen Förderung ein weiter Weg. Denn neue Projekte haben es in Chile sehr schwer. Weil das Leichtmetall als eine strategische Ressource gilt, braucht jedes Vorhaben eine staatliche Beteiligung oder eine Sondergenehmigung für den Abbau. Letztere haben aktuell nur das chilenische Unternehmen SQM, an dem die chinesische Firma Tianqi zu 24 Prozent beteiligt ist, und der US-amerikanische Konzern Albemarle.

Dem Branchenkenner Eppers zufolge hat gegenwärtig das staatliche Bergbauunternehmen CODELCO realistische Chancen, eine Genehmigung zur Lithiumproduktion in den begehrten Maricunga-Salinen zu erhalten. Jede andere Firma mit Konzessionen müsse daher versuchen, mit CODELCO ins Gespräch zu kommen, um Abbaurechte zu erhalten. Die Folgen solch staatlicher Restriktionen zeigen sich in den Prognosen der DERA: Chile wird seinen Anteil von derzeit etwa 26 Prozent am weltweiten Lithiumangebot nicht halten können. Im Gegenteil: Wenn bald keine neuen Projekte angestoßen werden, könnte er bis 2030 auf knapp 13 Prozent sinken.

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Kein Lithium aus Bolivien und Mexiko?

Besonders kritisch sehen Experten die Entwicklung in Bolivien. Obwohl das Land mit 21 Millionen Tonnen über die weltweit größten Lithiumressourcen verfügt, zweifeln sie angesichts der zahlreichen Rückschläge in der Vergangenheit daran, dass es dem Land gelingen wird, sich als Lithiumlieferant zu positionieren. "In den Szenarien der DERA spielt Bolivien bis 2030 keine große Rolle", sagt Michael Schmidt. Skeptisch ist der Geologe auch mit Blick auf Mexiko. "Die Verstaatlichung der Lithiumindustrie war sicher nicht die beste Option. Es bleibt offen, was das staatliche Unternehmen LitioMX umsetzen kann. So oder so wird aus Mexiko wie auch aus den USA und Kanada vermutlich kein Lithiumprodukt seinen Weg nach Europa finden."

Lithiumgewinnung aus Solen

Anders als beispielsweise in Australien, wo Lithium aus Hartgestein wie Spodumen hergestellt wird, wird dieses im lateinamerikanischen Lithiumdreieck aus Solen gewonnen. Das nutzbare Lithium befindet sich im Grundwasser tief unter der Salzschicht im gewöhnlich trockenen Salzsee. Um das Lithium in reiner Form als Lithiumcarbonat, -hydroxid oder -chlorid gewinnen zu können, muss die Sole aus dem Untergrund hochgepumpt und anschließend verschiedenen chemisch-physikalischen Prozessen unterworfen werden. Während die meisten Projekte die Solarverdampfung zur Lithiumkonzentration in der Sole verwenden, setzen viele Unternehmen bei neuen Projekten auf die Technologie der direkten Extraktion des Lithiums. Mit dieser sogenannten DLE-Methode hofft man, einige der vermeintlichen Nachteile der klassischen Solarverdampfung umgehen und auch Vorkommen mit geringen Lithiumkonzentrationen erschließen zu können. (Quelle K-UTEC Salt Technologies)

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