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Branchen | Marokko | Energieeffizienz

Energieeffizienz in Gebäuden kommt langsam an

Marokkos Regierung ruft ambitionierte Ziele aus. An konkreten Maßnahmen mangelt es jedoch noch. Anreize könnten die Entwicklung im Privatsektor beschleunigen.

Von Michael Sauermost | Casablanca

Energieeffizienz rückt im Königreich zunehmend in den Fokus. Die marokkanische Regierung hat das Thema neben dem Vorantreiben erneuerbarer Energien bereits im Jahr 2009 als nationale Priorität eingestuft. Bis 2030 soll etwa ein Fünftel des landesweiten Energieverbrauchs eingespart werden. So lautet das Ziel der Stratégie Nationale de l´Efficacité Énergétique, die 2020 vom Ministère de l´Energie, des Mines et de l´Environnement (MEM) bekannt gegeben wurde. Für den Gebäudebereich sieht der Fahrplan vor, im Vergleichszeitraum den Energieverbrauch um 14 Prozent zu reduzieren.

Regulierungsmaßnahmen erforderlich

Der Gebäudesektor ist in Marokko in etwa für ein Drittel des Endenergieverbrauchs verantwortlich. Wohngebäude kommen laut Energieministerium auf einen Anteil von rund 26 und gewerbliche Gebäude auf 7 Prozent.

Verschiedene Regulierungsmaßnahmen sind laut MEM zukünftig erforderlich, um die Einsparziele zu erreichen. Entsprechende finanzielle Mittel sollen mobilisiert werden. Unter anderem geht es dabei um die Standardisierung von Ausrüstungen und Dienstleistungen oder Kontrollmaßnahmen zur Einhaltung von Baunormen und effizienzbezogenen Maßnahmen. Sogenannte MEPS (Minimum Energy Performance Standards) sollen für die unterschiedlichen Segmente eingeführt werden.

Auch der Informationsaspekt sei bislang zu kurz gekommen. Mehr Wissen über energieeffiziente Maßnahmen könnten mehr Bewusstsein in der Industrie, bei Immobilienentwicklern, Architekten, Geldgebern sowie in der breiten Öffentlichkeit schaffen. So plant die Regierung beispielsweise die Einrichtung eines Online-Portals, um die Transparenz zu erhöhen. Schulungen für Architekten und allgemein Fachleute aus dem Bausektor sollen in Zukunft organisiert werden.

Mehr öffentliche Einrichtungen setzen auf Effizienz

Im öffentlichen Sektor wird die verstärkte Nutzung energieeffizienter Materialien und Maßnahmen als Verantwortungspflicht betrachtet. Dies wurde durch den Pacte de l'Exemplarité de l'Administration dokumentiert. Dieses "Versprechen", die Grundsätze der Energieeffizienz auf öffentliche Gebäude anzuwenden, wurde im Jahr 2019 vom Comité National du Développement Durable abgegeben.

Und es scheint erste Früchte zu tragen: Die Ambitionen der Regierung führten dazu, dass in öffentlichen Gebäuden verschiedene Initiativen auf den Weg gebracht wurden. So kam es beispielsweise im März 2022 zu der Unterzeichnung einer Rahmenvereinbarung mit dem Justizministerium. In dessen Gebäuden sollen durch nachhaltige Lösungen der Energieverbrauch optimiert und reduziert werden. Mit vergleichbaren Zielen ging die Agence Marocaine pour l'Efficacité Energétique (AMEE) eine Partnerschaft mit der Caisse Nationale des Organismes de Prévoyance Sociale (CNOPS) ein.

Die Regierung hofft, dass der Privatsektor dem öffentlichen Vorbild nacheifert. Dafür dürfte allerdings, gerade für mittelständische Firmen, ein Katalog von Anreizen und Sanktionen erforderlich sein. Das allgemeine Bewusstsein ist noch vergleichsweise gering. Und damit bleibt der Markt bislang überschaubar.

Größere Gesellschaften investieren indes eher, um langfristig Energie einsparen zu können. Ein Beispiel dafür ist BMCI (Banque Marocaine pour le Commerce et l´Industrie), die marokkanische Tochtergesellschaft der BNP Paribas Gruppe. Nachdem in einer ersten Phase im zentralen Gebäude die Ziele der Energieeffizienzstrategie weit übertroffen wurden, startet Phase 2: von 2021 bis 2025 soll der Stromverbrauch im Filialnetz um 15 Prozent gesenkt werden.

Lokale Fertigung mit ausländischem Know-how?

Abzuwarten bleibt, in welchem Ausmaß Materialien oder Know-how aus dem Ausland zum Einsatz kommen. Der Bedarf ist vorhanden. Zumindest schaut die Regierung auf die Nachbarmärkte: So gab es beispielsweise zum Jahresende 2021 einen intensiven Austausch zwischen der AMEE und der portugiesischen Energieagentur ADENE. Dabei ging es unter anderem um bestehende und zukünftige Normen und Gebäudezertifizierungssysteme.

Mit der International Energy Agency (IEA) besteht ein gemeinsames Projekt für den Zeitraum 2022-2023. Dabei geht es allgemein um die Formulierung und Unterstützung eines Programms zur Dekarbonisierung. Die Energieeffizienz ist ein Teil des Programms.

Die Regierung ist bemüht, die lokale Industrie in die Entwicklung mit einzubeziehen. Im Rahmen ihres Programms der Importsubstitution sollen etwa Firmen profitieren, wenn sie energieeffiziente Baumaterialien herstellen.

Engpässe bei Finanzierung im Blick

Um die Finanzierung von energieeffizienten Maßnahmen im Bausektor voranzutreiben, hat die AMEE mehrere Vereinbarungen mit dem Bankensektor unterzeichnet. In Zusammenarbeit mit dem Solarcluster wurde ein Leitfaden entwickelt, der die Finanzierungsmechanismen in Marokko detailliert beschreibt.

Außerdem soll die Morocco Sustainable Energy Financing Facility (MorSEFF) der Branche einen Schub geben. An diesem Finanzierungsprogramm sind die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD), die Europäische Investitionsbank (EIB), die französische Entwicklungsagentur (AFD) sowie die deutsche KfW Entwicklungsbank beteiligt.

Ab September 2022 soll das staatliche Energiedienstleistungsunternehmen SIE (Société d´Ingénière Énergétique) als Super Esco (Super Energy Services Company) neu starten. Die Umstrukturierung zielt unter anderem darauf ab, einen Energieeffizienzmarkt zu schaffen sowie bankfähige Projekte in Marokko voranzutreiben.

Das Ursprungskonzept sieht vor, im Rahmen der Super Esco bis zum Jahr 2030 Investitionen im Volumen von 50 bis 80 Millionen Euro für die Erhöhung der Energieeffizienz in verschiedenen Sektoren zu generieren. Rund 4.000 neuen Arbeitsplätze sollen dadurch bis 2025 entstehen - davon etwa 30 Prozent für Frauen. Der landesweite Bedarf an elektrischer Energie könnte um 140 MW, der Stromverbrauch um 500 GWh schrumpfen.

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