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Eine verbesserte Gesundheitsversorgung rückt bei vielen internationalen Gebern verstärkt in den Fokus. Davon könnte auch Madagaskar profitieren.
28.10.2020
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Ausländische Unternehmen hoffen auf mehr Dynamik in Madagaskars Gesundheitssektor in den kommenden Jahren. Trotz chronischer Geldknappheit und einem durch die Pandemie schwierigen wirtschaftlichen Umfeld ist der vorsichtige Optimismus nicht unbegründet. Internationale Geber könnten in Folge der Pandemie einen stärkeren Fokus auf eine bessere Gesundheitsversorgung legen und mehr Geld bereit stellen.
Davon könnte auch Madagaskar profitieren, wo sich bislang die Weltbank, Frankreich und zunehmend China, Japan und Marokko im Gesundheitssektor engagieren. Hinzu kommt, dass der seit dem Jahr 2019 amtierende madagassische Präsident Andry Rajoelina bereits vor der Pandemie den Ausbau der Gesundheitseinrichtungen als prioritär erachtet hat.
Im afrikanischen Vergleich ist Madagaskars Gesundheitsversorgung auf einem niedrigen Niveau. Ein Großteil der ländlichen Bevölkerung hat so gut wie keinen Zugang zu medizinischen Dienstleistungen. Die Versorgung mit Medikamenten ist teuer und auf dem Land zum Teil schwierig. Durch das Fehlen staatlicher und privater Krankenversicherer wird in der Regel in bar bezahlt, was weite Teile der derzeit etwa 27,3 Millionen Madagassen von der Inanspruchnahme medizinischer Dienstleistungen ausschließt. Ausländische Zulieferer hoffen daher auf die baldige Einführung einer staatlichen Krankenversicherung, welche den Sektor auf eine höhere Entwicklungsstufe heben würde.
Der Staat investiert regelmäßig in einigen Distrikthauptstädten in größere moderne Krankenhäuser namens „Manara Penitra“. Bereits zwischen 2009 und 2014, als Rajoelina Übergangspräsident war, wurden in den sechs Provinzhauptstädten Antananarivo, Antsiranana, Fianarantsoa, Toliara, Mahajanga und Toamasina derartige Krankenhäuser gebaut. „Manara Penitra“ soll sinngemäß für „internationalen Standard“ stehen. Allerdings scheint es ein Problem zu sein, für diese Einrichtungen geschultes Personal und Technik zu finden, weshalb Kritiker das Entstehen „Weißer Elefanten“ befürchten.
Regelmäßige Beschaffungen tätigen auch die größeren vornehmlich in der Hauptstadt Antananarivo ansässigen Krankenhäuser. In den letzten Jahren floss zunehmend Geld in die Errichtung von Laboren sowie Abteilungen für die Behandlung von Krankheiten wie Krebs, Diabetes, Herz-Kreislaufkrankheiten sowie Diagnostikzentren. Hier dürfte auch in den kommenden Jahren Potenzial bestehen.
Beschaffungen seitens des staatlichen Sektors schreibt fast immer das madagassische Gesundheitsministerium MSANP (Ministère de la Santé Publique) aus. Kaufkriterium für den Staat ist häufig der Preis. Finanzieren Geber aus bestimmten Ländern das Projekt, dann wird häufig auch aus diesem Land beschafft. Das Thema Compliance spielt nach Einschätzung von Beobachtern ebenfalls eine Rolle.
Name des Krankenhauses |
Andohotapenaka Krankenhaus „Manara Penitra“ |
Anosiala Universitätskrankenhaus |
Hôpital Joseph Raseta Befelatanana (HJRB) |
Hôpital Joseph Ravoahangy Andrianavalona (HJRA) |
Centre Hospitalier de Soavinandriana CENHOSOA (Militärkrankenhaus) |
Private Investitionen dürften sich im Jahr 2021 auf ein Minimum beschränken, da vielen Akteuren das Geld fehlt. Bevorzugt decken die privaten Kliniken und Praxen lukrative Felder wie allgemeinmedizinische Dienstleistungen ab inklusive Geburtshilfe, zahnärztlicher Behandlung, Chirurgie, Labore und Ultraschall.
Eine wichtige Rolle spielen im Privatsektor kirchliche Einrichtungen der Adventisten, Lutheraner und Katholiken. Diese Betreiber sind zahlungskräftig und investieren immer wieder in die Erweiterung ihrer Kapazitäten. Private Einrichtungen erwarten in der Regel eine gute Kundenbetreuung und sind bei guter Qualität auch bereit, einen höheren Preis zu bezahlen.
Name der Einrichtung |
Polyclinique Ilafy (Groupe Sodiat) |
Clinique et Maternité St. François d’Assise (Clinique des Sœurs) – Katholische Einrichtung |
Clinique Médicale Adventist – Einrichtung der Adventistenkirche (in mehreren Städten) |
Espace Médical (Kliniken in mehreren Städten) |
Mary Stopes (Kliniken in mehreren Städten) |
Institut Pasteur de Madagascar (IPM; bislang größtes Labor) |
Möglichkeiten bestehen in begrenztem Umfang auch für eine lokale Produktion, zum Beispiel von Infusionslösungen, einfacheren Medikamenten oder Gebrauchsgegenständen wie Spritzampullen oder Kapseln. Mit Farmad (unter anderem Kindersirup, Medikamente) gibt es bereits einen Hersteller in Antananarivo. Auch besteht die Möglichkeit der Verarbeitung lokaler Pflanzen zu Nahrungsmitteln oder Kosmetika, sofern sie sich gut in Übersee verkaufen lassen. Madagaskar verfügt durch seine Insellage über eine einzigartige Pflanzenwelt.
Einige Unternehmen in diesem Bereich sind bereits in Madagaskar aktiv, wie IMRA (Tee aus Artemisia), Homeopharma (unter anderem homöopathische Produkte, essienzielle Öle, Seifen) und Vaniala (Shampoo, Tee etc.). Für die Verarbeitung des angeblichen Covid-Heilmittels Artemisia wurden die Unternehmen Dzama (eine Rumfabrik) und TAF (Tee- und Gewürzfabrik) vom Staat beauftragt.
Indikator | Wert |
Einwohnerzahl (2019 in Mio.) | 27,1 |
Bevölkerungswachstum (2019 in % p.a.) | 2,7 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2019) | |
.Anteil der unter 14-Jährigen (in %) | 40,4 |
.Anteil der über 65-Jährigen (in %) | 3 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2018) | 66,7 |
BIP pro Kopf (2019 in US$) | 468,9 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (2017 in US$) | 24,7 |
Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2017 in %) | 5,5 |
Ärzte/100.000 Einwohner (2014) | 18,1 |
Die Markterschließung ist in dem frankophonen Land aufwändig und mit Risiken verbunden. Bei Medizintechnik dominieren Anbieter aus China, Indien und Frankreich. Letztere sind zwar teurer, profitieren aber durch ihre immer noch bestehenden guten Kontakte. Aus Deutschland sind weder Hersteller von Pharmazeutika noch von Medizintechnik mit einer eigenen Niederlassung auf dem Markt präsent. Sie wickeln ihr Verkaufsgeschäft - wie zum Beispiel Denk Pharma - vor allem über lokale Vertriebspartner ab.
Der Vertrieb von importierten Medikamenten wird von lokalen Großhändlern dominiert, wie Somaphar, Opham, Sopharmad, Cofarma, Drogemad, Madaphar und Interpharma. Diese wiederum haben enge Beziehungen zu ausländischen Distributoren wie der französischen Eurapharma (gehört zu CFAO) oder Planet Pharma. Das jährliche Einfuhrvolumen bei Pharmazeutika wird auf etwa 80 Millionen US-Dollar geschätzt. Ausschließlich für die Belieferung staatlicher Einrichtungen ist der Grossist Salama zuständig.
Branchenkenner berichten über eine Vereinfachung der Registrierung in Madagaskar in den letzten Jahren. Dies gilt insbesondere für Originalpräparate, die bereits eine Verkaufslizenz für den Europäischen Markt erhalten haben. Hingegen wurde das Verfahren für Generika erschwert. Zuständig ist von Seiten des Gesundheitsministeriums der Regulierer AgMed, am Ende entscheidet jedoch ein interministerieller Ausschuss.
Bezeichnung | Internetadresse | Anmerkungen |
Germany Trade & Invest | Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
AHK Südliches Afrika | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Exportinitiative Gesundheitswirtschaft | Portal der Exportinitiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie | |
Ministère de la Santé Publique (MSANP) | Gesundheitsministerium | |
Direction de la Pharmacie, des Laboratoires et de la Médecine Traditionnelle (DPLMT) | s.o. | Gehört zum MSANP; staatliche Stelle für die Kontrolle von Apotheken, Laboren und traditionellen Medizinern |
Agence du Médicament (AgMed) | k.A. | Gehört zum MSANP; Zulassungsbehörde für Medikamente |
Centrale d’Achats de Médicaments Essentiels et de Matériel Médical de Madagascar (Salama) | Staatlicher Großhändler für Medikamente | |
Association des Hôpitaux Privés de Madagascar (AHPM) | Keine Webseite; Präsenz auf Facebook | Verband der privaten Krankenhäuser in Madagaskar |