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Wirtschaftsumfeld | Namibia | Land im Überblick
Namibia pflegt besonders enge Beziehungen zu Deutschland. Ungleiche Wohlstandsverteilung und Klimawandel sind die zentralen Herausforderungen.
31.08.2020
Von Judith Geller | Eschborn
Die Republik Namibia ist eines der jüngsten Länder Afrikas. Zwischen 1885 und 1915 stand das ehemalige „Südwestafrika“ unter deutscher Kolonialherrschaft, nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Verwaltung an das Nachbarland Südafrika übertragen. Seine Unabhängigkeit erlangte Namibia erst am 21. März 1990. Seitdem ist das Land eine Präsidialdemokratie mit Mehrparteiensystem, freien Wahlen, garantierten Grundrechten, unabhängiger Justiz und Pressefreiheit.
Namibia ist das am zweitdünnsten besiedelte Land der Erde. Von der Fläche her ist es fast zweieinhalb Mal so groß wie Deutschland, auf den insgesamt 824.292 Quadratkilometern leben allerdings nur etwa 2,5 Millionen Menschen (2019). Nur die Mongolei ist noch dünner besiedelt. Mit 1,9 Prozent Bevölkerungswachstum steigt die Einwohnerzahl auch weiterhin vergleichsweise langsam. Die Hälfte der Namibierinnen und Namibier zählt zur Landbevölkerung, in der Hauptstadt Windhoek leben etwa 350.000 Menschen. Insgesamt ist ein Urbanisierungstrend beobachtbar.
Namensgeber ist die Wüste Namib, die sich mit ihren bis zu 350 Meter hohen Dünen über 1.500 Kilometer an der Atlantikküste erstreckt. Seit 2013 ist sie Teil des UNESCO Welt-Naturerbes. Der zentrale Landesteil um die Hauptstadt besteht aus Hochflächen, nach Osten hin mündet Namibia in das Kalahari-Becken. Trotz gelegentlicher Überflutungen im Norden gilt Namibia mit seinen großen Wüstenflächen als das trockenste Land in Subsahara-Afrika. Die letzten Jahre waren von langen, starken Dürreperioden geprägt. Im zentralen Norden liegt die Etosha-Pfanne, Kern des gleichnamigen Nationalparks. Mit seinem einzigartigen Artenreichtum ist er eines der beliebtesten Reiseziele des Kontinents.
Das demokratische System Namibias gilt als äußerst stabil. Aus allen bisherigen Wahlen ging die Regierungspartei SWAPO (ehemals South-West Africa People’s Organisation) als Siegerin hervor – wenn auch die Mehrheitsverhältnisse rückläufig sind. Aufgrund der politischen Dominanz der SWAPO konnte sich noch keine starke Opposition herausbilden. Die außerparlamentarische Kontrolle der Regierung wird über eine aktive Zivilgesellschaft und kritische Medien mit gewährleistet.
Die Presse- und Meinungsfreiheit sind sehr gut ausgeprägt. So belegt Namibia im Index zur Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen aktuell Rang 23 (von insgesamt 180) und ist damit Vorreiter auf dem afrikanischen Kontinent. In der Verfassung sind zudem ein umfassender Katalog von Grund- und Menschenrechten sowie der Naturschutz verankert. Auch in Sachen Geschlechtergerechtigkeit ist Namibia auf einem guten Weg. Gemäß Verfassung ist die Regierung zu einer aktiven Gleichstellungspolitik verpflichtet. So sind Frauen in Regierung, Staatsbetrieben und Privatwirtschaft bereits zahlreich vertreten, auch in Führungspositionen.
Nachdem Namibia während der Verwaltung durch Südafrika auch unter dessen Apartheidgesetzen stand, versteht es sich heute als Nation unterschiedlicher Ethnien und Hautfarbe. Namibia ist zwar ein säkularer Staat, Religion spielt jedoch eine wichtige Rolle im Leben der Bevölkerung, findet aber vornehmlich im Privaten statt. Mit circa 87 Prozent bekennt sich die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung zum Christentum, gefolgt von Naturreligionen und einigen wenigen Musliminnen und Muslimen.
Amtssprache ist Englisch, im öffentlichen Leben spielen aber auch Afrikaans und Deutsch weiterhin eine wichtige Rolle. Die deutschsprachige Gemeinschaft ist institutionell gut vernetzt und trägt einen großen Teil zur Wirtschaftsleistung des Landes bei. Im Tourismussektor und Handwerk beispielsweise ist Deutsch häufig sogar Geschäftssprache. Regionale Zusammenarbeit und Integration spielen in Namibia eine große Rolle.
Gemäß Weltbank-Klassifizierung gehört Namibia zu den Ländern mit oberem mittlerem Einkommen – das jedoch sehr ungleich verteilt ist. Während die vorwiegend weiße Elite einen annähernd europäischen Lebensstandard pflegt, lebt etwa die Hälfte der überwiegend Schwarzen Bevölkerung unterhalb der Armutsschwelle. So belegt das Land trotz guter Wirtschaftsindikatoren im Human Development Index der Vereinten Nationen 2019 auch nur Rang 130 von 189.
Zu den zentralen Herausforderungen zählen die hohe Arbeitslosigkeit – insbesondere junger Menschen – und die hieraus resultierende extrem ungleiche Verteilung von Einkommen, Vermögen und Landbesitz sowie die Armut, vor allem in ländlichen Gebieten und informellen Siedlungen. Zudem ist die Qualität des Bildungsangebots unzureichend, auf dem namibischen Arbeitsmarkt fehlen gut ausgebildete Fachkräfte. Weiterhin gehört Namibia zu den Ländern, die am schwersten von HIV und Aids betroffen sind.
Die engen Beziehungen zwischen Namibia und Deutschland finden auch in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit Ausdruck. Vorrangiges Ziel der Kooperation ist die nationale Politik der Aussöhnung zu unterstützen und die Ungleichheiten zu beseitigen, die Namibias Gesellschaft als Folge von Kolonialismus und Apartheid bis heute prägen. Inhaltliche Schwerpunkte liegen dabei vor allem in den Bereichen Management natürlicher Ressourcen, Transport und Logistik sowie nachhaltige Wirtschaftsentwicklung. Weitere wichtige Querschnittsthemen der deutsch-namibischen Zusammenarbeit sind Anpassung an den Klimawandel und HIV-Prävention. Künftig soll auch das Thema nachhaltige und inklusive Stadtentwicklung eine stärkere Rolle spielen sowie das Engagement im Bereich Berufliche Bildung verstärkt werden.
Allgemeine und aktuelle Reise- und Sicherheitsinformationen erteilt das Auswärtige Amt.
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Die Autorin ist im Business Scouts for Development Programm tätig, das die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) umsetzt.