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Insolvenzrecht

Ein deutscher Dienstleistungsempfänger kann unter Umständen in die unangenehme Situation gelangen, dass sein Geschäftspartner aus Österreich in die Insolvenz gerät. Dies kann beispielsweise für noch bestehende Rückzahlungsansprüche oder offene Ansprüche auf Nachbesserung, Gewährleistung, gegebenenfalls auch für noch ausstehende Wartungsarbeiten von Bedeutung sein. Vor diesem Hintergrund ist ein Überblick über das österreichische Insolvenzverfahren wichtig.

Solvenzprüfung im Vorfeld

Um bereits im Vorfeld zu verhindern, mit einem insolventen Dienstleister einen Vertrag abzuschließen, empfiehlt es sich unter anderem vorab zu überprüfen, ob der zukünftige Vertragspartner nicht bereits in den einschlägigen Registern geführt wird.

In Österreich werden zahlungsunfähige Unternehmen, über die ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, in die Insolvenzdatei aufgenommen, die als Teil der so genannten Ediktsdatei auf den Internetseiten des österreichischen Bundesministeriums für Justiz geführt wird. Eine Recherche nach Namen oder Orten mittels einer Freitextsuche ist ebenso möglich wie eine genauere Recherche nach Aktenzeichen oder Firmenbuchnummer.

Auch an das österreichische Firmenbuch melden die österreichischen Insolvenzgerichte folgende Angaben über die Insolvenz eines österreichischen Unternehmens, dessen Firma im Firmenbuch eingetragen ist:

  • Eröffnung eines Konkurs- oder Sanierungsverfahrens sowie viele Arten der Aufhebung eines Insolvenzverfahrens,
  • Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens,
  • Zurückweisung eines Eröffnungsantrages,
  • Art der Überwachung der Erfüllung des Sanierungsplans,
  • einstweilige Maßnahmen des Insolvenzgerichts zur Sicherung der Masse,
  • Namen von Sanierungs- oder Masseverwaltern, besonderen Verwaltern und Treuhändern.

Nähere Erläuterungen zum österreichischen Firmenbuch und zu dessen Online-Abrufmöglichkeiten auch für deutsche Unternehmen bietet der Abschnitt Registrierung des gesellschaftsrechtlichen Kapitels in diesem "Portal 21"-Österreich-Länderbeitrag.

Gesetzlicher Rahmen des Insolvenzrechts

Die Grundlage des österreichischen Insolvenzrechts stellt die österreichische Insolvenzordnung dar. Im Rahmen dieser ist zwischen vier Verfahrensarten zu unterscheiden:

  • dem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung (§§ 166 ff. Insolvenzordnung);
  • dem Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung (§§169 ff. Insolvenzordnung);
  • dem Konkursverfahren (§§ 180-180a Insolvenzordnung);
  • dem Schuldenregulierungsverfahren (§§ 181 ff. Insolvenzordnung).

Nachstehend werden die allgemeinen Voraussetzungen für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens vorgestellt.

Den Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens können sowohl der Schuldner selbst als auch ein Gläubiger stellen (§§ 69, 70 Insolvenzordnung).

Der Gläubiger muss hierzu insbesondere seine Insolvenzforderung und die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners glaubhaft machen. Unter einer Insolvenzforderung versteht man grundsätzlich einen vermögensrechtlichen Anspruch, den der Gläubiger zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner hat (§ 51 Insolvenzordnung). Eine Zahlungsunfähigkeit ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstellt. Ist der Schuldner eine juristische Person (etwa eine österreichische GmbH) oder eine eingetragene Personengesellschaft, bei der keine natürliche Person persönlich haftet (wie eine österreichische GmbH & Co. KG), ist regelmäßig auch die Überschuldung der Gesellschaft ausreichend (§§ 66, 67 Insolvenzordnung).

Ein Insolvenzverfahren wird nicht eingeleitet, wenn der Schuldner kein die Anlaufkosten des Insolvenzverfahrens deckendes Vermögen hat und der Antragsteller auch nicht den nötigen Betrag auf Anordnung des Gerichts hinterlegt. Bei juristischen Personen reicht es für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens jedoch unter anderem aus, dass die organschaftlichen Vertreter (wie ein GmbH-Geschäftsführer) ein zur Deckung der Kosten ausreichendes Vermögen haben. Diese haben nämlich eine Vorschussverpflichtung bezüglich des Gerichtskostenvorschusses für das Insolvenzverfahren, maximal aber in Höhe von 4.000 Euro. Zieht ein Gläubiger einen einmal gestellten Insolvenzantrag zurück, kann er in den nächsten sechs Monaten diesen nicht noch einmal wegen derselben Forderung stellen (§§ 70 ff. Insolvenzordnung).

Zuständig für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Gerichtshof erster Instanz / Landesgericht (Insolvenzgericht) an dem Ort, in dessen Zuständigkeitsbezirk der Schuldner sein Unternehmen betreibt, in Wien jedoch das Handelsgericht für den Bereich des dortigen Landesgerichts für Zivilrechtssachen (§§ 63, 64 Insolvenzordnung).

Wenn der Schuldner einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Sanierungsplan vorlegt, wird das Insolvenzverfahren als Sanierungsverfahren fortgeführt. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich hingegen auf das ohne Sanierungsplan ablaufende, österreichische Insolvenzverfahren (sogenanntes Konkursverfahren, § 180 Insolvenzordnung).

Anmeldung von Forderungen

Die Bekanntmachung des Insolvenzverfahrens ist in § 74 der Insolvenzordnung geregelt. Sie erfolgt durch "Edikt", das öffentlich bekannt gemacht wird. Außerdem wird die Bekanntmachung allen Insolvenzgläubigern zugestellt, deren Anschrift bekannt ist (§ 75). Die erste Gläubigerversammlung ist in der Regel spätestens 14 Tage nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anzuberaumen, die Prüfung der Ansprüche circa 60 bis 90 Tage nach der Eröffnung. Die Frist für die Anmeldung der Forderungen findet in der Regel 14 Tage vor diesem Prüftermin („Prüfungstagsatzung“) statt.   

Das Edikt hat unter anderem Ort, Zeit und Zweck der ersten Gläubigerversammlung und die Aufforderung an die Insolvenzgläubiger, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist anzumelden, zu enthalten. Auch muss klar aus ihm hervorgehen, ob ein Sanierungs- oder Konkursverfahren durchlaufen wird.

Die Gläubiger müssen in ihrer Forderungsanmeldung grundsätzlich den Forderungsbetrag, die anspruchsbegründenden Tatsachen und Beweismittel hierfür, die beanspruchte Rangordnung sowie bei bereits bestehenden Prozessen das Gericht und das Aktenzeichen angeben (§ 103 Insolvenzordnung). Für die Anmeldung soll das auf der Website der Justiz kundgemachte Formblatt verwendet werden.

Das Insolvenzgericht bestellt außerdem einen unabhängigen Insolvenzverwalter, der sich unter anderem ein Bild von der wirtschaftlichen Lage (einschließlich des Standes der Insolvenzmasse), bestehenden Schulden (insbesondere durch Prüfung angemeldeter Ansprüche) und den Ursachen des Vermögensverfalls machen muss. Zudem ist er für die Führung von Rechtsstreitigkeiten zuständig, die die Insolvenzmasse betreffen. Ihm ordnet das Insolvenzgericht zu seiner Überwachung und Unterstützung unter Umständen einen Gläubigerausschuss bei (§§ 80 ff. Insolvenzordnung).

Maximal 90 Tage nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss eine "Berichtstagsatzung" genannte Gläubigerversammlung stattfinden, die über das weitere Vorgehen (Fortführung oder Schließung des Unternehmens, Sanierungsplan) entscheidet (§ 91a Insolvenzordnung).

Die oben bereits angesprochene "Prüfungstagsatzung" (Prüfungsverhandlung) dient dagegen der Prüfung der Richtigkeit und der Rangordnung der angemeldeten Forderungen.

Werden Forderungen erst nach Ablauf der Anmeldungsfrist angemeldet und in der allgemeinen Prüfungstagsatzung nicht verhandelt, muss eine besondere Prüfungstagsatzung anberaumt werden.

Allerdings werden Forderungen nicht mehr beachtet, wenn sie später als 14 Tage vor der "Tagsatzung zur Prüfung der Schlußrechnung" angemeldet werden. Gläubiger, deren Forderungen erst Gegenstand einer besonderen Prüfungstagsatzung sind, können gegen zuvor geprüfte Forderungen überdies nicht mehr vorgehen.

Weiterführende Informationen

Kann das Insolvenzverfahren nicht sofort eröffnet werden, darf das Insolvenzgericht trotzdem einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Insolvenzmasse ergreifen.

Bei der Verteilung der Insolvenzmasse ist zu beachten, dass sogenannte Absonderungsgläubiger, die beispielsweise Pfand- oder Zurückbehaltungsrechte an Sachen innehaben, und Aussonderungsgläubiger (etwa Begünstigte eines Eigentumsvorbehaltes) die Ab- beziehungsweise Aussonderung ihrer Sachen aus der Masse verlangen können. Danach werden vorrangig die Massegläubiger befriedigt. Masseforderungen sind beispielsweise die Kosten des Insolvenzverfahrens, mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbundene Auslagen oder Forderungen von Arbeitnehmern auf laufendes Entgelt für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung (§ 46 Insolvenzordnung).

Die Verteilung der übrigen Insolvenzmasse nach den §§ 128 ff. Insolvenzordnung nimmt der Masseverwalter nach Anhörung des Gläubigerausschusses und mit Zustimmung des Insolvenzgerichts vor.

In einfachen Fällen kann dabei das Insolvenzgericht die vorgeschlagene Verteilung genehmigen, auch ohne die einzelnen Gläubiger zu verständigen, wenn der Gläubigerausschuss mit der Verteilung einverstanden war.

Ist die Verteilung aber schwierig oder hat das Gericht gegen diese Bedenken, muss der Insolvenzverwalter einen vom Gläubigerausschuss genehmigten Verteilungsentwurf vorlegen. Dieser muss sämtliche Forderungen nebst Rangordnung, das verfügbare Vermögen und die auf jede einzelne Forderung entfallenden Beträge enthalten. Diesen Entwurf muss das Insolvenzgericht anschließend prüfen, gegebenenfalls berichtigen lassen und anschließend die Verteilungsquote öffentlich bekannt machen. Die Gläubiger werden dann vom Gericht in Kenntnis gesetzt, dass sie innerhalb von 14 Tagen Einwendungen vorbringen können. Werden keine Einwendungen vorgebracht, genehmigt das Gericht schließlich den Verteilungsentwurf. Ansonsten entscheidet das Gericht nach erneuten Ermittlungen über die Einwendungen unter Ausschluss des Rechtsweges.

Germany Trade & Invest (Stand: April 2024)

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