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Wirtschaftsumfeld | Moldau | Präsidentschaftswahl
Die proeuropäische Kandidatin Maia Sandu hat die Präsidentschaftswahl in Moldau gewonnen. Sie verspricht Reformen und weckt Hoffnung auf ein besseres Investitionsklima.
18.11.2020
Von Dominik Vorhölter | Bonn
Die Moldauer haben ihre ehemalige Ministerpräsidentin Maia Sandu zur Präsidentin gewählt. Im zweiten Wahlgang am 15. November gewann die 48-Jährige 57,7 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 52,8 Prozent. Der bisherige Amtsinhaber Igor Dodon verfehlte die Wiederwahl. Er erreichte nur 42,2 Prozent der Stimmen, berichtete die zentrale Wahlkommission. Sandu hatte bereits in der ersten Runde am 1. November vorn gelegen.
Mit Maia Sandu haben die Wähler eine westliche Demokratin, Harvard-Absolventin und Ökonomin, die für die Weltbank gearbeitet hat, zur Präsidentin gewählt und sich damit für einen Kurswechsel entschieden. Sandu versprach im Wahlkampf, Moldau näher an die Europäische Union heran- und das Land aus der Wirtschaftskrise herauszuführen. Die Coronakrise hat die wirtschaftlichen Probleme verschärft und damit den Druck erhöht, sich geopolitisch neu zu positionieren. "Ein Drittel der Moldauer Unternehmer steht vor dem Bankrott, weil die Behörden nicht geholfen haben", sagte Sandu in einem Interview mit Euronews vom 27. Oktober.
Ihr gehe es darum, die Korruption im Staat zu beenden und eine starke Wirtschaftspolitik zu etablieren, die Arbeitsplätze schafft und Gehälter absichert. Dafür benötige Moldau nicht nur gute Beziehungen zu Russland, sondern auch zur Europäischen Union und den USA. "Moldau kann nicht mit finanzieller und technischer Entwicklungshilfe von Russland rechnen", erklärte die neu gewählte Präsidentin während ihres Wahlkampfes.
Der Schwenk hin zu einer mehrheitlich proeuropäischen Politik und der feste Wille, das Rechtssystem zu reformieren, entscheiden darüber, ob Moldau mit substantiellen internationalen Finanzhilfen rechnen kann. Der Internationale Währungsfonds verspricht Moldau ein neues Programm über 558 Millionen US-Dollar. Das sind 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Landes. Der IWF machte es zur Bedingung, Behörden und Institutionen zu stärken. Weitere 30 Millionen Euro an Finanzhilfen kommen von der Europäischen Union, um Reformen im Land zu unterstützen. Das Geld hatte die EU bereits im Juli zugesagt.
Als Präsidentin hat Sandu die Macht, Gesetzesinitiativen anzustoßen, Regierungsmitglieder und den Regierungschef zu ernennen und abzusetzen sowie unter bestimmten Umständen eine Neuwahl des Parlaments auszurufen. Noch haben dort die Sozialisten von Igor Dodon die Mehrheit. Es wird erwartet, dass Sandu diese Befugnisse ausnutzt, um die Regierung neu zu organisieren. Neuwahlen hatte sie bereits im Wahlkampf angekündigt. Zudem bekommt Sandu als Präsidentin Vollmachten in der Außenpolitik. Sie darf internationale Verträge verhandeln und ratifizieren.
Die neue Präsidentin Sandu ist durch ihre ehemalige Tätigkeit als Beraterin der Weltbank und als Oppositionsführerin unter den führenden Politikern in Europa gut vernetzt. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an sie, auf dem internationalen Parkett Geldgeber und Investitionspartner für Moldau zu gewinnen. Schafft sie es, erste Erfolge im Kampf gegen die Korruption zu verbuchen, kann das Land seine Attraktivität als Investitionsstandort und Brücke zwischen der EU und den GUS-Staaten steigern.
Die Hinwendung zur EU weckt die Hoffnung der Geschäftswelt auf mehr Handel - sowohl auf europäischer als auch auf moldauischer Seite. Wenn Moldau zum Beispiel die EU-Zertifizierung anerkennen würde, verringerten sich Importkosten. Unternehmer aus der EU könnten den moldauischen Markt einfacher erschließen.
Ein weiterer Schritt wäre laut den deutschen Regierungsberatern vom German Economic Team Moldau eine Reform des Steuergesetzes für selbstständige Tätigkeiten. Handwerker bekämen bessere legale Möglichkeiten, Dienstleistungen für Unternehmen anzubieten. Derartige Reformen dürften das Geschäftsklima im Land deutlich heben. Moldau belegt Platz 48 im Ease-of-Doing-Business-Report der Weltbank, vor Belarus.
Rund 40 Prozent der 3,5 Millionen Einwohner des kleinen Landes zwischen der Ukraine und Rumänien arbeiten im Ausland als Gastarbeiter. Die von Sandu im Wahlkampf angekündigte Justizreform wäre ein wichtiger Schritt, um langfristig mehr Investitionen anzuziehen und Arbeitsplätze zu schaffen.