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Branchen | Mexiko | Reisen post Corona
Die Coronapandemie hat auch Mexikos Reisebranche in eine tiefe Krise gestürzt. Einige Ziele könnten langfristig jedoch profitieren.
23.06.2020
Von Florian Steinmeyer | Mexiko-Stadt
Wichtige Tourismusregionen in Mexiko fahren ihre Aktivitäten nach rund achtwöchiger Schließung wieder hoch. Der Fremdenverkehr war Mitte Juni zwar nur in rund der Hälfte der 33 mexikanisches Bundesstaaten wieder freigegeben, darunter sind allerdings die wichtigen Destinationen Los Cabos (Bundesstaat Baja California Sur), Puerto Vallarta (Jalisco) und Rivera Maya (Quintana Roo). Die erlaubte Kapazität in den Hotels liegt anfangs bei 25 bis 30 Prozent. Daneben erließ das Tourismusministerium Sectur (Secretaría de Turismo) ein rund hundertseitiges Gesundheitsprotokoll, das den gesamten Reise- und Freizeitbereich abdeckt. Ob das Gastgewerbe in einem Bundesstaat wieder öffnen darf, entscheidet die dortige Regierung. Für die Überwachung der Vorschriften sind wiederum die Gemeinden zuständig.
Welchen Mehraufwand Hotels auf sich nehmen müssen, um die Hygienevorschriften zu erfüllen, zeigt das Beispiel des Unternehmens Xcaret an der Rivera Maya: Alle 30 Minuten reinigen Hotelmitarbeiter öffentliche Bereiche des Luxusresorts, die Gästezimmer werden zwei Mal pro Tag gesäubert. Bei Anreise wird das Gepäck desinfiziert und bei jedem Besucher vor Betreten die Körpertemperatur gemessen. Um körperliche Nähe zu vermeiden, wird die Essensausgabe in den zehn Restaurants des Resorts umgestellt, zudem ist der Gebrauch von Gesichtsmasken obligatorisch. Die operativen Kosten erhöhen sich bei Xcaret Hotel dadurch um 10 Prozent.
Die Coronakrise hat nicht nur Auswirkungen auf den Hotelbetrieb. Sie hat auch das Potenzial, das Reiseverhalten zu verändern. Neue Ziele - insbesondere kleine, weniger überlaufene Orte - werden stärker in den Fokus der Urlauber rücken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Universität Anáhuac. So haben die sogenannten "Magischen Dörfer" (Pueblos Mágicos) in der Coronazeit an Beliebtheit gewonnen. Haben sich vor der Pandemie 13 Prozent der Befragten für diese Destinationen ausgesprochen, waren es zuletzt 18 Prozent. Auch Städte, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählen, sind im Vergleich zur Zeit vor Corona gefragter (14 Prozent, zuvor 12 Prozent). Wie die Pueblos Mágicos sind sie über das gesamte Land verteilt und somit für viele inländische Touristen in kurzer Zeit und zu vergleichsweise geringen Kosten zu erreichen. Klassische mexikanische Strandziele wie Cancún sind laut der Anáhuac-Studie aber gleich beliebt geblieben.
Geschäftsführer der Welttourismusorganisation, Manuel Butler, kommt zu ähnlichen Schlüssen: Ziele wie die Pueblos Mágicos könnten langfristig von der Krise profitieren, sagte er in einem Webinar, organisiert vom Nationalen Tourismusrat CNET (Consejo Nacional Empresarial Turístico). Auch für den Naturtourismus sieht er eine gute Entwicklung voraus. Der Städtetourismus werde abseits von Kulturerbestätten am längsten brauchen, um sich zu erholen. Dies gelte laut Butler besonders für Reisen im Zusammenhang mit Kongressen und Messen.
Auslandsreisen könnten in Zukunft ebenfalls weniger gefragt sein, wie die Anáhuac-Studie offenlegt. Das betrifft insbesondere Europa, aber auch die USA haben an Beliebtheit eingebüßt. Dieser sich abzeichnende Trend dürfte der heimischen Tourismusindustrie helfen und die sinkenden Einnahmen aus dem internationalen Fremdenverkehr zumindest teilweise auffangen. In Mexiko spielen ausländische Touristen zwar eine große Rolle: 45 Millionen Besucher kamen 2019 und sorgten für Deviseneinnahmen von 24,8 Milliarden US-Dollar. Laut Anáhuac trägt der Inlandstourisms allerdings rund drei Viertel zum gesamten Branchenumsatz bei.
Bis sich die Reisebranche wieder vollständig erholt, wird es noch lange dauern. Für das Jahr 2020 sieht der Nationale Tourismusrat CNET einen Umsatzeinbruch von 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr voraus. CNET-Präsident Braulio Arsuaga erwartet, dass der Tourismus erst im Jahr 2024 das Vorkrisenniveau erreichen wird. Der Fremdenverkehr ist für Mexiko ein überaus wichtiger Wirtschaftszweig: Er generiert rund 8,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und beschäftigt 4,3 Millionen Personen direkt.
In Mexiko sind sowohl große nationale als auch internationale Hotel- und Freizeitkonzerne tätig. Neben einschlägigen Stranddestinationen wie Acapulco, Los Cabos, Puerto Vallarta, der Rivera Maya und Veracruz spielte bisher auch der Kongresstourismus eine wichtige Rolle, insbesondere in den Städten Cancún, Guadalajara, Mérida, Mexiko-Stadt und Monterrey. Dank steigender Besucherzahlen aus dem In- und Ausland boomte die Branche in den vergangenen Jahren. Das war unter anderem im Hotelbau zu sehen, der stets eines der führenden Segmente der Bauwirtschaft war. Zumindest die größeren Unternehmen der Reiseindustrie dürften Rücklagen gebildet haben, die ihnen helfen, die aktuelle Krise zu überwinden.
Unternehmen | Umsatz 2018 *) | Anmerkungen |
---|---|---|
AMResorts | 1.817,5 | Betreiber von Hotels und Freizeiteinrichtungen |
Best Day Travel | 952,4 | Onlinereiseanbieter |
Grupo Vidanta | 866,6 | Betreiber von Hotels und Freizeiteinrichtungen |
Grupo Posadas | 411,7 | Betreiber von Hotels und Freizeiteinrichtungen |
Playa Hotels & | 356,8 | Betreiber von Hotels und Freizeiteinrichtungen |
Grupo Pueblo Bonito | 305,4 | Betreiber von Hotels und Freizeiteinrichtungen |
Grupo Royal Holiday | 242,4 | Hotelentwickler und Cluburlaubanbieter |
Meliá Hotels International | 236,3 | Betreiber von Hotels und Freizeiteinrichtungen |
FibraHotel | 213,8 | Treuhandfonds zur Entwicklung und Betrieb von Hotels |
RLH Properties | 197,7 | Betreiber von Hotels und Freizeiteinrichtungen |
Grupo Real Turismo | 171,3 | Betreiber von Hotels und Freizeiteinrichtungen |
Hoteles City Express | 150,3 | Betreiber von Business-Hotels |
Grupo Presidente | 140,9 | Betreiber von Hotels und Freizeiteinrichtungen |
Bezeichnung | Anmerkungen |
---|---|
Mexikanisches Tourismusministerium | |
Statistikstelle des Tourismusministeriums | |
Verband der Tourismusunternehmen | |
Verband der Hotelbetreiber | |
Informationsportal zur mexikanischen und lateinamerikanischen Tourismusbranche |