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Branchen | Mongolei | Kraftwerksbau

Neuer Anlauf für Bau eines konventionellen Großkraftwerks

Die Mongolei schafft zusätzliche Kapazitäten für Kohlestrom. Als dessen Hauptabnehmer gilt die Mine Oyu Tolgoi. Das Kraftwerk soll innerhalb von dreieinhalb Jahren ans Netz gehen.

Von Jan Triebel | Ulan Bator

In der Mongolei geht die Suche nach einem Generalunternehmer für den Bau des Großkraftwerks Tavantolgoi Thermal Power Plant (TTTPP) im Süden des Landes in eine weitere Runde. Ein Ausschreibungsverfahren für das schlüsselfertige Vorhaben startete am 2. Mai 2022. Zuständig ist die gleichnamige staatliche Projektgesellschaft. Diese hatte bereits im Oktober 2021 einen nahezu identischen Tender gestartet, der jedoch ergebnislos blieb.

Angebote sind bis Anfang Juni 2022 einzureichen

Zu technischen Details des Vorhabens verweisen TTTPP und das mongolische Energieministerium in der gemeinsam veröffentlichten Tender-Bekanntmachung auf das ausführliche Lastenheft, das Interessenten gegen eine Gebühr von 9.000 US-Dollar (US$) beim Projektträger anfordern können. Die Angebotsunterlagen müssen spätestens am 2. Juni 2022 bis 11 Uhr am Sitz von TTTPP in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator vorliegen, wo eine Stunde später das Öffnen der Angebote erfolgt.

Gemäß einer Vorstudie zum Projekt wird das mit Steinkohle arbeitende Kraftwerk eine Nennleistung von 450 Megawatt haben. Dafür kommen drei gleich starke Blöcke mit zirkulierenden Wirbelschichtkesseln zum Einsatz. Vorabschätzungen zufolge belaufen sich die Kosten auf rund 800 Millionen US$.

Kupfererzriese Oyu Tolgoi wichtigster Abnehmer für den Strom

Während die Ausschreibung im Oktober 2021 neben dem Kraftwerk zunächst noch eine 220-Kilovolt-Doppelfernleitung umfasste, fehlt diese zusätzliche Leistung in der Zweitausschreibung. Unabhängig davon gilt die Hochspannungstrasse als wichtiges Ergänzungsstück, da das TTTPP seinen Strom zukünftig nur über sie an seinen Hauptkunden, die Kupfer-Gold-Mine Oyu Tolgoi, sowie an weitere Abnehmer liefern kann. Oyu Tolgoi wird vom kanadischen Unternehmen Turquoise Hill (66 Prozent) und dem mongolischen Staat über die Gesellschaft Erdenes Oyu Tolgoi (34 Prozent) kontrolliert. Betreibergesellschaft ist der anglo-australische Bergbaukonzern Rio Tinto.

Die Projektgesellschaft TTTPP erwartet vom Generalunternehmer, dass er das Kraftwerk innerhalb von 42 Monaten nach Baustart schlüsselfertig fertigstellt und die Stromproduktion startet. Der jährliche Netto-Output aller drei Blöcke zusammen soll unter Volllast voraussichtlich knapp 3,2 Milliarden Kilowattstunden erreichen.

Werk zur Kohleaufbereitung startet im Herbst 2023

Als Standort des Kraftwerks steht bereits der Landkreis (Sum) Tsogttsetsii in der Provinz Süd-Gobi (Aimag Ömnö-Gobi) fest. Von dort aus sind es knapp 20 Kilometer zum Tsankhi-Tagebau, der das Kraftwerk mit der zu verstromenden Steinkohle versorgen wird. Der Tagebau wiederum ist Teil von Tavantolgoi, der mit annähernd 6 Milliarden Tonnen Kohle größten Lagerstätte ihrer Art in der Mongolei. Die Entfernung vom Kraftwerk zum Oyu-Tolgoi-Komplex im benachbarten Sum Khanbogd beträgt etwa 130 Kilometer.

In unmittelbarer Nachbarschaft des neuen Kraftwerks entsteht derzeit zudem ein größeres Werk, das jährlich etwa 30 Millionen Tonnen Steinkohle aufbereiten soll. Der erste Spatenstich dazu im Sum Tsogttsetsii erfolgte im Herbst 2021. Die Fertigstellung der Anlage wird für Herbst 2023 angestrebt.

Neubau soll Stromnachfrage im Süden der Mongolei decken

Neben dem Energiebedarf von Oyu Tolgoi mit bis zu 250 Megawatt soll das neue Kraftwerk auch die Versorgung von großen Teilen des Südens des Landes mit Strom sicherstellen. Als Abnehmer nennenswerter Strommengen gilt zudem das Kohlevorkommen Tavantolgoi. Dessen Leistungsaufnahme liegt gegenwärtig bei etwa 20 Megawatt und dürfte durch die weitere Erschließung bis 2030 auf rund 80 Megawatt zunehmen.

Noch im Frühjahr 2020 gingen Beobachter davon aus, dass Oyu Tolgoi in Eigenregie ein 300 Megawatt starkes Kraftwerk errichten würde, um hauptsächlich den eigenen Strombedarf langfristig zu decken. Nur wenige Wochen später war diese Option jedoch schon wieder vom Tisch: Das mongolische Parlament beschloss im April 2020 den Bau eines staatlich finanzierten Kraftwerks im Süden des Landes.

Oyu Tolgoi wird somit bis zur vollständigen Inbetriebnahme des neuen Kraftwerks seinen Strom weiterhin aus China beziehen. Laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua verkaufte die Inner Mongolia Power International Cooperation Company (IMPIC) aus der benachbarten chinesischen Provinz Innere Mongolei zuletzt mehr als 1 Milliarde Kilowattstunden pro Jahr für jeweils hohe dreistellige Dollarmillionenbeträge an den mongolischen Bergbauriesen. Zwischen Oyu Tolgoi und IMPIC sowie dem staatlichen Betreiber des mongolischen Übertragungsnetzes als dritten Partner ist der Rückgriff auf chinesischen Strom zunächst bis mindestens 2026, unter Umständen sogar bis 2030, vertraglich vereinbart.

Hochfahren des Untertagebaus sorgt für höheren Strombedarf

Zwar verfügt der Minenkomplex über ein eigenes Kraftwerk, das auf mittlerweile 130 Megawatt Leistung ausgebaut wurde. Es ist jedoch als reines Heizkraftwerk ausgelegt, das sämtliche Einrichtungen des Minenkomplexes mit Fern- und Prozesswärme versorgt. Für die Stromversorgung im Notfall stehen lediglich zwei Dieselgeneratoren mit einer Leistung von jeweils 20 Megawatt bereit.

Der Strombedarf von Oyu Tolgoi dürfte in den nächsten Jahren deutlich ansteigen. Dahinter steht in erster Linie die Erzförderung unter Tage, die im 1. Quartal 2022 mit zunächst überschaubaren Mengen begann und sukzessive hochgefahren werden soll. Gegenwärtig beträgt die Leistungsaufnahme aller Tätigkeiten für Strom bei Oyu Tolgoi etwa 190 Megawatt.

Die Autoren des aktuellen Technikberichtes für die Aktivitäten von Oyu Tolgoi gehen davon aus, dass ab 2027 der vorläufige Spitzenbedarf mit etwa 230 Megawatt erreicht wird. Für zusätzliche Nachfrage nach Elektrizität wird dabei vor allem die besonders stromintensive Erzaufbereitungsanlage sorgen. Sie wird mit dem Hochfahren der Aktivitäten unter Tage deutlich mehr zu tun bekommen, um so ihre auf mehr als 100.000 Tonnen pro Tag ausgelegte Kapazität nahezu auszureizen.

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