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Wirtschaftsumfeld
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Branchen | Marokko | Wasserstoff
Um klimaneutral zu werden, braucht Deutschland grünen Wasserstoff aus dem Ausland. In Marokko wird die Produktion mit Hilfe der deutschen Entwicklungszusammenarbeit aufgebaut.
18.11.2020
Von Laura Sundermann | Bonn
Die Europäische Union hat ihre Klimaziele verschärft. Statt wie vorgesehen die Emissionen bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken, hat das Europaparlament Anfang Oktober 2020 für eine Reduktion um 60 Prozent gestimmt. Diese Ziele kann Deutschland nicht allein dadurch erreichen, dass es die Erzeugung von erneuerbaren Energien im eigenen Land ausbaut. Die zur Verfügung stehende Fläche und der erreichbare Wirkungsgrad reichen nicht aus.
In anderen Ländern hingegen lässt sich - durch höhere Sonneneinstrahlung, größere Staudämme oder mehr Wind - in größeren Mengen und günstiger als in Deutschland grüner Strom erzeugen. Dieser Strom kann dazu benutzt werden, aus Wasser durch Elektrolyse Wasserstoff zu produzieren - aus grünem Strom und Wasser wird so grüner Wasserstoff. Durch die anschließende Reaktion des Wasserstoffs mit Kohlendioxid oder Stickstoff können Folgeprodukte wie Diesel oder Ammoniak hergestellt werden. Dieses Verfahren wird als Power-to-X (PtX) bezeichnet. Deutschland plant, sowohl den Wasserstoff als auch die Folgeprodukte zu importieren, um die Nutzung fossiler Brennstoffe im eigenen Land zu reduzieren und seine Klimaziele zu erreichen.
Nordafrika bietet sich als Exporteur von grünem Wasserstoff nach Deutschland besonders an. Das liegt zum einen an seiner geographischen Nähe, aber auch an den guten Erzeugungsbedingungen für Strom aus erneuerbaren Energien.
Das größte Potenzial, grünen Wasserstoff herzustellen und zu exportieren, hat in der Region Marokko. Denn es hat den ersten Schritt bereits getan und erzeugt im großen Stil grünen Strom. In der marokkanischen Wüste steht mit Noor eines der größten Solarkraftwerke der Welt, ein weiteres ist in Planung. Die Wasserstoffproduktion steht zudem weit oben auf der politischen Agenda. Mit Deutschland unterzeichnete Marokko im Juni 2020 eine Absichtserklärung zur Entwicklung und Förderung des Wasserstoffsektors in Marokko und zum Aufbau einer Produktionsanlage für grünen Wasserstoff.
Der entscheidende Akteur im Land ist die Marokkanische Agentur für nachhaltige Energie (Masen). Deutsche Unternehmen sollten die Aktivitäten der Agentur aufmerksam verfolgen und sie möglichst direkt kontaktieren. Ebenfalls wichtig ist das Forschungsinstitut für Solarenergie und neue Energien (IRESEN). Es unterstützt Forschung und Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien und schreibt entsprechende Projekte aus.
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) engagiert sich stark beim Aufbau der Wasserstoffproduktion in Marokko. Beauftragt wird sie vor allem vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Umgesetzt werden die Initiativen überwiegend von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der KfW Entwicklungsbank.
Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, betonte bei der Vorstellung der Nationalen Wasserstoffstrategie im Sommer 2020 die positiven Wirkungen des deutschen Engagements: "Gemeinsam mit Marokko entwickeln wir jetzt die erste industrielle Anlage für „Grünen Wasserstoff“ in Afrika. Damit schaffen wir dort Arbeitsplätze für die vielen jungen Menschen, stärken die Technologieführerschaft in Deutschland und helfen, die internationalen Klimaziele wirksam zu erreichen.“
Die GIZ führt bereits diverse Programme und Projekte zur Erzeugung von Wasserstoff durch, plant die Aktivitäten aber noch auszuweiten. In der “Unternehmensallianz Energie" beispielsweise tauschen sich Unternehmen, Verbände und Forschungsinstitutionen über Aspekte der PtX-Wertschöpfungskette aus. „Die Unternehmensallianz Energie bildet beim Thema grüner Wasserstoff das Bindeglied zwischen dem BMZ und Unternehmen der Energiebranche. Ziel ist es, einen Markt für PtX-Produkte aufzubauen und die EZ dabei einzubinden“, sagt Markus Exenberger, Leiter der Unternehmensallianz Energie. Mittel- und langfristig vernetzt die Allianz die Unternehmen der Branche. Firmen, die Interesse am Austausch mit der Unternehmensallianz Energie haben, können sich an wasserstoff@giz.de wenden.
Außerdem implementiert die GIZ den PtX Hub, welcher das Wissen verschiedener PtX-Projekte weltweit bündelt. Der Hub schult auf deutscher und internationaler Ebene gemeinsam mit den Partnerländern Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu grünem Wasserstoff und Folgeprodukten und vernetzt relevante Akteure. Deutsche Unternehmen können beim Hub Informationen über Aktivitäten und Kontakte in den Partnerländern erfragen.
Die nötigen Mittel für Studien und den Aufbau der Pilotanlage in Marokko stellt die KfW zur Verfügung. Mehrere Studien wurden bereits ausgeschrieben. Deutsche Consultants aus dem Wasserstoffsektor können daher schon jetzt ihre Dienste anbieten, Anlagenbauer oder Planer und Konstrukteure der Gasinfrastruktur sind später gefragt.
Die KfW plant, in Wasserstoff-Produktionsanlagen und PtX-Infrastruktur in Nordafrika zu investieren. Um die Investitionen vorzubereiten, sollen Consultants bis Ende 2021 unter anderem Ausschreibungsunterlagen und Leistungsbeschreibungen für vorbereitende Studien erstellen.
Für Masen finanziert die KfW eine Überblicksstudie über den Wasserstoffmarkt in Marokko. Diese soll insbesondere grüne Wasserstofftechnologien und Speichertechnologien analysieren. Ebenfalls finanziert die KfW für Masen die Studie "Fabrik für grünen Wasserstoff und potentielle Folgeprodukte". Das Consulting-Team soll den technischen Prozess von der Machbarkeitsstudie bis zur Unterzeichnung der Projektvereinbarungen begleiten und überwachen.