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EBRD verbindet Klimaschutz mit Wirtschaftserholung nach Corona

Auf ihrer Jahrestagung 2021 hat sich die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) ehrgeizige Ziele gesetzt. Was bedeutet das für deutsche Unternehmen?

Von Constanze González-Schründer | Bonn

Vom 28.06. bis 02.07.2021 kamen die 69 Anteilseigner der EBRD zu ihrer virtuellen Jahrestagung zusammen, um ihre Strategie für die nächsten zwei Jahre zu verabschieden. Der aktuelle Planungszeitraum ist von der Coronakrise geprägt. Für 2021 ist ein Investitionsvolumen von 11 Milliarden Euro veranschlagt. Neben den COVID-19 bedingten Rettungsinstrumenten will die Bank damit Maßnahmen zum Klimaschutz, zur Förderung von Chancengleichheit und zur digitalen Transformation finanzieren. 

Das Wirtschaftswachstum in der EBRD-Region, vor allem Mittel- und Osteuropa, Zentralasien und der Kaukasus, war 2020 stark rückläufig und fiel von 2,6 Prozent im Jahr 2019 auf minus 2,1 Prozent im Jahr 2020. Die Staatsverschuldung in den EBRD-Einsatzländern ist mit 11 Prozent stark angestiegen. Für die Bekämpfung der Pandemie hat die Bank im letzten Jahr 11 Milliarden Euro investiert. Mit dem Vital Infrastructure Support Programme gelang es, lebenswichtige Infrastruktur aufrecht zu erhalten. „Jetzt gilt es, den Übergang von Soforthilfen zu einer langfristigen Unterstützung zu schaffen“, sagte die Präsidentin der EBRD, Odile Renaud-Basso, die seit Oktober 2020 im Amt ist.

Bank bekräftigt Förderung des Privatsektors

Der Fokus der Bank liegt mit 72 Prozent des jährlichen Investitionsvolumens auch weiterhin auf dem privaten Sektor. Ziel des Wiederaufbaus ist es, die Volkswirtschaften der EBRD-Regionen grüner, digitaler und chancengleicher zu machen. Die Pandemie bremste besonders junge Menschen und Frauen aus. Traditionelle Rollenbilder verstärkten sich und vergrößerten die ohnehin schon bestehende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. "Wir dürfen nicht nur auf Resilienz in der Infrastruktur schauen"‘, so Barbara Rambousek, die Verantwortliche für Gender und Inklusion bei der EBRD, "wir müssen auch das Humankapital im Blick haben". Dafür hat die Bank Kredite bereitgestellt, die über Partnerfinanzinstitutionen an insgesamt 90.000 Unternehmerinnen ausgezahlt wurden.  

EBRD-Präsidentin Odile Renaud-Basso betonte auf der Tagung, die Bedeutung des Trade Facilitation Programm (TFP) für den Aufschwung nach Corona. Das Programm fördert den Außenhandel über Exportgarantien und Vorauszahlungen. 2020 stellte die Bank dafür 3,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Davon profitierten vor allem Griechenland, Usbekistan und die Ukraine. Für die Lieferung medizinischer Verbrauchsmaterialien, Medizintechnik und Arzneimittel während der Corona-Pandemie bewilligte das TFP 60 Millionen Euro.

EBRD verpflichtet sich dem Klimaschutz 

Strategisches Leitthema der Bank ist die Green-Economy-Transformation (GET), für die die Bank 40 Prozent ihres Fördervolumens im Jahr 2021 vorsieht. Möglicherweise wird der Anteil des GET-Geschäfts im Verlauf des Jahrs 2021 moderater ausfallen, da weiterhin Bedarf an Rettungsinstrumenten der Bank besteht. Auch wenn letztere wenig Transformationswirkung im Sinne einer grünen Wirtschaft haben, hält die EBRD an ihrem Ziel fest, bis 2025 einen Anteil grüner Finanzierungen von mehr als 50 Prozent zu erreichen.

Die Klimaschutzziele der EBRD

Die EBRD hat auf ihrer Tagung beschlossen, sämtliche Aktivitäten an den Zielen des Pariser Abkommens auszurichten und setzt damit ein klares Zeichen für die Klimaschutzfinanzierung. Die Angleichung soll bis zum 1. Januar 2023 vollständig realisiert sein. Damit ist die EBRD nach der Europäischen Investitionsbank (EIB) die zweite multilaterale Entwicklungsbank, die Klimafinanzierung strukturiert umsetzt. Projekte werden von nun an auf ihren Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels und die Klimaanpassung geprüft. 

"Die Klimakrise ist die größte aller Herausforderungen", warnte die EBRD-Präsidentin auf der Tagung und stellt damit die Priorisierung der EBRD klar. Ein Ziel ist die Dekarbonisierung der EnergiewirtschaftInvestitionen sind dringend nötig, denn die Partnerländer der EBRD sind mit 87 Prozent noch stärker als der Weltdurchschnitt von fossilen Brennstoffen für die Energieerzeugung abhängig. Für ihre Investitionsentscheidungen berücksichtigt die Bank die nationalen Strategien zur Senkung des CO2-Ausstoßes, wie Russell Bishop, Volkswirt der EBRD, betonte. 

Die Bank wird in erneuerbare Energien investieren und Projekte im Übergang zur Kohlenstoffneutralität fördern. Das bedeutet: Umwandlung der Infrastruktur, Einsatz neuer Technologien sowie Anpassung der Markt- und Aufsichtsstrukturen. Hinzu kommt die Unterstützung politischer Reformen und die Stärkung aller Akteure im Kampf gegen den Klimawandel. Die EBRD wird ihre Partner bei der Formulierung und Umsetzung von kohlenstoffarmen und klimabeständigen Strategien begleiten.

Anteilseigner prüfen Mandatserweiterung

Wie bereits 2012, damals als Reaktion auf den Arabischen Frühling, prüft die EBRD eine weitere geografische Ausweitung ihres Mandats. In Subsahara-Afrika sieht die Bank viel Investitionsbedarf, aber nur wenige bankfähige Projekte. Hier könnte sie ihre Stärke ausspielen: den privatwirtschaftlichen Fokus. Denkbar wären Darlehensvergaben in Lokalwährung oder Investitionen in Infrastruktur und grüne Energiewirtschaft. Im Irak könnte die Bank eine unterstützende Rolle bei der Diversifizierung der Volkswirtschaft spielen, sofern die politischen Umstände und die Sicherheitslage es zulassen. 

Die Anteilseigner gaben grünes Licht für die eingehendere Prüfung einer möglichen begrenzten und schrittweisen Erweiterung der Aktivitäten auf Subsahara-Afrika und den Irak. 

Perspektiven für deutsche Unternehmen 

Deutsche Unternehmen können damit rechnen, dass die Bank Liefer- und Beratungsleistungen für den Eigenbedarf ausschreibt. Geplant sind 441,8 Millionen Euro für die Modernisierung der IT-Systeme der Bank.

Für die Umsetzung ihrer Klimaziele wird die Bank vielfältige Vorhaben finanzieren. Dazu gehören u.a. Bau- und Lieferleistungen für Ökostrom-Systeme, dezentrale Energieträger und intelligente Stromnetze, Beratungsleistungen zur Einrichtung von Kohlenstoffmärkten sowie Maßnahmen zur Förderung von E-Mobilität zur nachhaltigen Stadtentwicklung.   

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