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Wirtschaftsumfeld
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Wirtschaftsumfeld | Lateinamerika | Coronavirus
Die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank bietet neben Finanzhilfen auch technische Hilfe an und hat eine regionale Wissensplattform eingerichtet.
17.04.2020
Von Martin Walter | Bonn
Stand Mitte April 2020 gibt es in Lateinamerika ca. 70.000 nachgewiesene Fälle von Personen, die sich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert haben. Die Dunkelziffer dürfte dabei um ein vielfaches höher liegen. Die meisten Fälle verzeichnet Brasilien, gefolgt von Peru, Chile, Ecuador und Mexiko.
Mit Beginn der Ausbreitung des Coronavirus in der Region haben die Regierungen der lateinamerikanischen Länder Gegenmaßnahmen eingeleitet. Die Grenzen und Flughäfen wurden geschlossen, Ausgangssperren wurden verhängt und Schulen, Restaurants, Geschäfte und Freizeiteinrichtungen geschlossen. Die GTAI berichtete bereits über die wichtigsten Maßnahmen und informierte in einem Webinar über die wirtschaftliche Lage in ausgewählten Ländern Lateinamerikas.
Als Region mit der ungleichsten Einkommens- und Vermögensverteilung der Welt sowie mit einem hohen Anteil an informellen Arbeitskräften steht Lateinamerika vor besonderen Herausforderungen. Die Stilllegung des öffentlichen Lebens gefährdet unmittelbar die Einkommen und Existenzen von Millionen von Menschen und deren Familien. Die schwachen Sozialsysteme und das öffentliche Gesundheitswesen können einer rasanten Ausbreitung von COVID-19 nichts entgegensetzen. Die Folgen der Pandemie und der weltweite Shutdown werden die bereits im Jahr 2019 von sozialen Protesten geprägten lateinamerikanischen Volkswirtschaften hart treffen. Benachteiligte Bevölkerungsschichten werden besonders unter den Auswirkungen leiden.
Die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank (IDB) ist die wichtigste multilaterale Finanzierungsinstitution für Entwicklungsprojekte in der Region Lateinamerika und Karibik. IDB-Präsident Luis Alberto Moreno sagte, „die Bank wird sofort Finanzmittel umwidmen, um in der Coronakrise zu helfen.“ Weiterhin gab er an, „dass die historische Dimension der Krise eine sektorübergreifende Strategie erfordert, um auf die mittel- bis langfristigen Auswirkungen zu reagieren.“
Für ihre Unterstützung hat die Bank vier Schlüsselbereiche und dazugehörige Maßnahmen definiert:
Schlüsselbereich | Maßnahmen |
---|---|
Gesundheitssektor | Unterstützung für die öffentlichen Gesundheitssysteme zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus und Stärkung der Behandlungskapazitäten durch die Beschaffung medizinischer Ausrüstung |
Soziale Sicherungssysteme für betroffene Bevölkerungsgruppen | Einkommenssicherung durch Transfer-Programme, spezielle Einkommenstransfers für informell Beschäftigte und Unterstützung für betroffene Unternehmen, insbesondere im Bereich Tourismus |
Wirtschaftliche Produktivität und Beschäftigung | Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), welche 70 Prozent der Arbeitsplätze in der Region stellen, Finanz- und Liquiditätshilfen, Exportgarantien und Umschuldungsprogramme sowie Unterstützung strategisch wichtiger Lieferketten |
Fiskalpolitik zur Abfederung wirtschaftlicher Folgen | Unterstützung der Regierungen bei der Politikformulierung und -umsetzung in den Bereichen Steuer- und Konjunkturpolitik sowie Ausgabenplanung und öffentliches Beschaffungswesen |
Neben der finanziellen Unterstützung ihrer Mitgliedsstaaten und von Unternehmen bietet die Bank in der Coronakrise auch eine regionale Wissensplattform an. Ziel der Plattform ist die Darstellung und Bündelung regionaler und internationaler Expertise zur Erstellung von wirksamen und koordinierten Strategien zur Bekämpfung des Coronavirus in Lateinamerika und der Karibik. Veranstaltungen und Webinare der Plattform dienen auch der Netzwerkbildung zwischen den relevanten Akteuren. Aktuelle wirtschaftliche Analysen für die gesamte Region sowie für Subregionen wie Zentralamerika oder die Karibik stellt die Bank ebenfalls auf dieser Plattform zur Verfügung.
Im Rahmen der jährlichen Regional Public Goods Initiative bittet die Bank aktuell um Vorschläge zur regionalen Koordinierung von Gegenmaßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in Lateinamerika und der Karibik. Für die Umsetzung der Maßnahmen stehen 7 Millionen US-Dollar an nicht rückzahlbaren Zuschüssen bereit. Ideen können bis zum 15. Mai 2020 eingereicht werden.
Um die Region effektiv in der Pandemie und bei deren sozialen und wirtschaftlichen Folgen unterstützen zu können, hat die Bank die Verfügbarkeit von finanziellen Mitteln erhöht und Finanzierungsinstrumente angepasst. Insgesamt steht der Bank nach eigenen Angaben in diesem Jahr ein Kreditrahmen von bis zu 12 Milliarden US-Dollar zur Verfügung. Hinzu kommen noch bis zu 1,35 Milliarden US-Dollar aus laufenden Krediten, welche die Regierungen in Corona-Hilfe umwandeln können. IDB Invest, der Privatsektorarm der Bank, kann darüber hinaus 2020 noch bis zu 5 Milliarden US-Dollar für betroffene Unternehmen an Krediten bereitstellen.