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Branchenbericht Marokko Außenwirtschafts-, Industriepolitik
Marokko will die erzielten Erfolge im Verarbeitenden Gewerbe nicht nur fortsetzen, sondern auch auf neue Bereiche ausweiten. Industrie 4.0 wird zum Thema.
26.08.2020
Von Michael Sauermost | Marokko
Marokko will das Verarbeitende Gewerbe weiter diversifizieren. Längst geht es nicht mehr nur darum, neben dem weiterhin wichtigen Agrarsektor neue Wachstumsmotoren zu installieren. Dies wurde in den letzten Jahren bereits bewerkstelligt. Vor allem in der Automobil- sowie der Flugzeugteileindustrie siedelten sich einige ausländische Unternehmen an. Der Fokus liegt dabei zum Großteil im Exportgeschäft. Diese Entwicklungen könnten richtungsweisend für weitere Branchen sein, hofft die Regierung.
Durch die Coronapandemie bekommt die Diversifizierungstrategie zusätzlichen Rückenwind. Während der Krise mussten zahlreiche Anlagen ihren Betrieb herunterfahren. Die Regierung will mehr denn je Bereiche identifizieren und Nischen erkennen, in denen Importe durch lokale Fertigung substituiert werden können. "Made in Morocco" soll mehr Gewicht bekommen - im Inland, aber auch im Ausland.
Zumindest für eine Übergangszeit, bis die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise überwunden sind, will die Regierung die Importe stärker regulieren. Sie will überprüfen, welche Bereiche auch durch eine lokale Fertigung abgedeckt werden könnten. Entsprechende Investitionen sollen gefördert werden. Dadurch sollen das Handelsdefizit reduziert und die Devisenreserven geschont werden.
Zunächst sollen Projekte evaluiert und Anreize für die Unternehmen geschaffen werden, diese umzusetzen. Unter der Schirmherrschaft des Industrieministeriums gelang es im Sommer 2020 verschiedenen Unternehmen, eine Maschine zur Herstellung von Schutzmasken zu entwickeln. Bereits vorher präsentierte ein Konsortium ein Beatmungsgerät, ebenfalls zu 100 Prozent aus marokkanischer Fertigung. Als Beispiele für weitere Nischen für Importsubstitution nannte das Ministerium Krankenhausbetten, Schultische oder auch Sanitäranlagen.
Auch bei den großen Exportbranchen gebe es Chancen. Bislang befinde sich beispielsweise die Mehrheit der Unternehmen im Automobilsektor und in der Luftfahrtindustrie im Besitz ausländischer Kapitalgeber. Auch dort werden weiterhin Komponenten importiert, die durch lokale Teilehersteller in den Wertschöpfungsprozess gebracht werden könnten. Vor Jahren war dies undenkbar. Seitdem die lokale Kfz-Produktion jedoch ins Laufen kam, wurde die Einfuhrbelastung größer.
Ebenfalls im Bereich der Nahrungsmittelverarbeitung seien dringende Investitionen in die lokale Industrie notwendig, um unnötige Importe zu verhindern. Das Industrieministerium beklagt hier beispielsweise, dass bei der Herstellung von Fischkonserven ein relativ einfaches Zwischenprodukt wie die Dose im Ausland beschafft werden müsse. Außerdem importiert Marokko Orangensaftkonzentrat aus Brasilien oder Asien. Auf Grund der Zitrusfruchtkapazitäten müsste das Königreich in diesem Bereich eigentlich völlig autonom sein.
Mit dem "Plan d´Accélération Industrielle 2014-2020" hat Marokko bereits bewiesen, dass es gezielt und erfolgreich eigene Industrieaktivitäten fördern kann. Die Ziele dieser Industriestrategie lauten, den Anteil der industriellen Fertigung am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 14 auf 23 Prozent auszubauen und dadurch etwa 500.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Diversifizierung des Verarbeitenden Gewerbes soll auch den Nebeneffekt haben, den Anteil des informellen Sektors zu reduzieren. Dieser Prozess dürfte allerdings mit weiteren wirtschaftspolitischen Maßnahmen, auch im Ausbildungssektor, verbunden sein.
Die zweite Phase des industriellen Entwicklungsplans (2021-2025) wird mit Spannung erwartet. Der Fokus wird voraussichtlich darauf liegen, den industriellen Prozess auf ländliche Regionen zu erweitern. Auch sollen kleine Unternehmen stärker im Vordergrund stehen. Weiterhin geht es um die Entwicklung neuer Sektoren, wobei noch keine neue Prioritätenliste genannt wurde. Über kurz oder lang muss auch mehr in Forschung und Entwicklung investiert werden. Auch sollen neue Fertigungsverfahren für eine Modernisierung sorgen.
Allgemein wird das Verarbeitende Gewerbe auch in Zukunft auf Importe von Kapitalgütern angewiesen sein. Für deutsche Anbieter von Industrie 4.0-Anwendungen gilt das Königreich als Zukunftsmarkt. Allerdings sollten keine Fortschritte von heute auf morgen erwartet werden, sind sich Industrievertreter einig. Dabei stehen nicht ausschließlich die bereits etablierten Exportbranchen wie Kfz, Luftfahrt oder Pharma im Vordergrund.
Auch bereits etablierte Sektoren, die durch den Einsatz neuer Technologie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit steigern könnten, sind potenzielle Auftraggeber. Im Juli 2020 wurde beispielsweise eine Einigung zwischen dem Industrieministerium und dem Unternehmen Omega Textile Maroc über eine neue High-tech-Textilfabrik erzielt, die auf Industrie 4.0-Anwendungen setzt. Mit einem Investitionsvolumen von 8 Millionen US$ soll in Casablanca eine moderne Bekleidungsfabrik entstehen.
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