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Branchenbericht Marokko Energie
Marokko gilt als Afrikas Musterschüler im Fach Erneuerbare Energien. Diesen Erfahrungsvorsprung will das Königreich zukünftig auch auswärts ausspielen.
16.04.2020
Von Michael Sauermost | Marokko
In Afrika gilt Marokko als Vorreiter in Sachen erneuerbare Energien. Das Königreich verfolgt ehrgeizige Pläne, was den Renewables-Anteil im Energiemix angeht. Laut Moroccan Agency for Sustainable Energy (Masen) sei das Land auf einem guten Weg, bis zum Jahresende 2020 das Ziel von 42 Prozent erreichen zu können. Bis zum Jahr 2030 will die Regierung den Anteil auf 52 Prozent erhöhen. Der Staat soll bislang 2,6 Milliarden US$ in erneuerbare Energien gesteckt haben.
Die im Dezember 2009 gegründete Agentur Masen hat Marokko in Sachen Solar- und Windenergie auf dem afrikanischen Kontinent als Vorreiter positioniert. International bedeutende Branchenunternehmen wurden angezogen und dadurch ein hohes Maß an Know-how aufgebaut. Wenn etwas an dem Image kratzen kann, dann sind es verschiedene Projektverzögerungen, die sich vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie noch ausdehnen dürften.
Seit 2016 wurden drei neue Solarkraftwerke (Noor Ouarzazate, Noor Laayoune und Noor Boujdour) mit einer Gesamtkapazität von 700 Megawatt in Betrieb genommen. Das Projekt Noor Ouarzazate gilt als "Fahnenträger" der marokkanischen Solarstrategie. Die KfW Entwicklungsbank hat das Projekt, bei Gesamtkosten in Höhe von 2,3 Milliarden Euro, mit einem Anteil von 830 Millionen Euro teilfinanziert.
Die installierte Windkapazität liegt bei rund 1.200 Megawatt in elf Parks. Die Wasserkraft hat eine installierte Kapazität von 1.770 Megawatt. Laut Energieministerium will Marokko bis 2040 insgesamt rund 40 Milliarden US$ in die Entwicklung des Energiesektors investieren. Dazu gehören zwar auch Kohlekraftwerke wie Jorf Lasfar. Allerdings dürften drei Viertel des Kapitals in erneuerbare Energien fließen, wobei nicht alle Vorhaben über Masen abgewickelt werden.
Noch während Masen im Inland die erneuerbaren Energien entwickelt, werden Auslandsmärkte, unter anderem südlich der Sahara, in Augenschein genommen. Dabei geht es auch um technische Hilfe und Beratung. In der Sahelzone nimmt Masen mittlerweile eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung der Initiative Desert to Power ein. Diese wurde 2018 unter Regie der Afrikanischen Entwicklungsbank ins Leben gerufen. Bereits bei der Entwicklung der Ouarzazate-Solaranlage war die Afrikanische Entwicklungsbank beteiligt
Zusammen mit Partnern sollen im Rahmen von Desert to Power in der Sahelzone bis zum Jahr 2030 Kapazitäten von insgesamt bis zu 10 GW an Solarenergie entstehen, um rund 250 Millionen Einwohner, darunter 90 Millionen ohne Netzanschluss, mit Strom zu versorgen. Neben Masen sind unter anderem die Weltbank, Agence Francaise de Développement, die West African Economic and Monetary Union sowie die Staatengemeinschaft ECOWAS in das Vorhaben involviert. Die elf Nutznießerstaaten sind Burkina Faso, Eritrea, Äthiopien, Mali, Mauritanien, Niger, Nigeria, Sudan, Djibouti, Senegal und Tschad.
Weitere Projekte im Bereich erneuerbarer Energien stehen weiter südlich auf dem Plan. So steht Masen seit 2019 in Kontakt mit Dschibuti, einen Solarpark mit einer Kapazität von 30 bis 50 MW einschließlich Speicherkapazitäten zu errichten. In Ruanda fungiert die Agentur beratend bei einem Staudammprojekt, der Phase I des Nyabarongo II-Vorhabens, sowie eines Wasserkraftwerks in Shyorongi mit einer Kapazität von 43,5 MW. Dabei berät Masen die Ruanda Energy Group Pressemeldungen zufolge ebenfalls bei Verhandlungen mit dem Projektpartner, dem chinesischen Unternehmen Sinihydro.
In Sambia kooperiert Masen mit dem staatlichen Energieunternehmen Zesco. Gemeinsam soll ein Gesamtkonzept für 450 MW an erneuerbaren Energien entwickelt werden. Nach Angaben von Zesco geht es dabei um einen Mix aus Solarenergie (200 MW), Windkraft (150 MW) sowie Windkraft und Geothermie (zusammen 100 MW).
Bis 2022 soll das Projekt Noor Midelt I anlaufen. Es handelt sich dabei um ein Hybridkraftwerk, das konzentrierte Solarenergie mit Solarphotovoltaik kombiniert. Masen hält 25 Prozent der Anteile. Den Rest steuert das Konsortium, das bei der internationalen Ausschreibung den Zuschlag erhielt. Dabei handelt es sich um die Unternehmen EDF Renouvables (Anteil: 35 Prozent), die Abu Dhabi Future Energy Company - Masdar (30) sowie Green of Africa Maroc (10). In Kürze soll es dann zu einer Ausschreibung für das Noor Midelt II-Vorhaben kommen, das eine Kapazität zwischen 400 und 800 MW erhalten soll. Im Rahmen des Noor-Atlas-Projekts, das ein Finanzvolumen von 280 Millionen Euro hat, werden weitere sieben Solarparks mit einer Kapazität von 200 MW geplant.
Aktuell wird außerdem geplant, den bestehenden Windpark Koudia Al Baida in der Region Tanger-Tetouan mit neuen Windkraftanlagen auszustatten. Dadurch sollen die Kapazitäten von 50 auf 120 MW steigen. Im Rahmen einer integrierten Windkraftinitiative befinden sich fünf neue Projekte mit Kapazitäten von insgesamt 850 Megawatt in Bau. Dabei handelt es sicht um die Windparks Midelt, Boujdour, Jbel Lahdid, Tiskrad, Tanger II sowie Eolien Taza. Allein die Boujdour-Anlage dürfte Investitionen in Höhe von rund 1,2 Milliarden US$ erfordern. Ende 2019 unterschrieben das Office National de l´Électricité et de l´Eau Potable (ONEE) sowie Masen Verträge mit der marokkanischen Nareva Holding und dem italienischen Enél Green Power Konsortium. Im Jahr 2021 soll mit dem Bau begonnen werden.