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Branchen | Marokko

Marokko investiert in grünen Ammoniak und Spezialchemie

Der marokkanische Staatskonzern OCP plant bis 2027 Investitionen in Höhe von 13 Milliarden US-Dollar. Das Unternehmen setzt auf erneuerbare Energien und Meerwasserentsalzung. 

Von Ullrich Umann | Casablanca

Der weltgrößte Produzent von Phosphat und Phosphatdünger Office Chérifien des Phosphates (OCP) will seine Produktion in Zukunft grüner gestalten und sein Angebot ausbauen. Dazu will das Unternehmen in Solar- und Windenergie investieren, um grünen Wasserstoff sowie Ammoniak zu produzieren. Außerdem sollen weitere chemische Produkte hergestellt werden, darunter auch Vorprodukte für die Fertigung von Batterien. 

Deutsches Engineering gefragt

Das Gesamtprogramm sieht den Einsatz von Technologien vor, die bislang nicht zu den Kernkompetenzen des Bergbau- und Düngemittelkonzerns gehören. Daher wird OCP bei der Umsetzung der Pläne auch auf Beratung und Kooperationspartner angewiesen sein.

In Deutschland arbeitet OCP im Bereich der Ammoniaksynthese seit 2018 mit dem Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen, IMWS, zusammen. Diese Zusammenarbeit wurde 2020 in Marokko auf das Forschungszentrum Green Energy Park (GEP) ausgeweitet, das zur Université Mohammed VI Polytechnique gehört.

Grünes Wachstum über 2027 hinaus

Aufgelistet hat OCP sämtliche Investitionsvorhaben im Programm „Grünes Wachstum 2023 – 2027“. Gemäß dem Dokument soll die Düngemittelproduktion von derzeit 12 Millionen Tonnen auf 20 Millionen im Jahr 2027 ausgeweitet werden. Die dazu benötigte zusätzliche Energie soll laut gleicher Quelle ausschließlich aus regenerativen Quellen stammen.

Zu den wachsenden Geschäftsfeldern gehören damit unter anderem der Bau und das Betreiben zusätzlicher Wind- und Solaranlagen. Dem schließt sich der Aufbau einer Wasserstoff- und Ammoniakproduktion an. Aber auch eine Meerwasserentsalzungsanlage gehört dazu, die gegenwärtig gebaut wird. 

Als Staatskonzern ist OCP ebenfalls bei der Wasserversorgung der anliegenden Regionen gefordert. In Absprache mit der marokkanischen Regierung wird die entstehende Anlage zur Meerwasserentsalzung sowohl die Bevölkerung von Safi und El Jadida mit Frischwasser als auch Prozesswasser für unternehmenseigene Zwecke liefern. In der Perspektive benötigt OCP sogar noch mehr Wasser, wenn die Wasserstoffelektrolyse im großen Maßstab einsetzt. 

Über Umwege zu grünem Ammoniakphosphat

Den durch Elektrolyse gewonnenen grünen Wasserstoff will OCP per Haber-Bosch-Verfahren mit Stickstoff zu Ammoniak verbinden. An diesem daraus entstehenden CO₂-freien Ammoniak ist der Konzern am meisten interessiert, denn mit ihm lassen sich die bislang unabdingbaren Einfuhren von Ammoniak ablösen. 

Das macht den Konzern zum einen von ausländischen Zulieferern unabhängig und zum anderen aber auch umweltfreundlicher bei seinen Produkten. So kann OCP am Ende der Wertschöpfungskette für Düngemittel unter anderem CO₂-freiem Ammoniakphosphat für die nachhaltige Landwirtschaft anbieten. Außerdem könnte das Unternehmen die von der EU ab 2026 erforderlichen CO₂-Zertifikate umgehen, wenn die hergestellten Produkte frei von CO₂ wären.

Schon jetzt plant OCP über das Jahr 2027 hinaus. Bei der Synthese von Ammoniak soll die Produktion bis 2027 auf 200.000 Tonnen und dann bis zum Jahr 2032 auf 1 Million Tonnen ausgeweitet werden. 

Wasserstoff-Ammoniak-Cluster bei Tarfaya

Als Standort für den Ausbau der erneuerbaren Energiegewinnung sowie zum Aufbau der Wasserstoffelektrolyse und Ammoniaksynthese hat sich OCP für ein Areal südlich der 8.000 Einwohner zählenden Kleinstadt Tarfaya entschieden. Hier hat die Tarfaya Energy Company (TAREC), an der jeweils zur Hälfte die französische GDF-Suez und die marokkanische Nareva Holding beteiligt sind, 2014 schon einmal einen Windpark mit 131 Windturbinen in Betrieb genommen. Die Turbinen lieferte damals Siemens.

OCP wird in Tarfaya eigene Wind- und Solaranlagen aufstellen und damit die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die ebenfalls entstehende Wasserstoffelektrolyse und Ammoniaksynthese ausschließlich mit erneuerbaren Energien versorgt wird. Die in Tarfaya entstehende Erzeugerkapazität für grünen Strom fällt mit 3,8 Gigawatt umfangreich aus. 

Auch die Investitionskosten für das gesamte Wasserstoff-Ammoniak-Cluster sind mit 7 Milliarden US$ beachtlich. Allerdings verfügt OCP auch über gewisse finanzielle Reserven. Im Jahr 2022 konnte das größte marokkanische Unternehmen nach eigenen Angaben einen Gewinn in Höhe von 3,9 Milliarden Euro erzielen. Neben eigenen Mitteln werden auch internationale Kredite aufgenommen. Die zur Weltbank-Gruppe gehörende International Finance Corporation (IFC) beteiligt sich mit 100 Millionen Euro an der Finanzierung von zwei Solarkraftwerken mit einer Kapazität von 400 Megawatt. Die Investitionen der OCP in die Erzeugung regenerativer Energien fließen nicht nur nach Tarfaya, sondern auch in andere Regionen des Landes, wie zum Beispiel nach Khouribga und Gantour.

Der Konzern stockt ebenfalls die Kapazitäten zur Meerwasserentsalzung auf, und zwar von 110 Millionen Kubikmeter (m3) Wasser im Jahr 2023 auf 560 Millionen m3 im Jahr 2026. Zu den Plänen gehört ebenfalls, dass alle Meerwasserentsalzungsanlagen spätestes 2032 ausschließlich mit grünem Strom versorgt werden.

Spezialchemie für die Akkufertigung wächst

Weitere Chancen sieht OCP für die Produktion von Spezialchemie. Ausgangspunkt dafür ist, dass sich Marokko zu einem Standort für die Zulieferindustrie sowie die Produktion von Elektrofahrzeugen entwickelt. Firmen aus Südkorea und China bauen in Marokko Fabriken für die Montage von Batterien auf. Darüber hinaus soll auch eine kleine Serie eines in Marokko entwickelten SUV mit einem modularen Brennstoffzellenantrieb aufgezogen werden.

OCP möchte in Zukunft Vorprodukte zur Erzeugung von Lithium-Eisen-Ionen-Phosphatbatterien anbieten. Dafür werden die entsprechenden Produktionslinien vorbereitet. Ab 2027 sollen 20.000 Tonnen Fluor und 30.000 Tonnen Spezialchemikalien pro Jahr zum Befüllen von Akkus zur Verfügung stehen. Auch auf diesem Gebiet kooperiert OCP mit externen Forschungseinrichtungen, darunter das Labor für Materialwissenschaft, Energie und Nanotechnik, der Université Mohammed VI Polytechnique.

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