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Branchen | Litauen | Maschinenbau

Branchenstruktur

Kleinstbetriebe geben im litauischen Maschinenbau den Takt vor. Trotz gut ausgebildeter Fachingenieure macht der Fachkräftemangel der Branche stark zu schaffen. 

Von Niklas Becker | Vilnius

Im Jahr 2019 belief sich die Bruttowertschöpfung im litauischen Maschinenbau nach Zahlen von Eurostat auf 245 Millionen Euro. Das entspricht etwa 3 Prozent der Wertschöpfung des Landes im verarbeitenden Gewerbe. Der stark exportorientierte Sektor zählte zum Jahresbeginn 2022 laut litauischem Statistikamt fast 200 Unternehmen. Mehr als die Hälfte davon sind Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitenden. Bei 14 Unternehmen standen mindestens 100 Angestellte auf dem Gehaltszettel. Eines davon entfiel zum Jahresbeginn 2022 auf die Kategorie 500 bis 999 Arbeitnehmer. Auch ausländische Maschinenbauer spielen in Litauen eine Rolle. 

Produktion in den wichtigsten Maschinenbausparten in Litauen (in Millionen Euro, Veränderung und Marktanteil in Prozent)

Sparte

Jahr 2020

Veränderung 2020/2019

Marktanteil

Industrielle Kühl- und Lüftungsanlagen

185,4

3,8

39,9

Land- und forstwirtschaftliche Maschinen

55,1

-2,6

11,9

Hebe- und Greifvorrichtungen

45,7

17,5

9,8

Maschinen für die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie sowie die Tabakverarbeitung

31,1

-0,8

6,7

Sonstige Armaturen und Ventile

12,0

29,8

2,6

Sonstige mechanische Werkzeuge

9,6

-8,4

2,1

Maschinen für die Metallbearbeitung

9,1

38,3

2,0

Quelle: Eurostat

Investitionsausgaben steigen

Derzeit sind litauische Maschinen- und Anlagenbauer vor allem als Outsourcing-Betriebe für europäische Unternehmen tätig. Die Branche verfügt über eine große Expertise bei ausgelagerten Fertigungsprojekten. Zukünftig soll die Branche nach den Vorstellungen des Litauischen Verbands der Ingenieurindustrie (Lietuvos inžinerijos ir technologijų pramonės asociacija- LINPRA) mehr eigene Produkte für den Endkonsumenten entwickeln oder höhere Aufgaben in der Wertschöpfungsketten der europäischen Kunden übernehmen.

Die Unternehmen der Branche investieren zunehmend mehr in ihren eigenen Anlagenpark. Zwischen 2016 und 2019 stiegen die Ausrüstungsinvestitionen der Maschinenbauer im Land nominal um mehr als 50 Prozent an. 2020 folgte dann ein nominaler Rückgang um fast 14 Prozent auf etwa 17 Millionen Euro. Ein großer Teil der Ausgaben entfielt auf die Hersteller von Kühl- und Lüftungsgeräten für gewerbliche Zwecke. Sie investierten 2020 fast 9 Millionen Euro.  

Vor allem Mitarbeitende in der Produktion sind schwer zu finden

Die beiden größten Herausforderungen für Litauens Maschinenbauer sind der Komponenten- sowie Arbeitskräftemangel. Mehr als 37 Prozent der Unternehmen der Branche berichten bei einer Befragung der Europäischen Kommission zum Jahresbeginn 2022, dass der Mangel an Material und Ausrüstung ihre Produktion einschränkt. Noch größer ist die Zahl der vom Engpass an Mitarbeitenden betroffenen Firmen. Zum Jahreswechsel 2021/2022 liegt der Wert mit über 40 Prozent deutlich über dem Vor-Pandemie-Niveau. Seit Jahresbeginn 2021 ist der Anteil deutlich gestiegen. In den Jahren 2019 und 2018 berichteten weniger als 10 Prozent der Maschinenbauer von Problemen bei der Rekrutierung. 

Wie der CEO des Maschinenbauers Arginta Engineering Tomas Jaskelevičius berichtet, gibt es in Litauen - wie in den meisten europäischen Ländern - Schwierigkeiten, qualifizierte Arbeitskräfte für die Produktion zu finden: "Die Rekrutierung eines Angestellten für die Fertigung dauert in der Regel mehr als einen Monat. Eine Stelle für Büroangestellte ("white collar workers") wie beispielsweise Ingenieure können wir in einer bis maximal vier Wochen besetzen." Zudem seien die Gehälter der Produktionsmitarbeiter enorm gestiegen. Nach Angaben des Experten beliefen sich die Nettogehälter am Standort Vilnius 2009 noch auf rund 400 bis 500 Euro. Nun seien es etwa 1.500 Euro. Am Firmenstandort in Finnland sind es rund 2.000 Euro. Große Gehaltsunterschiede zwischen dem litauischen und finnischen Standort gebe es allerdings bei den Büroangestellten. Hier fallen die Gehälter in Finnland rund doppelt so hoch aus.

Arginta Engineering errichtet im litauischen Panevėžys einen neuen Fertigungsstandort. Bis 2023 sollen in insgesamt drei Ausbauphasen 15 Millionen Euro investiert werden. Die neue Fabrik wird die Standorte in Vilnius und Finnland mit Zwischenprodukten beliefern. Die Produktionsanlagen des Unternehmens werden weiterhin am Hauptsitz errichtet. In Panevėžys liegen die Gehälter für die Produktionsmitarbeiter nach Angaben von Jaskelevičius zwischen 10 und 20 Prozent unter dem Niveau in Vilnius.

Litauische Ingenieure bleiben im Inland 

Ein großer Vorteil der litauischen Maschinenbauer sei der gute und große Pool an hoch qualifizierten Ingenieuren und IT-Spezialisten. "Jedes Jahr kommen 7.000 neue Universitätsabsolventen dazu", berichtet Jaskelevičius. Abwanderung ins Ausland sei dabei kein Thema mehr. Laut dem Geschäftsmann seien litauische Arbeitnehmer besonders motiviert und produktiv: "Die Produktivität eines Angestellten in Litauen ist 20 Prozent höher als beispielsweise in Finnland."

Ein Mangel gebe es hingegen an Management-Fähigkeiten in der Produktion. Die Entwicklung dieser Kenntnisse sei ein Prozess, den Litauen derzeit durchlaufe. Jaskelevičius führt dies auf geschichtliche Aspekte zurück: "In Litauen studieren die Menschen erst seit etwa 20 Jahren Ingenieurwissenschaften. Zuvor hat jeder in der Produktion gearbeitet." Im Durchschnitt verfügen die litauischen Ingenieure über rund zehn Jahre Erfahrung. 

Schulung und Ausbildung als Schlüssel für die Einführung von Industrie-4.0-Technologien

Wie LINPRA berichtet, investieren die Maschinenbauer des Landes zunehmend in Digitalisierung und Automatisierungs-Technologien. Der heimische Sektor gehört laut den Experten zu den führenden unter den baltischen Staaten. Im europäischen Vergleich sei Litauens Maschinenbau im Mittelfeld einzusortieren. "Die Unternehmen sehen durchaus die positiven Effekte von Industrie 4.0 Technologien", berichtet Darius Lasionis, Direktor von LINPRA.

Finanzielle Ressourcen seien dabei nicht das größte Hindernis für die weitere Entwicklung in diesem Bereich. "Vielmehr ist es der Mangel an entsprechend qualifizierten Arbeitnehmern, die den Bedürfnissen der Industrie entsprechen und diese widerspiegeln.", ergänzt Lasionis. Dies sei allerdings ein generelles Problem für ganz Europa, nicht nur für Litauen. Laut dem Experten müssen die heimischen Technologieunternehmen viel Geld in die Umschulung ihrer Mitarbeiter investieren, um entsprechende Technologien einzuführen. 

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