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Der Ausbau des Wasser- und Abwassersystems wird immer dringender. Ein Großteil der Mittel kommt von internationalen Gebern. Doch auch private Investitionen sind vielversprechend.
18.11.2020
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Bis zum Jahr 2030 will die madagassische Regierung die gesamte Bevölkerung mit Wasser versorgen. Dabei besteht großer Investitionsbedarf. Derzeit liegt die Zugangsrate zu Trinkwasser bei unter 50 Prozent. Bei einer jährlich um etwa 700.000 Menschen steigenden Bevölkerung ist das Vorhaben sehr ambitioniert.
Inwieweit der hochverschuldete Staat in den nächsten Jahren in der Lage sein wird, zu investieren, hängt maßgeblich vom Verhalten der Geber ab. Insbesondere das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF, die Weltbank und die Europäische Investitionsbank (EIB) sind im Wassersektor des Landes aktiv. Sowohl bei staatlichen als auch bei privaten Projekten verfügen deutsche Unternehmen über Zuliefer- und Beratungsmöglichkeiten.
In den schnell wachsenden Städten müssen die Wasserversorgungsnetze dringend modernisiert und ausgebaut werden. Sie stammen zum Teil noch aus der französischen Kolonialzeit. Speziell im Großraum Antananarivo wird der Handlungsbedarf deutlich: Die Hauptstadt wächst jährlich um etwa 150.000 Einwohner. Der für die Stadtnetze verantwortliche staatliche Wasserversorger Jirama ist nicht in der Lage, ohne Fremdhilfe zu investieren. EIB und Weltbank stellen daher Kapital für den Netzausbau und für die Entwicklung eines Masterplans für die kommenden Jahrzehnte zur Verfügung. Ausschreibungen hierfür werden in der Regel von Jirama veröffentlicht.
Projektbezeichnung | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkung |
Jirama Water III | 74 Mio. Euro | in Planung | Verbesserung der Trinkwasserversorgung in Antananarivo; EU hat Teilfinanzierung im Januar 2020 zugesagt; beteiligt ist auch Water & Sanitation für the Urban Poor |
Integrated Sanitation and Drainage Master Plan for Antananarivo | 75 Mio. US$ | seit 2018 in Arbeit | Erstellung eines Masterplans für die Entwicklung der Wasserversorgung von Antananarivo bis zum Jahr 2050 |
Auch wird die Abwasserentsorgung aufgrund zunehmender Umweltprobleme immer dringender. Bislang wird in den Städten das Abwasser ungereinigt in die nahe gelegenen Flüsse abgeleitet, auch in der Millionenstadt Antananarivo. Der Staat möchte zumindest in den großen Städten des Landes eine Abwasserentsorgung einführen und hat mit dem „Schémas Directeurs d’Assainissement de Huit Centres Urbains Secondaires de Madagascar (SDAUM)“ bereits vor einigen Jahren eine Art Masterplan für die Entwicklung eines Abwassersektors erstellen lassen. Auch hier müssen Geldgeber gefunden werden.
In ländlichen Gegenden und kleineren Städten sind die lokalen Behörden auch nicht in der Lage, umfassende Investitionen durchzuführen. Geber und Nichtregierungsorganisationen beteiligen sich hier schon länger an Projekten. Nun sollen vermehrt private Partner im Rahmen von Public-private-Partnerships (PPP) beteiligt werden. So wurde in der Kleinstadt Ihosy ein lokaler Konzessionär mit dem Betrieb des städtischen Wassernetzes beauftragt. Die privaten Akteure sollen die Wasserversorgung effizienter und günstiger gestalten. Teure Technologien sind nicht gefragt, denn der Regierung geht es auch darum, den Wasserpreis niedrig halten zu können.
Die technischen Lösungen auf dem Land umfassen die Ableitung und Reinigung von Wasser aus Flüssen, den Bau von Brunnen in trockeneren Gegenden und in einigen trockenen Küstengegenden im Süden kommen auch kleinere Entsalzungsanlagen für die Reinigung des salzigen Grundwassers zum Einsatz. Im Süden, der in den vergangenen Jahren zunehmend von Trockenheit geplagt wird, fließt auch Geld in die Verlegung von Rohren, um entferntes Flusswasser in Ortschaften leiten zu können. Für die ländliche Wasserversorgung ist das Ministère de l’ Eau, de l’ Assainissement et de l’ Hygiène (MEAH) zuständig, welches auch die Ausschreibungen veröffentlicht.
Weil die staatliche Wasserversorgung nur schlecht funktioniert, investieren regelmäßig Unternehmen mit hohem Wasserverbrauch in den Bau eigener Anlagen. In Madagaskar handelt es sich dabei um Betriebe aus den Bereichen Landwirtschaft (vor allem Reis, Zuckerrohr, Baumwolle), Tourismus, Bergbau und Industrie. Diese Unternehmen legen Wert auf gute Qualität und Beratung, weshalb deutsche Anbieter dort über Chancen verfügen, ins Geschäft zu kommen. Allerdings dürften sich durch die konjunkturellen Folgen der Corona-Pandemie die privaten Investitionen im Jahr 2021 auf einem vorerst geringen Niveau einpendeln, da vielen Akteuren das Geld fehlt.
Aufgrund der geringen Marktgröße bedienen deutsche Unternehmen Madagaskar bislang aus der Distanz. Entweder geschieht dies über französische Partner, welche oft in Réunion eine Filiale unterhalten oder über Johannesburg in Südafrika wo viele deutsche Unternehmen präsent sind. Südafrika und Madagaskar sind beide Mitglied in der Southern African Development Community (SADC), innerhalb dieser Entwicklungsgemeinschaft gelten niedrige Zölle. Nachteilig dürfte die Sprachbarriere sein, denn französische Sprachkenntnisse sind im anglofonen Südafrika eher rar gesät, in Madagaskar aber notwendig.
Die Finanzierung von Handelsgeschäften zwischen Deutschland und Madagaskar ist mitunter schwierig. Die Eröffnung eines Konnossements (L/C) wird von vielen Banken abgelehnt. Französische Geldhäuser tun sich hier deutlich leichter, weshalb der Vertriebskanal häufig über Frankreich gewählt wird.
Auch die Zertifizierung von Handelsgeschäften läuft nicht immer reibungslos. Diese wird in Madagaskar in der Regel von den französischen Unternehmen Bureau Veritas und Socotec vorgenommen. Mitunter berichten Importeure, dass französische Normen in Madagaskar zur Anwendung kommen, die sich von den neueren EU-Zertifizierungen unterscheiden. Für nicht-französische Produkte kann es daher zu Problemen bei der Zertifizierung kommen.